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Die Stadt unter dem Eis

Die Stadt unter dem Eis

Titel: Die Stadt unter dem Eis
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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antwortete Mike. »Ich wusste nur nicht genau, was
Sie vorhatten.«
»Freu dich nicht zu früh«, sagte Trautman. »Wir sind hier
drinnen zwar halbwegs in Sicherheit, aber wir sind zugleich
auch gefangen.«
Vom Dorff regte sich stöhnend. Trautman legte rasch das
Gewehr beiseite und bedeutete Mike, ihm zu helfen.
Gemeinsam fesselten sie Vom Dorffs Arme und Beine an den
Stuhl, und sie waren kaum damit fertig, als der Deutsche die
Augen aufschlug. Mike hatte damit gerechnet, dass Vom Dorff
sich mit aller Kraft gegen seine Fesseln wehren oder sie
zumindest mit Beschimpfungen und Drohungen überschütten
würde, aber Vom Dorff saß einfach nur da und starrte Trautman
und ihn abwechselnd an. Es verging fast eine Minute, bis er das
Schweigen brach.
»Das war nicht besonders klug von Ihnen, Herr Trautman«,
sagte er.
Trautman ballte die linke Hand vor dem Gesicht zur Faust und
blickte nachdenklich auf seine Knöchel hinab.
»Möglicherweise«, gestand er. »Aber es hat verdammt gut
getan.«
»Mir nicht«, sagte Vom Dorff. »Und was haben Sie jetzt vor,
wenn ich fragen darf?«
»Sie dürfen«, antwortete Trautman. Er zog sich einen zweiten
Stuhl heran, setzte sich und begann sich am Kontrollpult zu
schaffen zu machen. Schon nach wenigen Augenblicken
erwachte ein Großteil der Bildschirme und Kontrollinstrumente
an den Wänden zum Leben. Überall auf den Pulten flackerten
Lämpchen und bewegten sich Zeiger über fremdartig
beschriftete Skalen und für einen kurzen Moment hatte Mike
das Gefühl, ein machtvolles Vibrieren zu spüren, das durch den
Boden unter ihren Füßen lief. »In einem Punkt haben Sie ja
offenbar die Wahrheit gesagt«, sagte Vom Dorff. »Sie kennen
sich mit diesen Geräten aus.«
»Besser, als Ihnen wahrscheinlich lieb ist«, grollte Trautman.
»Das nutzt Ihnen nichts«, beharrte Vom Dorff. »Sie kommen
hier nicht heraus. Und der Junge auch nicht.«
»Da wäre ich nicht so sicher«, sagte Trautman.
»Wenn Sie darauf spekulieren, dass meine Leute auf mich
Rücksicht nehmen, könnten Sie eine böse Überraschung
erleben«, sagte Vom Dorff. »Weder Berghoff noch Hansen
werden sich erpressen lassen. Und Ihr Sohn schon gar nicht.
Also, was zum Teufel glauben Sie mit dieser Wahnsinnsaktion
eigentlich erreichen zu können?«
»Ich gehe nur sicher, dass Sie auch Ihr Wort halten«, sagte
Trautman. »Mike, siehst du die beiden großen grünen Schalter
dort drüben? Drück sie nacheinander, wenn ich dir das Zeichen
gebe.«
Mike gehorchte, und kaum hatte er es getan, da begann der
Boden unter ihnen wieder zu vibrieren. Diesmal hörte
das
Zittern nicht wieder auf. Trautman nickte zufrieden und fuhr
fort, in rascher Folge Knöpfe zu drücken und Buchstaben- und
Zahlenkombinationen in Tastaturen zu hämmern. Eine
Alarmsirene begann zu heulen und verstummte mit einem
misstönenden Quietschen wieder, als Trautman ärgerlich auf
eine Taste schlug. Schließlich lehnte er sich in seinem Sessel
zurück und ließ einen langen, zufriedenen Seufzer hören.
»Was haben Sie getan?«, fragte Vom Dorff misstrauisch.
»Ich will versuchen, es einfach auszudrücken«,
antwortete
Trautman. »Diese ganze Stadt wird von einer Energiequelle der
gleichen Art gespeist, die es auch an Bord der NAUTILUS und
der WOTAN gibt. Es ist ein Reaktor, der dieselben Kräfte
freisetzt, wie sie zum Beispiel im Inneren der Sonne herrschen.
Können Sie mir noch folgen?«
Vom Dorff nickte. Er war sehr blass geworden.
»Sie können sich vorstellen, dass es nicht leicht ist, diese
Kräfte zu bändigen«, fuhr Trautman fort. »Und was passiert,
wenn sie außer Kontrolle geraten. Es gibt hochkomplizierte
Mechanismen, die sie unter Kontrolle halten. Ich habe diesen
Mechanismus gerade außer Kraft gesetzt.«
»Wie?« Vom Dorff riss entsetzt die Augen auf. »Was ... was
bedeutet das?«
»Wenn ich die Grafitstäbe nicht wieder hineinschiebe«,
antwortete Trautman lächelnd, »dann gibt es eine
Kernschmelze. In genau sechs Stunden. Das sagt Ihnen
wahrscheinlich nichts, aber Sie können sicher sein, dass im
Umkreis von zwanzig Kilometern hier kein Stein auf dem
anderen bleibt.«
»Das meinen Sie nicht ernst!«, keuchte Vom Dorff. Plötzlich
begann er doch wie verrückt an seinen Fesseln zu zerren. »Das
würde auch Ihren eigenen Tod bedeuten! Und den Mikes!«
»Nur, wenn ich es nicht stoppe«, erklärte Trautman. »Das ist
kein Problem. Ich muss nur ein paar ganz bestimmte Knöpfe
drücken. Leider fürchte ich, dass ich der Einzige bin, der genau
weiß,
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