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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE
Autoren: Jack Vance
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Zauberspruch aus seinem Unterbewußtsein zurück und formte die Worte der Beschwörung der Violetten Wolke.
    Alles war still, bis ein fernes Rauschen und schließlich ein Brausen wie von tobendem Sturm zu vernehmen war. Etwas, einer Nebelschwade ähnelnd, näherte sich ihm und wurde zu einer Säule wirbelnden schwarzen Rauchs. Eine tiefe, barsche Stimme drang aus ihr.
    »Deinem störenden Ruf ist dieses Instrument der Zauberkraft gefolgt. Wohin willst du?«
    »In vier Richtungen, dann eine«, erwiderte Turjan. »Lebend muß ich Embelyon erreichen.«
    Die säulenförmige Rauchwolke senkte sich auf ihn herab.
    Hoch empor und weit fort schleuderte sie ihn, Hals über Kopf in unvorstellbare Ferne. In vier Richtungen flog er, dann in eine, und endlich warf ihn die Wolke unsanft ab.
    Langausgestreckt fand Turjan sich auf dem Boden Embelyons.
    Er stolperte auf die Füße. Einen Augenblick lang taumelte er halb betäubt. Als er wieder einigermaßen klar sehen konnte, schaute er sich um.
    Er stand am Ufer eines klaren Flusses. Blaue Blumen rankten sich um seine Knöchel, und hinter ihm befand sich ein Hain hoher, blaugrüner Bäume, deren oberes Laub im Dunst verschwamm. War Embelyon auf der Erde? Die Bäume schienen, von ihrer Farbe abgesehen, eigentlich recht irdisch, die Blumen wirkten vertraut, die Luft war atembar… Aber irgend etwas fehlte diesem Land, er kam nur nicht darauf, was es sein mochte. Vielleicht lag es an dem irgendwie unbestimmbaren, verhüllten Horizont, vielleicht an der merkwürdigen Verschwommenheit der Luft. Am eigenartigsten aber war der Himmel – ein riesiges Netz aus sich überkreuzenden Wellen, die tausend Strahlen bunten Lichtes warfen, die wiederum wundervolle Muster in allen Regenbogenfarben woben. Während Turjan sie bewundernd betrachtete, streiften weinrote, topasfarbige, tiefviolette und herrliche grüne Strahlen über ihn hinweg. Jetzt erst bemerkte er, daß die Blumen und Bäume vom Himmelslicht stets neu gefärbt wurden. Das Blau der Blumen war einem grellen Lachsrot gewichen, und das Blaugrün der Bäume hatte einem verträumten Purpur Platz gemacht. Dann wurde das Lachsrot zu Kupfer, zu hellem Rot, und von Tiefrot zu Scharlachrot, während die Bäume inzwischen meeresblau leuchteten.
    »Das Land, von dem niemand weiß, wo es ist«, murmelte Turjan vor sich hin. »Bin ich hoch, tief, in eine vergangene oder eine zukünftige Zeit gebracht worden?« Er betrachtete den Horizont und vermeinte in dem Ungewissen Dunst einen schwarzen Vorhang zu sehen, der das Land in jeder Richtung umgab.
    Das Klappern galoppierender Hufe riß ihn aus seinen Überlegungen. Ein Rappe raste am Ufer des Flusses entlang.
    Eine junge Frau mit wehendem schwarzen Haar saß darauf. Sie trug eine bis knapp unter die Knie reichende weiße Pluderhose und ein kurzes gelbes Cape, das im Wind flatterte. Mit einer Hand hielt sie die Zügel, in der anderen einen Degen.
    Turjan trat vorsichtshalber zur Seite, denn die Lippen der jungen Frau waren wütend zusammengekniffen, ihre Züge gespannt, und ihre Augen funkelten, als wäre sie von Sinnen.
    Sie zerrte an den Zügeln, daß ihr Pferd sich aufbäumte, dann hieb sie mit der Klinge nach Turjan.
    Turjan sprang zurück und riß sein Schwert aus der Scheide.
    Als sie erneut nach ihm hieb, parierte er den Schlag, beugte sich ein wenig vor und streifte ihren Arm, daß ein paar Tropfen Blut auf den Boden fielen. Erschrocken zuckte sie zurück. Sie griff nach dem Bogen auf ihrem Sattel und legte einen Pfeil an die Sehne. Turjan sprang auf sie zu. Er wich dem Pfeil geschickt aus, dann packte er sie um die Hüften und riß sie vom Pferd.
    Sie wehrte sich wie eine Wildkatze. Er wollte sie nicht töten, deshalb wirkte seine etwas unorthodoxe Kampfweise nicht ausgesprochen würdevoll. Schließlich hielt er jedoch ihre Arme auf dem Rücken verschränkt so fest, daß sie hilflos war.
    »Halt dich still, Hexe!« drohte Turjan, »sonst verliere ich vielleicht doch noch die Geduld und zieh dir meine Klinge durch die Kehle.«
    »Tu, was du willst!« keuchte das Mädchen. »Leben und Tod sind Brüder.«
    »Was hast du gegen mich?« fragte Turjan. »Ich habe dir doch nichts getan und dich in keiner Weise beleidigt.«
    »Du bist schlecht wie alles Lebende.« Mühsam unterdrückte sie ihre Erregung. »Wäre die Macht mein, ich würde das ganze Universum zerschmettern und zertreten.«
    Verwundert lockerte Turjan seinen Griff. Fast gelang es ihr freizukommen. Er konnte sie gerade noch
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