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Die Stimme der Jaegerin

Die Stimme der Jaegerin

Titel: Die Stimme der Jaegerin
Autoren: Thea Harrison
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Mond spendete zwar etwas Licht, aber weil der Boden tückisch uneben war, joggten sie die zweieinhalb Kilometer zu seinem Lagerplatz in vorsichtigem Tempo.
    Er hatte sein Lager unauffällig zwischen einigen großen Felsbrocken aufgeschlagen, und sowohl das Lager als auch der Jeep waren unversehrt. Anfangs hatte Claudia gefroren, war steif und müde gewesen. Während des Laufens hatten sich ihre Muskeln gelockert, und der warme Blutstrom hatte ihr Denken geschärft.
    Nachdem er sich einmal auf eine Vorgehensweise eingelassen hatte, vergeudete Luis keine Zeit. Claudia lief auf und ab, um sich warmzuhalten, während er in sein Zelt schlüpfte. Wenige Minuten später kam er in Jeans, T-Shirt, Wanderstiefeln und einer abgewetzten schwarzen Lederjacke wieder heraus. Dabei stopfte er etwas in einen Rucksack. »Hier sind eine Decke, eine Essensration und ein paar Flaschen Wasser«, sagte er. »Sollte helfen, dich warm und wachsam zu halten. Außerdem möchte ich, dass du das Gewehr mitnimmst, dass in meinem Jeep liegt.«
    »Du warst ja gut vorbereitet.« Dafür waren die Friedenswächter vom Tribunal bekannt. Sie bekamen es mit allem möglichen verrückten Scheiß zu tun. Claudia nahm den Rucksack entgegen und reichte Luis das Handy, das er in seine Jackentasche steckte.
    »Zur Standardausrüstung für einen Außendiensteinsatz gehören ein Gewehr, eine Pistole und eine einfache Campingausrüstung inklusive Nahrungsmittel für drei Tage, besonders wenn es eventuell in unwegsames Gelände geht.« Er sah sich um. »Wir werden keine Zeit damit verschwenden, das Lager abzubrechen. Fahren wir.«
    Den Rest der Strecke fuhr Luis in seinem Jeep. Während der zunehmend holprigen Fahrt sprach keiner von ihnen. Das Minengelände war von einem dreieinhalb Meter hohen Sicherheitszaun umgeben, aber mit der Hilfe eines übergroßen Wyr war es kein Problem, hinüberzuklettern. Luis parkte den Jeep dicht vor dem Zaun, stellte sich auf die Motorhaube, warf eine Decke über den gewundenen Stacheldraht am oberen Rand und hob Claudia so mühelos hoch, als wöge sie nur zwanzig Kilo und keine siebzig. Auf der anderen Seite ließ sie sich fallen und fing die Landung mit gebeugten Knien ab. Als sie sich aufrichtete, warf er ihr das Gewehr und den Rucksack über den Zaun zu.
    Sie setzte den Rucksack auf und schulterte das Gewehr. Es war eine M16, eine Waffe, mit der sie gut vertraut war. Dann standen sie einander gegenüber, jeder auf seiner Seite des Zauns, und sahen sich an. Luis deutete mit dem Kopf zu ihrer Linken. »Das Tor und das Büro liegen knapp anderthalb Kilometer hinter uns. Wenn du dem Zaun folgst, kannst du es nicht verfehlen. Da steht ein Wachhäuschen, das mit Sicherheitsleuten besetzt ist, aber es sollte dir nicht schwerfallen, denen aus dem Weg zu gehen. Der Eingang zur Mine liegt einen halben Kilometer weiter. Da gibt es ein paar Gebäude und einen Parkplatz.« Mit grimmiger Miene sah er sie an und hakte die Finger einer Hand in den Zaun. »Wenn dir irgendetwas zustößt, werde ich mir das nie verzeihen.«
    »Mach kein Drama draus«, sagte sie und berührte sanft seine Finger. »Je schneller du gehst, desto schneller bist du wieder zurück. Und wenn wir Glück haben, passiert hier in der Zwischenzeit überhaupt nichts.«
    Er holte tief Luft und ließ sie wieder entweichen. In diesem Atemzug schien das Gewicht vieler unausgesprochener Worte zu liegen. Luis’ Hand löste sich vom Zaun. Er nickte ihr zu und ging.
    Die wilde, stille Wüste erinnerte sie an Afghanistan. Sie spürte die Geister ihrer früheren Kriegskameraden, während sie zum Eingang und dem Büro der Minengesellschaft zurücklief. Der Verlust schmerzte und würde immer schmerzen. Auch wenn sie niemals erfahren würde, was genau ihnen zugestoßen war, empfand sie es auf diesem Marsch zum ersten Mal als tröstlich, ihre Geister bei sich zu haben, und das war mehr, als sie sich je erhofft hatte.
    Das Gelände lag ruhig da, die Büros waren dunkel. Luis hatte recht gehabt, es fiel ihr nicht schwer, den Wachleuten auszuweichen. Mit ein bisschen Glück würde niemand je erfahren, dass sie auf dem Grundstück gewesen war.
    Einen halben Kilometer weiter im Inneren des Geländes fand sie den Eingang zur Mine, er war in einen hohen Felshang geschlagen und umgeben von Gebäuden, einem Parkplatz und großen Maschinen, die tief im Schatten standen. Die Erkundung ging schnell und leicht vonstatten. Die Übergangspassage konnte sie nicht spüren, aber das überraschte sie
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