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Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers
Autoren: Catherine Coulter
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Eurem König seinen Palast in Windsor führen könnte!«
    Graelam dachte spöttisch, daß diese Kassia wahrscheinlich ein nörgelndes Weib mit Kaninchenzähnen war, so unansehnlich, daß Maurice ihn, Graelam de Moreton, einen Engländer und völlig Fremden, als Ehekandidaten für seine Tochter ausersehen hatte.
    Doch er konnte Maurice gut leiden. Er mochte seinen Witz und die ungeheuerlichen Geschichten, die der Mann erzählte. Auch als der Himmel seine Schleusen öffnete, verlor er den Humor nicht. Und Graelam hatte bemerkt, wie Maurice ihn mit geschickten Fragen ausgehorcht hatte. Wahrscheinlich hatte er ihm alles erzählt, was der Franzose wissen wollte. Er fragte sich, ob es Maurice auch interessieren würde, daß seine erste Frau eine Warze auf ihrer linken Hinterbacke gehabt hatte.
    Gestern nachmittag hatte Maurice verächtlich gesagt: »Dieser Neffe von mir ist ein wertloser Schwachkopf.«
    »Vielleicht ist er auch gefährlich«, sagte Graelam ruhig.
    »Ja, das ist möglich.« Dann erzählte er ihm von seinem Sohn Jean, einem feinen Burschen, den, wie er seit langem vermutete, der eifersüchtige Geoffrey hatte ertrinken lassen. »Ihn gelüstet es nach Belleterre, und seine Mutter stachelt ihn noch auf. Ja, ich weiß, was die beiden im Sinn haben. Kassia soll diesen bösen Nichtsnutz heiraten, und dann will meine Schwester über ganz Belleterre ihr Zepter schwingen!«
    »Warum habt Ihr nach dem Tod Eures Sohnes nicht wieder geheiratet?« fragte Graelam.
    Da malte sich ein solcher Schmerz in Maurices Zügen ab, daß Graelam erschüttert schwieg. Es brauchte keine Worte, um seine Frage zu beantworten.
    Beaumanoir war eine kleine Burg am Ufer eines schmalen Sees. Graelam sah, daß sie kaum strategische Bedeutung hatte. Sie schien auch nicht komfortabel zu sein. Das umgebende Land bestand aus vielen bewaldeten Hügeln, und der regendurchweichte Boden sah nicht gerade fruchtbar aus. Die Knechte gingen in Lumpen gekleidet. Graelam schritt, mit Guy auf den Fersen, hinter Maurice die Treppe zum Saal hinauf.
    »Lieber Bruder«, sagte eine hochgewachsene Frau. »Was für eine angenehme Überraschung! Mein Gott, du bist ja naß wie eine ertränkte Katze, Maurice!« Und mit falschem Lächeln fügte sie hinzu: »Daß du mir nur nicht an Erkältung stirbst!«
    Maurice brummte: »Felice, das ist Lord Graelam de Moreton. Wir brauchen ein heißes Bad und trockene Kleidung.«
    Sie war eine große, schlanke Frau und, obgleich sie schon über vierzig war, nicht unansehnlich.
    »Gewiß, Maurice.« Felice betrachtete Graelam de Moreton näher, und das Blut floß ihr schneller durch die Adern. Mein Gott, das war ein Mann! Und wie gut er aussah! Felice gab einer Bedienerin in scharfem Ton Anweisungen, das Bad für ihren Bruder zu bereiten, ging dann mit schwingenden Hüften auf Graelam zu und sagte: »Euch, Mylord, werde ich persönlich zu Gebote stehen.«
    Das fehlt mir noch, dachte Graelam, von Maurices lüsterner Schwester im Bad verführt zu werden! Laut sagte er: »Das ist sehr freundlich von Euch, Mylady.« Dann folgte er Lady Felice in die oberen Gemächer. »Euer Sohn ist nicht hier, Mylady?«
    »Nein«, sagte Felice. »Er wird es bedauern, seinen Onkel verfehlt zu haben.«
    Wenn Geoffrey hinter dem Überfall in Aquitanien gesteckt hat, dachte Graelam, dann scheint seine Mutter jedenfalls nichts davon zu wissen.
    In ihrem Zimmer entzündete Felice die Kerzen. »Ach, Mylord, Ihr werdet es hier nicht sehr elegant finden. Ich bin nur eine arme Witwe. Betta, sieh zu, daß für Lord Graelam sofort ein Bad gerichtet wird! Nun, Mylord, wollen wir Euch von Euren nassen Kleidern befreien.«
    Geschickt half sie ihm aus dem durchweichten Mantel. Die versteht es, dachte Graelam. Sie band ihm den Kettenpanzer auf und legte ihn vorsichtig in eine Ecke. Zu seiner Bestürzung kniete sie vor ihm nieder und schnürte sein Beinkleid auf. Es war allgemein üblich, daß eine Lady ihrem Gast beim Bad zur Hand ging. Aber Felice erledigte die Aufgabe nicht mit der nötigen Sachlichkeit. Graelam spürte ihre streichelnden Hände an seinen Beinen, und zugleich wurde ihm bewußt, daß er seit mehreren langen Wochen keine Frau gehabt hatte.
    Später spürte er ihre Blicke auf seinem nackten Körper ruhen. Mit einer Miene, als musterte sie einen neuen Hengst für ihren Stall, prüfte sie ihn und seine pralle Männlichkeit. Erst danach reichte sie ihm ein dickes Wolltuch, das er sich um die Lenden knüpfte. Sie streckte die Hand aus und berührte die lange
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