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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit
Autoren: Raymond E. Feist
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Letzt schlief auch noch sein Fuß ein. Verzweifelt kämpfte sich Buntokapi auf die Beine und bemerkte, daß das Sonnenlicht mittlerweile die gesamte Länge des Gartens entlanggewandert war. Der Nachmittag war beinahe vorüber.
    Unermüdlich händigte Jican ihm ein weiteres Dokument aus. Buntokapi kniff seine tränenden Augen zusammen. »Was ist das?«
    »Was dort steht, Lord.« Jican tippte vorsichtig mit dem Finger auf die Überschrift.
    »Schätzungen über Needra-Kot?« Buntokapi warf das Papier wütend in die Luft. »Bei allen Göttern im Himmel, was für ein Unsinn ist das?«
    Jican schien der Zorn seines Lords nicht zu berühren. »Kein Unsinn, Herr. In jeder Saison müssen wir das Gewicht des Dungs schätzen, um entscheiden zu können, ob wir Düngemittel für die Thyza-Felder einsparen können oder kaufen müssen oder ob wir einen Überschuß verkaufen sollten.«
    Buntokapi kratzte sich am Kopf. Genau in diesem Augenblick öffnete sich der Laden zum Schlafzimmer. Teani stand in der Tür, nur unzureichend in einen Umhang gehüllt, auf den scharlachrote Passionsvögel genäht waren. Die Brustwarzen zeichneten sich deutlich unter dem Stoff ab, und ihre Haare fielen sinnlich über eine Schulter. »Bunto, bleibst du noch lange fort? Soll ich mich für das Theater anziehen?«
    Die offene Verführung in ihrem Lächeln ließ Jican bis zu den Haarwurzeln scharlachrot werden. Teani warf ihm ein Kußhändchen zu, doch mehr aus Sarkasmus denn aus Spaß, und Buntokapi, den die letzten Stunden völlig zermürbt hatten, bekam einen Wutanfall. »Keine Sekunde länger!« brüllte er seinen Hadonra an. »Nehmt diese Liste mit dem Needra-Dung und Eure Rechnungen über Pilze, die von Moder und Schimmel befallen sind, und die Schätzungen über die Kosten für die Instandsetzung der Aquädukte der oberen Weiden und die Berichte über die Schäden, die der Lagerhausbrand in Yankora angerichtet hat, und gebt jedes einzelne davon meiner Frau. Von nun an werdet Ihr nicht mehr hierherkommen, es sei denn, ich lasse Euch rufen. Ist das klar?«
    Jicans Röte wich einer fahlen, zittrigen Blässe. »Ja, Herr, aber –«
    »Es gibt kein Aber!« Buntokapi gestikulierte wild mit einer Hand. »Diese Angelegenheiten könnt Ihr mit meiner Frau diskutieren. Wenn ich Euch darum bitte, werdet Ihr mir einen Bericht über das geben, was Ihr getan habt. Von jetzt an nagle ich den Kopf jedes Dieners der Acoma, der ohne meine ausdrückliche Bitte mit einem Dokument hier erscheint, an diese Tür. Habt Ihr das verstanden?«
    Jican preßte die Liste mit den Needra-Dung-Schätzungen schützend vor seine Brust und verbeugte sich tief. »Ja, Herr. Alle Angelegenheiten der Acoma werden an Lady Mara übergeben und für Euch Berichte bei Bedarf erstellt. Kein Diener darf Euch mit einem Dokument belästigen, es sei denn, daß Ihr es ausdrücklich wünscht.«
    Buntokapi blinzelte, als wäre er nicht ganz sicher, ob er das wirklich so gemeint hatte. Teani nutzte seine Verwirrung und wählte genau diesen Augenblick, um ihr Gewand vorn zu öffnen und kühle Luft über ihren Körper strömen zu lassen. Sie hatte nichts weiter an. Als das Blut in seine Lenden schoß, verlor Buntokapi jedes Interesse daran, diesen Punkt zu klären. Mit einer ungeduldigen Handbewegung entließ er Jican und wankte über einen knisternden Stapel von Pergamenten, um seine Geliebte in die Arme zu reißen.
    Jican sammelte die zerknüllten Rechnungen mit beinahe wilder Hast ein. Doch auch, als sich das Pärchen vom Türrahmen in den Schatten des Schlafzimmers zurückzog, achtete er sorgfältig darauf, daß die Pergamente säuberlich aufeinandergelegt und die Tragetaschen ordentlich verschlossen wurden, bevor er die schwere Last seinen Dienern übergab. Als sie durch die Haustür nach draußen auf die Straße traten, wo eine Eskorte von Acoma-Soldaten darauf wartete, ihn nach Hause zu begleiten, hörte er Buntokapi lachen. Die leidgeprüften Diener waren in diesem Augenblick jedoch nicht sicher, wer der glücklichere Mann war.

    Schläfrig breitete sich auf dem Gut die hochsommerliche Routine aus. Die Dienerinnen tauchten morgens nicht mehr mit neuen blauen Flecken auf. Keyokes Untergebene verloren den gehetzten Blick, und Jicans Pfeifen, wenn er von den Needra-Weiden zurückkehrte, um Stift und Pergament in die Hand zu nehmen, bot wieder eine verläßliche Zeitangabe. Mara war sich jedoch bewußt, daß die Ruhe nur eine Illusion war, das zeitlich begrenzte Ergebnis der langen Abwesenheit ihres
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