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Die Stadt unter dem Eis

Die Stadt unter dem Eis

Titel: Die Stadt unter dem Eis
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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stand.
»Sie haben gewonnen, Vom Dorff«, sagte Trautman.
»Ich gebe auf. Ich kann nicht gegen meinen eigenen Sohn
kämpfen.«
»Und was genau soll das bedeuten?«, fragte Vom Dorff. Sein
Misstrauen war nicht zu übersehen.
»Ich werde Ihnen alles erzählen, was Sie wissen wollen«,
antwortete Trautman. »Alles, was ich selbst über die atlantische
Technik weiß.«
»Das hat Ihr Sohn bereits getan«, antwortete Vom Dorff, aber
Trautman machte nur eine abfällige Geste mit der gesunden
Hand.
»Sie glauben doch wohl nicht, dass ich ihm alles beigebracht
habe«, sagte er. »Ich habe ihm nie völlig getraut, und wenn Sie
sich mit ihm unterhalten haben, dann wissen Sie das auch. Wäre
es nicht so, würden Sie sich wahrscheinlich gar nicht mit mir
abgeben.«
Vom Dorff antwortete nicht darauf, aber sein Schweigen
schien Trautman auch Antwort genug zu sein, denn er fuhr nach
einigen Sekunden fort: »Ich kenne all diese Maschinen und
Apparate hier. Geben Sie mir eine Woche und ich erwecke
diese gesamte Anlage wieder zum Leben. Dann haben Sie eine
Festung, die alle Armeen der Welt zusammen nicht einnehmen
könnten.«
Wieder starrte Vom Dorff ihn lange und schweigend an. In
seinem Gesicht arbeitete es. Mike konnte regelrecht sehen, wie
sich die Gedanken hinter seiner Stirn jagten. Ihn selbst erfüllten
Trautmans Worte mit einer Mischung aus Entsetzen und
hysterischer Erleichterung, aber für Vom Dorff mussten sie eine
kolossale Verlockung darstellen.
»Ich würde Ihnen ja gerne glauben«, sagte er schließlich.
»Aber es fällt mir schwer, diesen plötzlichen Sinneswandel zu
akzeptieren. Warum sollte ich Ihnen glauben?«
»Weil ich eine Gegenleistung verlange«, sagte Trautman. Er
deutete auf Mike. »Sie werden ihn freilassen.
Ihn und die anderen, sollte es meinem Sohn tatsächlich
gelingen, die NAUTILUS zu kapern. Ihre Freiheit gegen mein
Wissen. Das ist mein Angebot. Ich werde nicht darüber
verhandeln.«
»Das klingt fair«, sagte Vom Dorff. »Aber ich kann es nicht
allein entscheiden. Und ich brauche einen Beweis, dass Sie es
auch wirklich ernst meinen.«
»Bringen Sie mich in die Schaltzentrale und ich zeige Ihnen
Dinge, von denen Sie bisher noch nicht einmal geträumt
haben«, sagte Trautman.
Vom Dorff schürzte die Lippen. »Für wie dumm halten Sie
mich, alter Mann? Sie glauben doch nicht wirklich, ich bringe
Sie ins Herz dieser Anlage und lasse Sie an allen möglichen
Knöpfen und Schaltern herumspielen –«
»Um was zu tun?«, unterbrach ihn Trautman. »Die ganze
Stadt in die Luft zu jagen? Kaum. Das würde auch unseren Tod
bedeuten. Nicht, dass ich noch so sehr an meinem Leben hänge.
Ich bin ein alter Mann, der seine letzten Jahre längst hinter sich
hat. Aber ich würde niemals Mikes Leben in Gefahr bringen.«
Das überzeugte Vom Dorff. Er zögerte zwar noch einmal ein
paar Sekunden, nickte aber dann und trat zwei Schritte von
Trautmans Bett zurück. »Also gut«, sagte er. »Sie bekommen
Ihre Chance. Aber tun Sie nichts Unüberlegtes. Wenn Sie
versuchen, mich reinzulegen, dann muss Ihr junger Freund hier
darunter leiden.«
    Es verging noch einmal fast eine Stunde, nachdem Vom Dorff
gegangen war, bis sie von zwei Soldaten abgeholt und in die
Schaltzentrale der atlantischen Festung gebracht wurden. Sie
befand sich in einem großen, würfelförmigen Gebäude
unmittelbar am Hafen, das zahlreiche Balkone und
Außentreppen hatte, und Mike bekam den Mund vor Staunen
gar nicht wieder zu, kaum dass sie es betraten.
    Von außen wirkte das Gebäude klotzig, aber sein Inneres
entpuppte sich als wahres technisches Labyrinth. Der Raum, in
den die Soldaten sie brachten, wirkte wie eine dutzendfach
vergrößerte und hundertfach kompliziertere Version des
Kommandopultes an Bord der NAUTILUS. Die Wände waren
mit Bildschirmen, Monitoren und tausend verschiedenen
Kontroll- und Messinstrumenten übersät und vor drei der vier
Wände standen verwirrende Kontrollpulte, deren bloßer
Anblick Mike schon fast schwindeln ließ.
    Vom Dorff saß in einem bequemen Ledersessel mit
übergroßer Lehne, stand aber bei ihrem Eintreten auf. »Nun,
Herr Trautman«, begann er. »Sie sehen, ich habe mein Wort
gehalten. Das hier ist das Herz dieser ganzen Stadt.«
    »Eher ihr Gehirn«, antwortete Trautman. Er trat langsam auf
Vom Dorff zu, blieb einen Schritt vor ihm stehen und ließ
seinen Blick nachdenklich über das komplizierte Durcheinander
von Instrumenten und Gerätschaften gleiten. Er runzelte die
Stirn. Mike fand, dass er ein
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