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DIE STERBENDE ERDE

DIE STERBENDE ERDE

Titel: DIE STERBENDE ERDE
Autoren: Jack Vance
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verschiedenster Form schaffe. Dieses Mädchen T'sais ist meine Schöpfung, aber ich war unachtsam und übersah einen Fehler in der Synthese.
    Deshalb kletterte sie mit einem Gehirn aus dem Trog, das verdreht ist, und zwar so, daß alles, was wir als schön erachten, ihr abstoßend und grauenvoll erscheint, und was wir häßlich finden, für sie auf eine Weise ekelerregend ist, wie Ihr und ich es nie verstehen werden. Sie hält die Welt für einen schrecklichen Ort und die Menschen für schlecht und böse.«
    »Das also ist die Antwort«, murmelte Turjan. »Ein bedauernswertes Geschöpf!«
    »Jetzt«, meinte Pandelume, »müßt Ihr Euch aber sofort auf den Weg nach Kaiin machen, die Vorzeichen dafür sind günstig, öffnet nach einem kurzen Moment diese Tür, tretet in das Zimmer dahinter und bewegt Euch nach dem Muster der Runen auf dem Boden.«
    Turjan tat wie geheißen. Das nächste Zimmer war rund, mit einer hohen durchsichtigen Kuppeldecke, durch die das vielfarbige Licht hereinstrahlte. Als er auf den Runen stand, sprach Pandelume:
    »Schließt jetzt die Augen, denn ich muß das Gemach betreten und Euch berühren. Erneut warne ich Euch, versucht nicht, mich anzusehen!«
    Turjan preßte die Lider zusammen. Er hörte Schritte hinter sich. »Streckt Eure Hand aus«, befahl Pandelume. Turjan gehorchte. Etwas wurde ihm in die Finger gedrückt. »Ist Eure Mission durchgeführt, dann zerschmettert diesen Kristall, und Ihr werdet sofort hier in meinem Haus sein.« Eine kalte Hand legte sich auf Turjans Schulter.
    »Ihr werdet einen Augenblick schlafen«, sagte Pandelume.
    »Wenn Ihr erwacht, seid Ihr in der Stadt Kaiin.«
    Die Hand löste sich. Ein unbeschreibliches Gefühl erfaßte Turjan, während er auf seine Versetzung wartete. Die Luft war plötzlich so voller Geräusche: ein Klingeln und Bimmeln von vielen Glöckchen, laute Musik und unzählige Stimmen. Turjan runzelte die Stirn und spitzte die Lippen. Ein merkwürdiger Tumult für Pandelumes bisher so ruhiges Heim!
    Eine Frauenstimme klang von ganz nahe:
    »Schau, Santanil! Sieh dir diesen komischen Burschen an, der seine Augen der Fröhlichkeit verschließt!«
    Ein Mann lachte, doch dann flüsterte er: »Komm, der Kerl ist vielleicht von Sinnen und möglicherweise gar gewalttätig.
    Komm!«
    Turjan zögerte. Aber schließlich öffnete er die Augen. Es war Nacht in der von weißen Mauern umgebenden Stadt Kaiin und die Zeit des Karnevals. Orangefarbene Lampions schaukelten in der leichten Brise. Von den Balkonen baumelten Blumengirlanden und Käfige mit blauen Leuchtkäfern. Vom Wein erhitzte Menschenmassen schoben sich lärmend durch die Straßen, alle in den verschiedenartigsten, bizarren Kostümen. Hier gab sich ein Melanteiner Gondoliere dem Trubel hin, dort ein Soldat aus Valdarans Grüner Legion, da ein Krieger alter Zeit im Bronzehelm, dort hatte man Platz gemacht für eine Kurtisane der Kauchiqueküste, die sich zur Flötenmusik im Tanz der Vierzehn Bewegungen in Seide wiegte. Im Schatten eines Balkons umarmte ein Barbarenmädchen aus Ostalmery einen schwarz geschminkten Mann im Lederharnisch, der einen Deodanden des Waldes darstellen wollte. Fröhlich waren diese Leute der sterbenden Erde, von einer fieberigen Heiterkeit, denn die ewige Nacht war nah, da die rote Sonne zum letzten Mal aufflackern und erlöschen würde.
    Turjan mischte sich unter die Menge. In einer Schenke stärkte er sich mit Kuchen und Wein, dann erst machte er sich auf den Weg zum Palast Kandives, des Goldenen.
    Das prunkvolle Bauwerk ragte vor ihm auf. Jedes Fenster, jeder Balkon strahlten in festlichem Schein. Auch die hohen Herren der Stadt gaben sich betäubender Fröhlichkeit und wilden Orgien hin. Wenn Prinz Kandive dem Wein wie die anderen zugesprochen hat, dachte Turjan, dürfte meine Mission nicht allzu schwer durchzuführen sein. Doch wenn er einfach kühn den Palast betrat, mochte man ihn erkennen, denn er war ein angesehener Mann und hatte viele Bekannte in Kaiin. Also murmelte er den Zauberspruch für Phandaals Tarnmantel und war im nächsten Moment unsichtbar.
    Durch den leeren Bogengang schlich er in den großen Saal, wo die Herren von Kaiin wie das einfache Volk ihren lauten Vergnügungen nachgingen. Turjan bahnte sich einen Weg durch die prunkvollen Kostüme aus Samt, Seide und Satin und betrachtete amüsiert das Gebaren der Anwesenden. Auf der Terrasse blickte er zu einem künstlichen Teich hinunter, in dem ein gefangenes Deodandenpaar, mit einer Haut von öligem
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