Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sterne rücken näher

Die Sterne rücken näher

Titel: Die Sterne rücken näher
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
vom Rost zerfressen. Vielleicht ein Atmosphären-Generator? Rechts erkannte er einen Haufen von Geräteteilen, der früher einmal ein Computer gewesen sein mochte. Am Ende der Höhle fand Alan Fetzen eines altersgelben Plastikmaterials. Das war möglicherweise eine Atemkammer gewesen, in der sich ein Mensch ohne Raumanzug aufzuhalten vermochte. Der sandige Höhlenboden war mit Werkzeugen übersät, manche bis zur Unkenntlichkeit verrostet, andere wie neu.
    Nervös und mit dem Gefühl, als Eindringling hier zu sein, ging Alan langsam auf die noch verbliebenen Reste der Atemkammer zu. Zwei einander überlappende Plastikbahnen versperrten ihm den Weg. Als er sie aber berührte, verschwanden sie spurlos wie eine zerplatzte Seifenblase, und er ging hinein.
    Ein Skelett lehnte an der gegenüberliegenden Wand der Höhle neben den in sich zusammengefallenen Resten einer Kontrollkonsole.
    Cavour hatte also die Venus sicher erreicht. Aber sein Leben hatte hier geendet.
    Alan dachte, ein Wort des Gedenkens, ein kurzes Gebet für seine Seelenruhe seien angebracht. Er fand aber nicht die richtigen Worte. So blieb er eine Weile dort stehen und sah sinnend den gebleichten Schädel an Jenen Haufen harten Kalziums, der einmal das Gehirn eines großen Mannes enthalten hatte. Wie mochte er gestorben sein? Schnell oder schmerzlich langsam, leicht im Bewußtsein, sein Ziel erreicht zu haben, oder schwer im Gedanken daran, daß er es nur für sich selbst erreicht hatte? Traf ihn ein Schlag? Oder tötete ihn die Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung? War er verhungert?
    Alan trat einen Schritt näher.
    Er glaubte, neben dem Skelett etwas gesehen zu haben; einen Metallbehälter, vielleicht. Er zögerte ein wenig; wenn er ihn holen und bergen wollte, mußte er Cavours letzte Ruhe stören. Seine Hand streckte sich aus; er zog sie zurück, blieb unentschlossen in halbgebückter Haltung stehen. Das ist ja gespenstisch, überlegte er. Eine Leichenschändung. Aber der Behälter kann unendlich wichtig sein. Ich muß wissen, was er enthält.
    Vorsichtig, geradezu ehrfürchtig berührte er die Schulter des Skeletts. Die Knochen zitterten, die Rippenbogen fielen zusammen, Staub stieg auf. Alan zwang sich dazu, zwischen den dünnen, empfindlichen Knochen durchzugreifen und…
    Es war kein Behälter, sondern ein dickes, in Metallplatten gebundenes Buch. Es hatte den Jahrhunderten widerstanden; hier in dieser Höhle, in der sonst alles fast ganz verrottet war, blieb es über mehr als tausend Jahre hinweg erhalten.
    Mit vorsichtigen Fingern berührte Alan das Buch. Der Deckel fiel sofort ab. Er wendete die ersten drei Blätter um; sie waren leer. Auf dem vierten fand er in der nun schon vertrauten Handschrift des Wissenschaftlers die Worte: Tagebuch von James Hudson Cavour, Band 17-20. Oktober 2570 bis…
    Er widerstand der Versuchung, die folgenden Blätter umzuwenden. Mit äußerster Vorsicht verstaute er das Buch in einer der Taschen seines Raumanzuges. Dann bückte er sich, denn er fühlte, das sei er dem Toten schuldig, löste eines der Werkzeuge vom Boden, grub eine flache Mulde in den Sandboden der Höhle und schob das Skelett hinein. Die meisten der Knochen zerfielen, als er sie berührte. Aus Staub bist du geschaffen, dachte er, und zu Staub sollst du wieder werden. Er füllte die Mulde wieder auf, glättete den Sand und schrieb mit der Spitze des Werkzeuges die Buchstaben J. H. C. hinein.
    Dann kroch er aus der Höhle und kehrte zu seinem Schiff zurück.
    Er wagte es nicht, das Buch öfter als unbedingt nötig zu berühren. An Bord seines Schiffes gab es ein Gerät, das diese vergilbten Blätter vorsichtig umdrehte, die Worte aufnahm und eine leserliche Kopie davon herstellte. Er schaltete das Gerät ein, und dann wartete er. Er fieberte dabei vor Erregung. Endlich kamen die ersten Kopien.
    Während seiner sechstägigen Rückreise zur Erde las Alan die letzten Worte des großen Cavour mindestens tausendmal und erlebte immer wieder die Fahrt des alten Mannes zur Venus mit.
    Die Reise selbst war recht einfach gewesen. Er war genau nach Plan auf dem vorgesehenen Platz gelandet und hatte sich in der Höhle häuslich eingerichtet. Aber dann fühlte er, wie seine Kraft Tag für Tag nachließ.
    Er war, als er zur Venus reiste, schon über achtzig Jahre alt – ein unwahrscheinliches Alter für einen Mann, der allein zu einem fremden Planeten fliegt. Er hatte an seinem Versuchsschiff nicht mehr viel fertigzustellen; es waren nur noch Kleinigkeiten. Aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher