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Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn

Titel: Die Steampunk-Chroniken - Aethergarn
Autoren: Stefan Holzhauer (Herausgeber)
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Emilio noch, sehe ich alles aus dem Blickfeld des Drachen. Dann war er im Inneren und die Klappe flog zu.
    Er wagte sofort den Blick nach oben. Der Schacht des Rohres ging senkrecht durch das Schiff, so konnte er gut das Ende erkennen, das sich zum Weltall öffnete. Dort hatte sich automatisch ein Folienzelt aufgespannt, als das Schiff den Druckabfall registriert hatte. Zwischen dem Ausgang und dem Boden zeichneten sich diverse Lichtkegel – überall dort, wo die beständigen Erschütterungen ein Loch in der Leitung verursacht hatten. Emilio machte sich an den Aufstieg; er musste nur die Verkleidung des Rohres loslassen und sich nach oben treiben lassen.
    Die ersten Risse hatte er schnell repariert. Sie maßen nur Millimeter und waren keine Hürde für das schnell wachsende Metall. Langsam aber begann ihn die allgegenwärtige Stimme des Schiffes aufzureiben. Durch jedes winzige Loch drangen die Klagen der Besatzung zu ihm. Ein Wispern aus Angst, Hilflosigkeit und Scham, der paar armen Seelen, die nichts an der Situation tun konnten, und doch gewohnt waren, alles im Griff zu haben. Einmal spähte er in ein dunkles Schlafgemach und sah den schluchzenden Körper eines Offiziers. Er hörte nichts. In diesen Stunden glich das Weinen der Stille des Alls.
     
    Auf Höhe des Oberdecks, an einem größeren Leck, sah er ihn: Iturbide. Es war tatsächlich die Kabine des Kapitäns. Iturbide selbst war im Gespräch mit einer anderen Hoheit, aber die Maske hinderte Emilio daran, alles zu verstehen.
    »Wir sind manövrierunfähig und zahlenmäßig in der Minderheit«, sagte eben die Hoheit, die nicht Iturbide war, aber dank der unsäglichen Perücke fast das gleiche Aussehen hatte. »Und die Spanier haben noch nicht einmal all ihre Waffen ausgepackt.«
    Die Antwort des Kommandanten konnte Emilio nicht ausmachen. Er sprach leise und sichtlich entspannt. Sofort nahm auch die Nervosität der anderen Hoheit ab, schien sich aber alsbald in Fatalismus zu wandeln: »Ich kann es versuchen. Aber alle Männer, die wir noch aufbringen können, sitzen zitternd in ihren Kojen. Sie werden die Schlacht nicht wenden.«
    Wieder sprach Iturbide, und wieder strahlte er ruhige Souveränität aus. Ermunternd klopfte er dem anderen auf die Schulter, und verließ in schwebenden Schritten den Raum. Die Hoheit, deren Maske aus Schminke bei näherer Betrachtung desolat wirkte, blieb allein zurück und murmelte: »Durchhalteparolen werden uns nicht retten!«
    Emilio arbeitete sich weiter durch den Schacht und war bald am oberen Ende angelangt. Hier hatte der kurzzeitige Druckausgleich, bevor die Folie aufgegangen war, immensen Schaden angerichtet. Der Aufsatz des Rohres auf der Schiffsoberfläche, der den Dampf richtete und das Segel antrieb, sah aus wie ein Wassertropfen, der genau in dem Moment, da er auf einen See traf, eingefroren worden war. Würde man jetzt die Weiche in Gang setzen, würde der Dampf sich über das gesamte Schiff verteilen und die wenige Bewegung, die durch die Trägheit noch vorhanden war, gänzlich abbremsen.
    Emilio betrachtete das zersplitterte Ende des Schachtes. Calani hieß in der Sprache der Nahua die Vibration des Metalls, die sowohl erschaffen als auch zerstören konnte. Als Drachenbändiger hatte er beides in seiner Macht. Er entfernte den zersprengten Kranz des Rohres und begann langsam damit, neue Struktur aufzubauen.
     
    Plötzlich wurde es hektisch um ihn. Überall bauschten sich Folien auf, Luken öffneten sich und Männer in kupferfarbenen Metallanzügen stampften zur Oberfläche. Kurz war ein Innehalten der Kampfhandlungen am Rande des Schiffes zu spüren. Nicht dass die Spanier die Verstärkung gefürchtet hätten. Das Signal aber, das die Acalli mit diesem Zug an ihre Männer gab, hatte genau den motivierenden Effekt, der gewünscht war, und verschob kurzzeitig das Kräfteverhältnis zugunsten der Mexikaner. Dann trat Iturbide auf.
    Nur durch die dünne Folie vor der Kälte des Alls geschützt, erschien er, wie ihn die Legende versprach: in edler Uniform, mit stolz gestrecktem Rücken, die Hände lässig hinter dem Körper verschränkt.
    Emilio stand genau zwischen ihm und der Truppe und versuchte so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen, als Iturbide bedächtig die Hand hob.
    »Dieser Kampf«, sprach er mit einer solch eindringlichen Stimme, dass Emilio kurz vergaß zu arbeiten. »hat nicht einmal richtig begonnen. Ihr steht Mann gegen Mann. Das heißt: ihr habt es in der Hand!«
    Emilio hatte an
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