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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector
Autoren: Meg Gardiner
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Ordnung.« Ihr Ton war eindeutig: Fürs Erste, Schätzchen.
    Hastig sammelte Jo Ohrringe, Gürtel und Doc Martens, das Halsband mit dem koptischen Kreuz, die Umhängetasche und ihre Würde wieder ein. Sie spekulierte, dass Flughäfen entweder ein Psychoexperiment zur Massendemütigung oder eine Verschwörung waren, um Reisende in den Wahnsinn zu treiben. Möglicherweise sogar beides. Schuhe aus, Laborratte. Nervig, stimmt’s? Hier hast du eine Xanax.
    Der Flughafencop Darren Paterson hatte eine bedauernde Miene aufgesetzt. Er war ein Afroamerikaner mit Kindergesicht, und seine Uniform umgab ihn wie Frischhaltefolie. »Entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten.«
    Sie schnürte sich die Schuhe. »Kein Problem. Meine Dienststelle sagt, Sie brauchen eine psychologische Untersuchung für einen Passagier in einem Flugzeug aus London. Geht’s um 5150?«
    »Das würden wir gern von Ihnen erfahren.«
    Paragraf 5150: Zwangseinweisung. Als Psychiaterin hatte Jo die Befugnis, Leute zweiundsiebzig Stunden lang in eine geschlossene Abteilung zu schicken.
    Anrufe wie diesen erhielt sie nur, wenn die Polizei der Meinung war, dass jemand eine Gefährdung für sich oder andere darstellte. Doch normalerweise nahmen die Cops die Betreffenden unter Berufung auf Paragraf 5150 selbst in Gewahrsam und brachten sie zur psychologischen Untersuchung in eine Notaufnahme. Vielleicht hatte die Fluglinie Fachpersonal angefordert. Oder Paterson wollte erfahrene Unterstützung - er wirkte noch sehr jung, wie ein Anfänger. Oder da lief was wirklich Bizarres. Auf jeden Fall hatte der
Anruf von der Dienststelle sie erreicht, als sie zwei Minuten vom Terminal entfernt war, und die Verantwortlichen hatten kurzerhand entschieden, nicht zu warten, bis das gesamte Krisenteam beisammen war.
    »Schön, dass Sie gerade in der Nähe waren«, bemerkte Paterson.
    »Reiner Zufall. Hab meinen Bruder zu seinem Flug nach Los Angeles gebracht.« Sie lief neben Paterson durch die Halle. »Was ist passiert?«
    »Ian Kanan, angekommen mit einem Virgin-Atlantic-Flug aus Heathrow. War nach der Landung plötzlich verwirrt und aggressiv. Hat sich an Bord verschanzt.«
    Das Dröhnen der Jetmotoren hallte durch das Terminal. Regen peitschte gegen die großen Scheiben.
    »Verwirrt und aggressiv - aber Sie haben ihn nicht verhaftet. Was genau hat Kanan getan?«, fragte Jo.
    »Beim Aufsetzen ist er von seinem Platz aufgesprungen und wollte den Notausgang öffnen.«
    »Während das Flugzeug noch rollte?«
    »Zwei Passagiere haben ihn niedergerissen. Die Flugbegleiter sagen, Kanan hat sie abgeworfen, als wären sie aus Pappmaché. Anscheinend hat er gekämpft wie ein Irrer.«
    »Inwiefern?«
    Er warf ihr einen Blick zu. »Wie verrückt eben.«
    Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. »Bei seltsamem Verhalten fragen sich die meisten Leute: verrückt oder nicht verrückt? Psychiater fragen sich: inwiefern verrückt und welche Art?«
    Sie erreichten das Gate. Am Ende des Flugsteigs drängte sich eine Gruppe Mitarbeiter in der offenen Tür der Linienmaschine.
Sie betrachteten Jo mit einer Mischung aus Erleichterung und Verwirrung. Eine Seelenklempnerin? Na ja, wenn’s hilft.
    Der Kapitän wartete vor dem Cockpit. »Schaffen Sie ihn aus meinem Flugzeug.«
    Officer Paterson deutete in den Gang. »Er ist in der Economyclass.«
    »Kein Wunder, wenn er da Amok läuft.« Als sich die Flugbegleiter entrüstet zu ihr umdrehten, hob Jo die Hand. »Kleiner Scherz.«
    Sie spähte durch das leere Flugzeug. Neben der Bordküche standen weiteres Flugpersonal und ein Polizist herum.
    In solchen Situationen konnte sie nie vorhersehen, was sie erwartete. Katatonie. Religiöser Wahn. Ein böser Drogentrip. Trunkenheit oder ein gewalttätiger psychotischer Ausbruch. Ein Typ, der den Sprengsatz in seinen Schuhen zünden wollte.
    Ihr blieb keine Zeit, um Ian Kanans komplette Geschichte zu recherchieren. Immerhin waren die zwei Passagiere noch da, die ihn überwältigt hatten. Ron Gingrich war ein zäher Fünfundfünfzigjähriger mit grauem Pferdeschwanz und Grateful-Dead-Shirt. Jared Ely war irgendwo in den Zwanzigern, trug ein schwarzes T-Shirt und Crocs. Er strahlte ein Übermaß nervöser Energie aus.
    Jo wandte sich an die beiden. »Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    Gingrich strich sich den Spitzbart glatt. »Wir hatten eine schwierige Landung. Seitenwind, hat sich angefühlt, als würden wir uns querlegen. Sind mit einem lauten Wumms aufgekommen, die Leute haben geächzt. Die Maschine
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