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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Zugehfrau hat ihn um halb sieben tot in seinem Haus aufgefunden. Du sollst sofort zum Tatort kommen. Hemmingen, am Sportfeld, eine kleine Stichstraße, die …“
    „Ich weiß, wo das ist“, unterbrach Verena ihn. Ihre Freundin wohnte nur zwei Straßen weiter.
    Ihr letzter Mordfall lag gerade erst drei Wochen zurück. Eine junge Frau war von ihrem Freund vergewaltigt und erdrosselt worden. Und ihr Schreibtisch war randvoll mit Routinefällen.
    „Wieso ausgerechnet ich?“, murrte sie. „Ich hatte den letzten Mordfall im LKA. Warum nicht Hirschmann oder meinetwegen der Leiter des MEK 1?“
    „Weil der Direktor es so entschieden hat. Also pronto, pronto, schöne Frau. Setz deinen knackigen Hintern in Bewegung!“ Er nannte Verena noch die Hausnummer, bevor er auflegte.
    Knackiger Hintern? Das war einmal, dachte Verena, bevor sie sich einer eiligen Katzenwäsche unterzog. Jeans und Pullover vom Vortag lagen noch auf dem Badezimmerstuhl, beides nicht mehr ganz sauber. Tote achten nicht auf den Dresscode, sagte sie sich. Hastig trank sie im Stehen ein viel zu kaltes Glas Orangensaft. Ihr Magen würde es ihr irgendwann heimzahlen. Auf dem Weg zu ihrem Auto, das sie in Ermangelung einer eigenen Garage auf der Straße geparkt hatte, aß sie ein trockenes Knäckebrot. Es schmeckte muffig. Verenas knallroter BMW Z3, ein Geschenk von Franz, fiel unter den anderen Fahrzeugen ins Auge. In der ersten Wut hatte sie ihn zurückgeben wollen. Jetzt freute sie sich, dass sie ihn behalten hatte.

2
H EMMINGEN
    Stopp-and-go auf dem Südschnellweg. Ein liegen gebliebener Lastwagen. Sie brauchte zu der angegebenen Adresse vor den Toren der niedersächsischen Landeshauptstadt länger als erwartet. Die schmale Straße war voller Autos: Polizeifahrzeuge, vor der Garage von Heises Haus eine schwarze Audi-Limousine mit dem Kennzeichen der Landesregierung, dahinter ein Übertragungswagen des Fernsehsenders Niedersachsen TV und mehrere Zivilfahrzeuge, vermutlich von Journalisten. Vergeblich suchte sie nach einer Parklücke und fuhr schließlich genervt ans Ende der Straße. Als Stellplatz musste der Wendeplatz herhalten.
    Draußen empfing sie eisig kalter Wind. Wann verdünnisierte sich das Sturmtief endlich? Vor der Absperrung des Hauses standen Menschen, die sie neugierig musterten. Bianca Fröhlich, Journalistin der
Allgemeinen Niedersachsenzeitung
stürzte auf sie zu. Die langen schwarzen Haare waren unter einen Wollmütze versteckt. Trotz des dicken Anoraks sah die junge Redakteurin verfroren aus. „Werden Sie die Ermittlungen leiten, Frau Hauser? Und stimmt es, dass Ministerialdirigent Heise erschossen wurde?“
    Verena Hauser war keine Unbekannte in der Landeshauptstadt, Bianca Fröhlich die rechte Hand von Max Hollmann, Redakteur für alles Politische in der Landeshauptstadt. Auch wenn sie an unterschiedlichen Fronten arbeiteten, respektierten die beiden Frauen einander. Jetzt war jedoch nicht der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch. Mit den Worten „jetzt nicht“ schlängelte sich die Polizeibeamtin an der Journalistin vorbei.
    Zwei missmutig aussehende Polizisten, der Ältere mit Schniefnase und entzündeten Augen, bewachten die Eingangstür des unscheinbaren Bungalows, der einen neuen Anstrich nötig hatte. Der Erkältete erkannte sie und grüßte ehrerbietig. Im Hause war lange nicht gelüftet worden. Stollmann war in ein Gespräch mit einem distinguiert wirkenden weißhaarigen Herrn vertieft. Der Mann war riesig, ihr ein Meter dreiundachtzig langer Kollege musste zu ihm aufschauen. Als er Verena bemerkte, verdrehte er die Augen. Seine Art, ihr zu bedeuten, dass ihm sein Gegenüber „gewaltig auf den Keks ging“, wie Stolli sich bei solchen Gelegenheiten auszudrücken beliebte. Der Riese mit den schlohweißen Haaren stellte sich als Staatssekretär Haders und Leiter der niedersächsischen Staatskanzlei vor. Sein Händedruck war feucht und lasch.
    „Die Leute von der KOST sind schon da, sogar Inga höchstpersönlich“, sagte Stollmann an Verena gerichtet und zeigte in das Zimmer am Ende des Flurs. Die Leiterin der KOST, Inga Schulz, war neben Verena die einzige weibliche Führungskraft in der Behörde. Sie konnten gut miteinander. Auch wenn sie nicht immer einer Meinung waren. Ihr Kollege machte sich nicht die Mühe, dem Staatssekretär zu erklären, dass KOST die Abkürzung für die Koordinierungsstelle Kriminaltechnik des LKA war. Das war typisch für Stolli. Ranghöheren Beamten zeigte er gerne die kalte Schulter.
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