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Die Strozzi

Die Strozzi

Titel: Die Strozzi
Autoren: Ingeborg Walter
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inneren Konflikte schwelten weiter, und noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts befand der florentinische Geschichtsschreiber und politische Denker Francesco Guicciardini in seinen
Ricordi,
dass es für einen Staat nichts Schlimmeres geben könne als die Exilierten. Deshalb sei der Rat seines Vaters, die Medici aus dem Exil zurückzurufen, sehr klug gewesen, weil auf diese Weise das Problem gelöst worden sei. Die Medici waren 1494 aus Florenz vertrieben worden und hatten mehrmals versucht, mit bewaffneter Hand in die Stadt zurückzukehren.
    Die Strafe des wie auch immer gestalteten Banns bedeutete für die betroffenen Bürger, deren Lebensgrundlage Manufaktur, Handel und Geldgeschäfte waren, nicht selten eine Katastrophe, denn sie zog eine Umwälzung aller Lebensverhältnisse nach sich. Obwohl die großen florentinischen Kaufleute und Bankiers enge geschäftliche Verbindungen mit anderen italienischen Städten und Staaten sowie mit dem Ausland unterhielten, wo sie oft Niederlassungen gegründet hatten, war es doch schwierig für sie, sich eine neue Existenz in der Fremde aufzubauen, besonders wenn der Bann «ewig» oder von langer Dauer war. Das Exil beeinträchtigte die Geschäfte, und die Trennung von Frau und Kindern, die oft in Florenz zurückblieben, zog weitere Schwierigkeiten und persönliches Leid nach sich. Und so gab es, über Italien und Europa verstreut, bis ins 16. Jahrhundert hinein immer auch jenes «auswärtige Florenz». Opfer dieser politischen Mechanismen wurden in besonderem Maße auch die Strozzi. Ein Mitglied dieser Familie verglich die Verbannung, die so viele Strozzi erdulden mussten, sogar mit einem unveräußerlichen Familienerbe.

DIE WENDE VON 1434
    A m 9. November 1434 wurde Palla Strozzi, einer der wohlhabendsten und angesehensten Männer von Florenz, als Aufrührer und Vaterlandsverräter aus der Stadt verbannt. Er war nicht der Einzige. Zusammen mit ihm wurden mehrere seiner Verwandten und zahlreiche andere Bürger aus der Stadt verwiesen. Dies war der Schlusspunkt unter einen Konflikt, der die herrschende Partei von großen Handelsherren und Bankiers seit Jahren gespaltet hatte. Cosimo de’ Medici ging als Sieger aus diesem Kampf hervor. Sechzig Jahre lang, bis 1494, währte das von ihm errichtete, in die traditionellen republikanischen Formen gekleidete Regime seiner Familie in Florenz.
    Der schon lange andauernde innere Zwist in der sogenannten oligarchischen Partei, die seit Ende des 14. Jahrhunderts die florentinische Politik bestimmt hatte, spitzte sich zu, als Florenz 1429 mutwillig die kleine Nachbarrepublik Lucca überfiel, um sie mit einem Handstreich unter seine Herrschaft zu bringen. Die Rechnung ging nicht auf, statt der erhofften Eroberung weitete sich der Krieg aus und rief den Herzog von Mailand und die Republik Siena, die alten Feinde von Florenz, auf den Plan. Schließlich griff auch Venedig in die Auseinandersetzungen ein. Wie üblich verschlang der Krieg Unsummen und zwang die Regierung zu immer härteren Steuerauflagen, die schwer auf der Bevölkerung, besonders den ärmeren Schichten, lasteten. Erst nach vier Jahren Krieg konnten die Florentiner Gesandten Palla Strozzi und Cosimo de’ Medici am 21. April 1433 in Ferrara den Friedensvertrag unterzeichnen, der den Status quo wiederherstellte. Das unselige Unternehmen gegen Lucca war gescheitert, Florenz konnte froh sein, wenigstens seinen Besitzstand zu wahren. Aber in der Stadt herrschte Unruhe.
    Der unglückliche Ausgang des Krieges führte, wie so oft in solchen Fällen, zur Abrechnung in der oligarchischen Partei, in der zuletzt der radikale Flügel um Rinaldo degli Albizzi die Oberhand gewonnen hatte. Cosimo de’ Medici gehörte nicht zu seinen Anhängern. Zwar war auch er einer der Befürworter des Kriegs gewesen, doch stand er dank seiner umsichtigen Politik von Zuwendungen und Gefälligkeiten in der Gunst des Volks, das, durch den Krieg verarmt, den herrschenden großen Bürgern immer feindlicher gegenüberstand. Rinaldo degli Albizzi hatte guten Grund zu fürchten, dass Cosimo sich die Unzufriedenheit in der Stadt zunutze machen und ihn mithilfe des Volks entmachten könnte. Er beschloss deshalb, ihm zuvorzukommen, und griff zum bewährten Mittel der Verbannung.
    Angesichts der Spannungen in der Stadt verbrachte Cosimo den Sommer 1433 auf seinem Landgut in Trebbio, um sich, wie er selbst in seinen Aufzeichnungen schreibt, den Streitigkeiten und Spaltungen in der Stadt zu entziehen. Dennoch folgte er
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