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Die Stunde der Zaem

Die Stunde der Zaem

Titel: Die Stunde der Zaem
Autoren: Hubert Haensel
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zu ergreifen, wußte ich, was zu tun war. Ich lehrte dich unsere Sprache und«, Zahda verfiel in andere, fremd klingende Worte, »beherrschte seither Gorgan, das auch deiner Zunge noch gegeben ist. Da du alles verloren hattest, was dir bislang bedeutungsvoll erschien, wickelte ich dich in Tücher, legte dich in das Totenboot eines verstorbenen Helden und schickte dich auf die kurze Reise nach Tau-Tau, wo Aberglaube und Hoffnung dir für etliche Tage eine neue Heimat gewähren sollten.«
    »Du sprichst wie eine aus Dandamar oder Tainnia«, sagte Mythor, sich unbewußt ebenfalls des Gorgan bedienend.
    »Das sind Länder im Norden«, erwiderte Zahda, mehr Feststellung denn Frage. »Ist es schön, dort zu leben?«
    »Es kann überall schön sein, wo man sich in der Heimat wähnt. Es gibt weite Wälder, durch die man tagelang reitet, ohne Menschen zu begegnen; Flüsse und fischreiche Seen sind ein Geschenk der Götter, das man nicht hoch genug achten kann.«
    »Vielleicht werde ich das alles eines Tages sehen, Mythor.« Zahdas Antlitz spiegelte deutlich ihre Sehnsucht wider. Im Grunde ihres Herzens mochte sie eine Schwärmerin sein, die den Schönheiten des Lebens nachhing.
    »Sandtest du mir den Dämonenfisch, in dessen Leib die Tau Alton fanden?«
    Die Zaubermutter schüttelte den Kopf.
    »Das war einer jener seltenen Zufälle, die mitunter das Schicksal einzelner auf bedeutende Weise verändern.«
    »Weil das Schwert mir die Erinnerung an mein früheres Leben wiedergab?«
    »Ja, denn ich hatte die Hexe Vina und ihren Beuteldrachen ausgesandt, dich zu beschützen. Außerdem befahl ich Vina, dich mit Ambe zusammenzubringen und den Besuch des Hexensterns vorzubereiten, wo du nach meinem Willen Fronja treffen solltest.
    Leider kamen die beiden zu spät, du weiltest nicht mehr auf Tau-Tau. Zaem bekam auf irgendwelche Weise Wind von der Sache und versuchte natürlich mit allen Mitteln, meine Pläne zu vereiteln. Da sie dies anfangs noch im verborgenen tat, fiel es ihr schwer, deiner habhaft zu werden.«
    »Die blutigen Zähne; Korum; Gondaha, die Schwimmende Stadt; Gavanque und Ptaath«, nannte Mythor weitere Orte seiner Irrfahrt durch Vanga. »Weshalb hast du nie versucht, mich schneller zum Nabel der Welt zu bringen? Du wußtest, daß die Gefahr für Fronja mit jedem Tag, der verstrich, größer wurde.«
    »Ich konnte nichts mehr tun. Die Sache war so weit gediehen, daß es eines Beschlusses des versammelten Hexenrats bedurft hätte. Allerdings wurde die Tochter des Kometen samt dem sie bedrängenden Deddeth an einen sicheren Ort versetzt, von dem aus das Böse nicht nach Vanga greifen kann.«
    »Dann weilt sie nicht mehr auf dem Hexenstern?« fragte Mythor verblüfft.
    »Fronja wird die Lichtinsel erst verlassen, wenn eine Entscheidung gefallen ist. Alles kam anders, als ich es erhoffte.«
    »Noch ist es also nicht zu spät, etwas zu unternehmen.«
    »Dein Mut ehrt dich, Mythor, aber inzwischen zweifle auch ich daran, daß du die Erste Frau wirklich retten könntest - das würde nämlich ein großes Opfer von dir verlangen.
    Ich glaube, es ist besser, du bleibst uns als Sohn des Kometen erhalten, bevor ihr beide einen sinnlosen Tod sterbt.«
    »Ich bin bereit, jedes von mir verlangte Opfer zu erbringen«, erklärte Mythor spontan. »Sage mir nur, was ich zu tun habe. Ich werde für meinen Traum kämpfen, und sollte ich gezwungen sein, bis tief in die Schattenzone vorzudringen.« Noch ahnte er nicht, welch erschreckende Wirklichkeit in diesem Ausspruch verborgen lag.
    Zahda legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Das Ungestüm der Jugend bricht in dir auf«, tadelte sie. »Mit solchen Dingen scherzt man nicht.«
    »Es war mir ernst«, bekräftigte Mythor. Die Zaubermutter sah ihn erstaunt und ungläubig zugleich an.
    »Trotz allem bedarf es der Zustimmung des Hexenrats«, sagte sie. »Du wirst dich gedulden müssen.«
    Der Sohn des Kometen schüttelte den Kopf.
    »Zaem wird versuchen, mir Steine in den Weg zu werfen«, meinte er. »Sie hat ihre Ansichten schon zu offen kundgetan, als daß sie jetzt noch zurück könnte. Außerdem weiß sie, wie sie mich jederzeit hindern kann - und ich kenne nichts, um dem zu entgehen.«
    »Du meinst das Bruchstück des Himmelssteins, das sie neuerdings an einer Kette um den Hals trägt. Zaem hat das Leben vieler tapferer Kriegerinnen aufs Spiel gesetzt, um in seinen Besitz zu gelangen.«
    »Woher wußte sie von der lähmenden Wirkung, die dieser Stein auf mich hat? Immerhin muß ihr
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