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Die Stunde des Adlers (Thriller)

Die Stunde des Adlers (Thriller)

Titel: Die Stunde des Adlers (Thriller)
Autoren: Markus A. Will
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wichtig. Ein alter englischer Schreibtisch mit einem modernen Apple darauf – das war auch von Hartensteins persönlicher Stil.
    Das Fon, wie man jetzt auch sagte, war jedenfalls nicht sein Stil – weder das Design noch der unsägliche Ton noch die Abkürzung, auch wenn er ein großer Fan des iPhone war. Als er sich den Hörer schnappte, leuchtete »Präsident« im Display.
    »Herr von Hartenstein, wo sind Sie?«, rief eine hörbar missmutige Eva Sandmann, Dohms erste Sekretärin. »Der Präsident sucht Sie dringend.« Wahrscheinlich war sie so sauer, weil sie Dohms Ärger abbekommen hatte. »Kommen Sie sofort herauf.«
    Selbst ein »Guten Morgen« und »Bitte« ließ sie weg, was eigentlich gar nicht ihre Art war, aber von Hartenstein hätte heute Morgen mit seiner Laune auch nicht anders reagiert. Er machte auf dem Absatz kehrt, steckte aber wenigstens noch sein iPhone in die Ladestation, damit sein Spielzeug nach dem Treffen wieder Saft haben würde. Dann lief er zu Fuß die eine Etage nach oben und war sehr überrascht, seinen Präsidenten bereits in der Türe zum Präsidentenflügel des hässlichen Siebzigerjahrebaus stehen zu sehen. Nichts gegen die Paläste der Notenbanken in Rom, Madrid oder Paris, die waren als Gebäude zwar prächtig und imposant, aber hier im, wenn man es höflich ausdrücken wollte, praktischen Verwaltungsgebäude, hatte man früher wenigstens eine harte Währung geschaffen.
    »Gott, bin ich froh, dass du endlich da bist, Hanns.« Wenn er es eilig hatte, nannte Dohm von Hartenstein nur Hanns. Der gab ihm die Hand, murmelte im Hineingehen ein »Flugzeug hatte Verspätung« und warf Eva Sandmann ein entschuldigendes Lächeln zu. Dohm trippelte mit kleinen schnellen Schritten hinterher. Seit er wusste, dass Triple H auf dem Weg zu ihm war, war er wieder die Ruhe selbst. Ohne ihrer beider Wissen nannte man die beiden alten Freunde Pat und Patachon – von Hartenstein war sicher mehr als einen Kopf größer und drei Gürtellöcher schlanker als Dohm.
    Pat machte Sport, Patachon genoss das Leben, aber im Kern war der Bonvivant unter den Geldpolitikern ein harter Knochen. Von Hartenstein hatte die Nervosität gespürt, als er den langen Gang auf das Präsidentenbüro zugekommen war, Dohm hatte hin- und herwippen sehen und sich selbst zu besserer Laune ermahnt hatte. Fast 30 Jahren kannten sich die beiden, seit sie gemeinsam als junge Bundesbankreferendare ihren Dienst begonnen hatten.
    Hier der Salem-Absolvent von Hartenstein mit internationaler Ausbildung, dort der durch Stipendien geförderte intelligente Dohm. Zwei sehr unterschiedliche Männer, die wohl später nie so eng zusammengearbeitet hätten, wären sie nicht jung Freunde geworden und hätten früh mit den Launen des anderen umzugehen gelernt. In Hachenburg, der Ausbildungsstätte der Deutschen Bundesbank, hatten die beiden ein Zimmer geteilt.
    Damals war Karl Otto Pöhl noch Bundesbankpräsident und die D-Mark das Geld der Deutschen. Beide waren blitzgescheit, Dohm allerdings deutlich fauler als von Hartenstein. Beide machten Karriere in der Bundesbank, nicht zuletzt, weil sie nacheinander, zuerst Dohm und dann von Hartenstein, Büroleiter von Pöhl waren. Beide verehrten den großen Mann.
    Seit seiner Zeit bei »KOP«, wie Pöhl intern genannt wurde, hieß Hanns-Hermann von Hartenstein nur Triple H, doch Präsident der Deutschen Bundesbank war nicht er, sondern »CVD« geworden, Claus Victor Dohm, der alles andere war als ein Chef vom Dienst, ein organisierender Bürokrat im Hintergrund. Das war eher Triple H, den Dohm nachgezogen hatte, auch wenn es nicht mehr zum Bundesbankvorstand reichen würde. Das war eine politische Besetzung, und von Hartenstein war eher Diplomat, kein Politiker wie Dohm.
    Innerlich tröstete sich Triple H darüber damit, dass es ja nicht mehr die gute alte mächtige Bundesbank mit eigener Währung war, sondern eine Notenbank unter vielen im Bunde der Europäischen Zentralbank. Er unterstützte die europäische Idee und den Euro von ganzem Herzen, aber Dohm war nun nur noch einer unter vielen, wenn auch gleicher als die anderen Notenbankpräsidenten. Immerhin hatte Dohm ihn zum Zentralbereichsleiter für internationale Währungspolitik gemacht, auch wenn er sehr gerne als Währungsdiplomat im Ausland geblieben wäre.
    Im Range eines Attachés hatte die Deutsche Bundesbank in allen wichtigen Hauptstädten eigene Beamte in den deutschen Botschaften sitzen, die das Währungs- und Kapitalmarktgeschehen
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