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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
Autoren: Jochen Hellbeck
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das Kino »Stoßarbeiter« und eine Reihe kleinerer Klubs. Einige Schulen gab es, alle waren sie schön. Die Dserschinski-Schule, die Schule Nr. 3 war sehr gut, nicht groß, drei Stockwerke. Insgesamt gab es acht oder neun Schulen, neben den kleinen. In der »Barrikaden«-Siedlung gab es ein Haus der Kultur, in der Unteren Siedlung einen »Klub der Ingenieure und Techniker«, zwar nicht groß, aber ein netter Klub, ein eigener Park dabei, ein Sommertheater hatten sie. In der Fabrik »Roter Oktober« war auch ein Klub, und ein gutes Haus der Technik gab es da.
    Subanow (Chefingenieur im Energiekombinat Stalgres): Allgemein gesprochen sind Elektrizitätswerke ja das Zentrum der Industrie, ich würde sogar sagen, der Kultur einer Stadt. Davon, wie gut eine Stadt energetisch ausgestattet ist, wie gut sie elektrifiziert ist, wie sehr die Elektrifizierung in den Alltag, in die Kommunalwirtschaft eingedrungen ist, davon hängt ihre kulturelle Entwicklung ab, und auch wirtschaftlich ist sie entwickelter als Städte, die energetisch unzureichend ausgestattet sind. Das Kraftwerk ist für die Industrie etwa das, was das Herz für den Menschen ist. Hat das Herz einen bestimmten Pulsschlag, so besitzt das Kraftwerk ebenfalls einen. Dieser Puls misst sich in 50 Perioden pro Sekunde. Sobald der Puls auch nur einmal nicht schlägt, sobald er aussetzt, steht buchstäblich die ganze Tätigkeit der Stadt still – die Fabriken stehen still, es wird dunkel. Unter unseren Bedingungen, unter den Bedingungen der Gegenwart, ist das absolut ungewöhnlich. Die Theater, die Kinos zeigen nichts mehr. In Stalingrad war ein solches Herz das Stalingrader Bezirkskraftwerk.
    Pixin (Sekretär des Parteikomitees, Stadt Stalingrad): Stalingrad ist eine Industriestadt, wo es etwa zehn Betriebe von Unionsbedeutung gab, wie das Traktorenwerk, Nr. 211 (»Barrikaden«), »Roter Oktober«, Nr. 264 und eine Reihe anderer. Während des Krieges wurden nicht nur diese Betriebe, sondern auch alle anderen auf die Produktion von Munition und militärischer Ausrüstung umgestellt.
    Schukow (Werksleiter in der Fabrik »Roter Oktober«): Mit der Fabrik bin ich seit 1932 verwachsen. Hier bin ich groß geworden, habe als Fahrer begonnen, mich bis zum Werksleiter hochgearbeitet. Die Fabrik wuchs vor meinen Augen. […] Die Fabrik arbeitete, ich arbeitete, und ich wuchs mit der Fabrik. Die Parteiorganisation hat mich großgezogen. In der letzten Zeit hatten wir eine interessante Arbeit, die Produktion von BMs, »Katjuscha«-Lafetten. […] Die wichtigsten Materialien wurden bei uns mit Kraftwagen hertransportiert. Am ersten Kriegstag übergaben wir der Armee etwa 40 Fahrzeuge; von der militärischen Gebietsorganisation bekamen wir die Bewertung »Ausgezeichnet« für die abgelieferten Fahrzeuge, obwohl sie unter extrem schweren Bedingungen genutzt wurden.
    Das Werkskollektiv, 60 Personen, ging mit großem Eifer an die Herstellung der BMs heran. Später, als entschieden wurde, den Laster aus der Produktion zu nehmen, ließ das Kollektiv quasi den Kopf hängen: Sind wir etwa unwürdig, ihn weiter zu produzieren? Es hatte gutgetan, am vaterländischen Krieg teilzunehmen.
    Subanow (Chefingenieur im Energiekombinat Stalgres): Wenn es um die Zeit der Kampfhandlungen geht, so reichte die erste Etappe vom Kriegsbeginn bis zur Belagerung unserer Stadt. […] Wir bemühten uns, in den Rhythmus zu kommen, in dem das ganze Land atmete, das die Schläge der faschistischen Horden abwehrte. Der Krieg veränderte unsere Technologie einschneidend. Als die Deutschen das Donbass besetzten, saßen wir ohne Kohle da. Wir mussten einen anderen Brennstoff einsetzen, Masut. Das bereitete uns kein Kopfzerbrechen. Ohne jede Stockung, das heißt, wir spürten den Übergang nicht einmal, vollzogen wir in kürzester Zeit den Übergang von Kohle zu Masut. Monteure wie Meister Sergej Wassiljewitsch Iwlew und Spezialisten wie Mudrenko, Leiter des Kesselhauses, ermöglichten es, dass die Stadt den Übergang gar nicht wahrnahm und unser Kraftwerk den Verbraucher ohne Störung und ohne Stockung mit Elektroenergie aus dem neuen Brennstoff versorgte.
    Leutnant Simin (38. Schützenbrigade, ehemaliger Arbeiter der Fabrik »Barrikaden«): Die Fabriken arbeiteten mit voller Kraft, erprobten alle möglichen Geschütze auf Schießplätzen oder hievten sie mit Hilfe von Kränen direkt auf die Dächer, fuhren Panzer ein. Damals fühlten die Leute in den Arbeitersiedlungen sich voller Schwung. Sie gruben
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