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Die Sternseherin

Titel: Die Sternseherin
Autoren: Jeanine Krock
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Eine dunkle Gestalt beugte sich über die Schwestern und Asher hob sein Schwert. Blind vor Wut und Angst, dass Estelle etwas zustoßen könnte, setzte er zum Sprung an.
    »Bleib, wo du bist!«, drohte eine weibliche Stimme, die er sofort erkannte. Nuriya. Die Gefährtin seines Bruders sah nicht einmal auf, sie löste mit wenigen Schnitten die Fesseln ihrer Schwestern, die ihr anschließend dankbar um den Hals fielen. Estelle schaute dabei über Nuriyas Schulter zu Asher und lächelte schüchtern. »Ich habe dich vermisst.«
    Du wirst gebraucht! Die Stimme seiner unbekannten Kampfgefährtin klang drängend und Asher gab einen Fluch von sich, der zweifellos in die Geschichte eingegangen wäre, hätte sich ein Chronist in der Nähe befunden. Anstatt die Geliebte in seine Arme zu ziehen, machte er auf dem Absatz kehrt.
    Urian hatte den schwer blutenden Julen nach zähem Ringen überwältigt. Er entwand ihm seine tödliche Klinge und hielt sie an den Hals des Vampirs. Gunnar, der diese Szene voller Entsetzen beobachtet hatte, erwachte aus seiner Erstarrung und griff nach einem Katana, dem gebogenen Schwert eines Samurai, von dem sein eigenes Blut tropfte. »Gib ihn frei!«
    Urian lachte. »Nur über meine Leiche!«
    Asher erschien direkt hinter dem dämonischen Geiselnehmer und hätte ihm diesen Gefallen auf der Stelle getan. Doch er konnte nichts weiter tun, als stumm die blutige Szene vor sich zu betrachten, wollte er nicht auch Julen in den sicheren Tod schicken. Gunnar hielt sich schwankend auf den Beinen. Voller Hass wollte er sich auf den Dämon stürzen, und wenn dies seine letzte Tat gewesen wäre, aber er erstarrte in der Bewegung, als er begriff, dass es dem Dämon ernst war. »Scheiße!«
    »Nicht meine bevorzugte Wortwahl, Vampir. Aber ich stimme dir zu, es sieht nicht gut für deinen Bruder aus.« Urian wischte sich Blut von der Stirn und bewegte sich vorsichtig seitwärts. »Bruder oder Gerechtigkeit – ich sollte dich wählen lassen, aber ich ahne, wofür du dich entscheidest. Genau das, Vampir, ist eure Schwäche, und deshalb werde ich dir die Entscheidung abnehmen.« Urian lächelte böse und war im Begriff, die Klinge in Julens Hals zu stoßen, da schrie der Comte: »Vater, hinter dir!«
    Urian fuhr herum und sah, wie Asher das Schwert zum tödlichen Schlag erhob. Beide verharrten in der Bewegung und in quälender Langsamkeit sah Urian zu Blavet. »Was hast du gesagt?« Seine Nasenflügel blähten sich und unerwartet traf ihn ein familiärer Duft. Er wirkte verwirrt und dabei beinahe menschlich. Doch Dämonen besaßen keine Gefühle und keine Seele, die sich über dieses überraschende Vaterglück hätte freuen können. Urian war sich sicher, dass das merkwürdige Ziehen in seinem Herzen nichts weiter war, als der bösartige Trick einer Chimäre. Also schenkte er dem unwillkommenen Zeugen dieser peinlichen Szene lediglich einen eisigen Blick und stieß Julen von sich wie eine zu schwer gewordene Bürde. »Wir sehen uns wieder!« Damit griff er den Sterblichen, der vorgab sein Sohn zu sein, und verschwand in der Unendlichkeit.
    »Netter Abgang!« Die Vampirkämpferin neben Asher wischte ihr Schwert mit dem Hemd eines zu Staub zerfallenen Gegners ab. »Wenn das nicht ein guter Kampf war, dann weiß ich auch nicht ...«
    »Wer bist du?« Asher war ziemlich sicher, dieser Akzent gehörte einer anderen Zeit an, und er glaubte, die meisten Vengadore zu kennen. Andererseits hatte er sich auch bei Julen anfangs geirrt. Wer also war diese Frau, deren exzellente Kampftechnik selbst ihn beeindruckt hatte.
    »Nekane.« Als sei dies Erklärung genug, wollte sie sich abwenden, doch Asher hielt sie zurück. »Ich danke dir, Nekane, dass du die Feen gerettet hast.«
    Sie hielt in der Bewegung inne und begann zu lachen. »Machst du Witze? Sie haben mir das Leben gerettet! Und nicht nur das«, fügte sie leise hinzu. »Wenn du mich fragst, sind sie die erstaunlichsten Feenkinder, die ich seit ...«, hier zögerte sie unmerklich, »... langer Zeit gesehen habe.«
    »Und wie lange mag das wohl sein?«
    »Du traust mir nicht viel zu.« Nekane sah ihn erst feindselig an, doch dann entspannten sich ihre Züge. »Meine Worte und Werke habe ich auf Gottes Geheiß vollbracht.« Ihr Lächeln enthüllte die gesamte Kraft ihrer Magie. »Fünfhundertsiebenundsiebzig Jahre, um ganz genau zu sein. Gerade du solltest wissen, dass der Rat nie ohne Rückversicherung arbeitet. Die Einmischung eines erfahrenen Vengadors war nicht
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