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Die Stunde der Zaem

Die Stunde der Zaem

Titel: Die Stunde der Zaem
Autoren: Hubert Haensel
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sich vom Boden löste und langsam auf sie zu schwebte.
    Im unteren Bereich besaß das Gefäß eine Art »Delle«, eine Einbuchtung, durch die es den Zaubermüttern möglich war, Einblick zu nehmen. Wenn auch keine Einzelheiten zu erkennen waren, so konnte man sich doch jederzeit einen ungefähren Überblick verschaffen, was im Innern der Flasche geschah.
    »Ich weiß, daß Mythor zu seinem Wort steht«, sagte Zaem siegessicher. »Deshalb seht hinein. Überzeugt euch davon, was ihn erwartet. Ich selbst habe es bereits getan.«
    Zahda wurde bleich, als sie die Hermexe umfaßte und sah, was sich darinnen abspielte. Auch die anderen Zaubermütter, die mit ihr waren, erschauerten.
    In dem magischen Gefäß wimmelte es nur so von Dämonen.
    Niemand hatte das erwartet, denn als Fronja in die Flasche gesperrt worden war, waren es außer dem Deddeth nur wenige Gesandte des Bösen gewesen, die sie bedrängten.
    »Das«, brach Zoud das entstandene Schweigen, »ist die Große Plage, die unsere Erste Frau prophezeite. Yacubus, die Entersegler und alle anderen Bedrohungen sollten uns nur ablenken. Einzig und allein auf Fronja hatten die Dämonen es abgesehen. Zahda hat soeben den Beweis dafür erbracht.«
    Mythor schien vergessen. Kaum eine der Zaubermütter beachtete ihn noch.
    Er spürte ihre Erregung, fühlte, daß die Luft förmlich knisterte. Wenn all das stimmte, was er soeben vernahm, war Fronja dann überhaupt noch am Leben? Durfte er noch hoffen?
    Eine Geste Zaems heischte um Aufmerksamkeit.
    »Als es dem Dhuannin-Deddeth gelang, von Fronja Besitz zu ergreifen, da sahen die Dunkelmächte ihre Stunde gekommen, Vanga vom Hexenstern aus zu erobern. Das sind Schlüsse, die jede ziehen kann. Wenn es eines besonderen Hinweises bedarf, dann darauf, daß Gorgan der Ausgangspunkt war.«
    »Zufall«, warf Zahda sofort ein. »Genausogut hätten die Dämonen aus der Schattenzone heraus angreifen können.«
    »Vielleicht…« Zaem ließ alles offen. »Sie mußten nur warten, bis der Deddeth genug Macht über die Tochter des Kometen besaß. Bevor es jedoch dazu kommen konnte, schickten wir Fronja auf den Weg ohne Wiederkehr, der sie in die Einsamkeit der Hermexe führte. Ihr alle, auch jene, die Zahdas Standpunkt vertreten, werdet einsehen, daß dies ein Segen für Vanga war. Fronjas Tod hätte uns darüber hinaus von allen jetzigen Befürchtungen und Ängsten befreit, denn dann gäbe es innerhalb der Großen Barriere keine Dämonen, die den Deddeth als Bezugspunkt nehmen und sich in großer Schar auf die Erste Frau stürzen konnten. Verflucht jene, die damals daran denken sollte, die Siegel der Hermexe aufzubrechen.«
    Zahda und ihre Verbündeten waren tief erschüttert. Und als Zaem endlich triumphierend erklärte, daß Fronja nicht mehr zu retten sei, mußten sie ihr zustimmen.
    Nur Mythor wollte es nicht wahrhaben. Er allein sträubte sich noch gegen das, was der Götter einhelliger Wille zu sein schien.
    »Du hast die Macht dazu«, beschwor er Zahda. »Nutze sie, um Fronja zu retten. Du darfst die Tochter des Kometen nicht aufgeben. Keine von euch darf es. Wollt ihr denn, daß wirklich die Finsternis über euer Reich hereinbricht?«
    Unsagbar müde wirkte Zahda, und aus ihren Augen sprach Resignation.
    »Keine Macht der Welt kann Fronja mehr helfen«, sagte sie leise. »Sobald die Hermexe geöffnet wird, um sie herauszuholen, werden sämtliche Dämonen entfleuchen und Vanga in ihre Gewalt bringen.«
    »Was geht in euren Herzen vor?« brauste Mythor auf. »Fürwahr, ich bin froh, ein Mann zu sein und kein verschlagenes Weib. Selbst die jüngste unter den Amazonen besitzt Ideale, denen sie treu bleibt, ihr aber opfert die euren allein um des Herrschens willen.«
    Jeden Augenblick erwartete er, für diese frevelhafte Rede bestraft zu werden. Doch der alles zerschmetternde Blitz blieb aus.
    »Du verkennst uns, Mythor«, sagte Zeboa.
    »Ach!« Er riß Alton aus der Scheide und hielt das Gläserne Schwert hoch. »Was ist? Zumindest Zaem sollte den Kampf lieben. Aber sie weigert sich. - Das ist sogar verständlich. Denn wenn es keine Erste Frau mehr gibt, die mit ihren Träumen die Welt steuert und im Gleichgewicht hält, wird sie die Macht übernehmen. Die Vorbereitungen dafür hat sie schon seit langem getroffen.«
    »Du irrst dich, Mythor«, gab Zahda zu verstehen. »Zaem wird nicht mehr Einfluß besitzen, als jeder von uns ebenfalls zufallen wird.«
    Mythor schüttelte den Kopf.
    »Auch wenn du es sagst, kann ich es nicht
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