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Die Story von Joanna

Die Story von Joanna

Titel: Die Story von Joanna
Autoren: Collin Gerard & Justin Damiano
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daß Du nicht einmal ahnen kannst, was ich mit dem Wort Wahrheit meine ...
    Jason lehnte sich zurück und lächelte über die Ironie seiner letzten Gedanken.
    Er langte in eine Schublade des Schreibtisches und nahm eine Zigarre heraus, die er behutsam zwischen den Fingern drehte, während er zur Tür hinüberstarrte. Dann legte er die Zigarre wieder aus der Hand und schrieb weiter:
    Wie konnte dies nur möglich sein, meine kleine Joanna? Hätte es noch etwas zu tun gegeben, so hätte ich es bestimmt getan. Nur noch dies hier ... dieser Brief. Dieser letzte Akt der Erniedrigung ist alles, was noch bleibt, um mich selbst zu enthüllen und preiszugeben. Danach ... dann wird nichts mehr für jeden von uns beiden übriggeblieben sein.
    Wieder lehnte sich Jason im Sessel zurück und langte abermals nach der Zigarre.
    Er schien sich etwas zu entspannen.
    Seine Bewegungen wirkten nicht mehr ganz so kalt, so berechnend, wie es noch vor wenigen Minuten der Fall gewesen war.
    Jason zündete die Zigarre an. Er zog den Rauch in den Hals und behielt den Rauch zum Abkühlen im Mund, so daß er deutlich die glatte, weiße Wolke an seinem Gaumen, auf der Zunge, im Hals spüren konnte. Dann stieß er den Rauch aus und beobachtete, wie er langsam zur Zimmerdecke emporschwebte, die vom blassen Mondschein in bläuliches Licht getaucht war.
    Jason wiederholte seine letzten Worte.
    »Dann wird nichts mehr für jeden von uns beiden übriggeblieben sein. NICHTS!«
    Jason schloß die Augen.
    Bilder der jüngsten Vergangenheit huschten vor seinem geistigen Auge vorüber.
    Er erinnerte sich an Joanna, wie er sie an jenem Abend zum erstenmal gesehen hatte.
    Es war im XII-Hours-Restaurant gewesen.
    Jason widmete sich erneut seiner Schreibarbeit:
    Mein erster Eindruck von Dir war, daß Du zu große Augen hattest. Du warst klein und zierlich und in jeder anderen Hinsicht wohlproportioniert, aber Deine Augen waren ganz entschieden zu groß. Und zu dunkel. Und wahrscheinlich auch ein wenig zu traurig.
    Aber Du würdest ja überall traurig sein, meine Joanna. Ob nun bei einem Picknick oder bei einer Hochzeit. Was ist Traurigkeit doch nur für eine dumme Emotion! Du sahst so reizend aus ... so naiv ... in Deinem langen, weißen Kleid mit dem kleinen weißen Hut.
    Ich habe Dich sehr aufmerksam beobachtet, als Du mit Deiner Tante durch den Raum kamst und Dich an einen Tisch setztest, der meinem Platz gegenüberstand.
    Ich habe Dich angestarrt.
    Du warst so scheu.
    Das hat mich amüsiert.
    Es hat Dir Spaß gemacht, mich anzusehen, aber jedesmal, wenn sich unsere Blicke begegneten, hast Du sofort wieder weggeschaut.
    Für mich war dies wahrscheinlich der erste Hinweis darauf, daß ich klug gewählt hatte.
    Ich erinnere mich noch sehr genau daran, was ich an jenem Abend gedacht habe ... daß mir nämlich schon dieser Abend beweisen würde, ob Du wirklich das sein könntest, wonach ich gesucht hatte.
    Es war nicht um Sex gegangen. Das allein war nicht die Erklärung für dieses Unternehmen.
    Ich möchte nicht überheblich sein, aber für mich gab es an jenem Abend gar keinen Zweifel, daß Du Dich mir hingeben würdest. Ich habe mit keinem Gedanken daran gedacht, daß Du es nicht tun könntest. Tür mich war es bereits so gut wie beschlossene Sache, daß Du es tun würdest.
    Jason machte wieder einen Zug aus einer Zigarre. Sein Gesicht wirkte jetzt weniger gespannt. Seine Bewegungen waren nicht mehr metronomisch exakt. Er machte eine Pause, dachte nach und zögerte.
    Die Atmosphäre im Raum erwärmte sich ein wenig, während der aromatische Rauch des kubanischen Tabaks durch die Luft wallte. Der Mond verschwand hinter einer Wolke.
    Jason unterbrach seine Schreibarbeit ein Weilchen und überließ sich seinen Erinnerungen. Er wollte eine kleine Ruhepause einlegen. Erinnern, ohne zu planen. Denken, ohne zu manipulieren. Das Gedächtnis auffrischen, ohne dabei irgend etwas zu bereuen.
    Im Geiste konnte er wieder ganz deutlich Joanna an jenem ersten Abend im Restaurant vor sich sehen, als sie ihn schließlich doch einmal aus diesen großen, dunklen Augen angesehen hatte; eine scheue Geste der Anerkennung für die Flasche Chateau Neuf du Pape 1968, die er an ihren Tisch geschickt hatte.
    Jason stellte sich im Geiste noch einmal vor, wie er dieses junge Mädchen intensiv angestarrt hatte.
    Eine mißtrauischere Person als Joanna hätte wahrscheinlich etwas ganz anderes als Intensität in seinen Augen gesehen. Aber irgendeine andere Person außer Joanna hätte sich
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