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Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich in Afrika bleiben.« Er sprach diese Worte deutsch, und Ferrai lächelte zurück, seine weißen Zähne glänzten. Er breitete die Decke über seinen Herrn und rückte den Wassersack näher, damit sich Dr. Sievert nicht aufzurichten brauchte, wenn er Durst verspürte. Dann gingen sie und tauchten in der Schwärze der Nacht unter; nur ihre Schritte knirschten noch eine Weile auf dem groben Kies.
    Dr. Sievert wartete, bis das Geräusch der Schritte verklungen war. Dann richtete er sich auf, warf die Decke mühsam von sich und erhob sich, indem er sich an dem Stamm der Zeder hochzog. Schwer atmend stand er dann aufrecht und versuchte zu gehen. Es war ein Schwanken wie das eines Betrunkenen, aber er ging! Jetzt schwitzte er in der kalten Wüstennacht, wie er vordem in der glühenden Sonne gefroren hatte, und dieses Schwitzen machte ihn kräftiger als das Frieren. Er nahm nichts mit; mit bloßen Händen schwankte er durch die Gräber der Araber dem dunklen Klotz auf den Felsen entgegen, dem himmelragenden Bauwerk, in dem der Marabut wohnte. Er ging langsam, denn er wußte, daß auch Grandtours langsam ging. Als er auf die Straße kam, sah er die Schatten des Leutnants und des Jungen vor sich, schemenhaft, dunstig wie eine Vision. Er schwankte diesen Schatten nach, und die Angst, sie zu verlieren, gab ihm immer neue Kraft und trieb ihn vorwärts.
    Als er auf dem Platz stand, drückte er sich in die langen Schatten der Häuser und tastete sich den beiden nach; als der Weg sich hob und die Stufengassen begannen, kroch er auf Händen und Füßen vorwärts und lag wartend im Staub, wenn Grandtours den Schritt verhielt und sich sichernd umblickte. Dann sah er sie vor einem Haus stehen und sich an die gegenüberliegende Mauer werfen. Da wußte er, daß es das Haus war, das er suchte, und kroch in einem Bogen um das Gebäude herum. Er erreichte die andere Seite und beobachtete, wie Grandtours auf dem Bauch zur Tür kroch und das Schloß untersuchte, während Ferrai noch im Schatten der Mauer blieb.
    Oben, auf dem Dach, lag Dr. Handrick und wagte nicht zu atmen. Er hörte unter sich, von der Straßenseite her, Geräusche und flüsternde Stimmen. Er konnte den Kopf nicht heben, um zu sehen, was da geschah; er lauschte nur, ob es Hildes Stimme war, und biß die Zähne aufeinander.
    Dr. Sievert hatte die Augen geschlossen und lag wie tot im Staub. Sein Körper zuckte. Schweiß rann über ihn, als läge er in einem Ofen. Aber dann hob er wieder den Kopf, getrieben von dem Gedanken zu helfen, und sah Grandtours vorsichtig mit einem gebogenen Draht am Schloß der Haustür arbeiten. Ferrai kniete neben ihm und hielt den Revolver des Leutnants. Aber er sah auch etwas anderes: Unbemerkt von den beiden, bog um die Gartenmauer der Wächter auf seiner einsamen Runde. Noch verdeckte die Mauerecke, an der Dr. Sievert lag, seinen Blick auf Grandtours; aber nur noch wenige Schritte, und er mußte ihn sehen und das schlafende Haus alarmieren.
    Dr. Sievert durchglühte die Kraft der Verzweiflung. Er spürte in sich ein Aufflammen; wie ein Tier schnellte er sich vom Boden ab und warf sich stumm auf den Wächter, als dieser um die Mauerecke bog. Seine Finger griffen nach dessen Hals, noch ehe der Araber schreien konnte; stöhnend krallte er die Nägel in das Fleisch und stürzte mit seinem Opfer auf die Steine. Er schloß die Augen, er wollte nicht sehen, was er mit Schaudern fühlte; aber er drückte, drückte und röchelte dabei vor Anstrengung.
    Grandtours sah diesen stummen Kampf. Nur einen Augenblick zögerte er entsetzt, dann stieß er die Tür auf und stürzte in den Innenhof. Im gleichen Augenblick sprang Dr. Handrick vom Dach.
    Grandtours erkannte das weiße Leinenzeug und wußte, daß der Mann kein Gegner war. Auch Dr. Handrick, der Djellabah und Turban sah, reagierte schnell, als er den Fremden auf die Tür stürmen sah, einen Revolver in der Hand. Er rannte nach ihm ins Haus und fand sich in einem kleinen, hellerleuchteten Zimmer, das verschwenderisch mit Teppichen ausgelegt war, dessen Wände mit Seide bespannt waren und an dessen Hinterwand ein großer Diwan und ein reichgedeckter, niedriger Tisch standen. Vor dem Tisch stand Amar Ben Belkacem, in der unverletzten Rechten ebenfalls eine kleine, weiße, am Griff mit Perlmutt besetzte Pistole.
    Grandtours blieb stehen, als er Amar Ben Belkacem sah, und hob die Waffe. »Wirf das lächerliche Ding weg, Amar!« schrie er. »Damit kannst du Frauen erschrecken.« Mit dem letzten Ton des
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