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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Seine Sympathien galten den Menschen, die das Glück nicht gepachtet hatten und auf der Karriereleiter am unteren Ende standen. Sein Einsatz für Benachteiligte hatte ihm manches Mal Ärger mit der vorgesetzten Dienststelle eingebracht.
    Inga, die über der Leiche hockte, war nicht erfreut, sie zu sehen. Ihre Stimme klang gereizt. „Komm ja nicht zu nahe, Verena, wir haben gerade erst angefangen.“
    Auf dem Parkettboden lag in einer Blutlache ein stattlicher Mann um die fünfzig. Das volle dunkle Haar war akkurat geschnitten, die Gesichtshaut trotz der Blutleere gebräunt. Die schwarzen Augen waren weit geöffnet. Angst, Panik, Entsetzen? Die Leichenstarre war bereits eingetreten. Im Nähertreten bemühte sich Verena, den unangenehmen Geruch zu ignorieren. Vermutlich ohnehin nur Einbildung. Für sie rochen alle Leichen ekelig, selbst wenn es noch nichts zu riechen gab.
    „Muench nicht hier?“, erkundigte sie sich nach dem Gerichtsmediziner.
    Inga schaute genervt zu ihr hoch.
    „Der ist schon wieder weg. Er war, wie immer, die Hektik in Person. Sobald wir fertig sind, bekommt er unseren Kunden, um ihn auf Herz und Nieren zu überprüfen. Die Todesursache steht bereits fest. Muench meinte, der Täter hätte sich die zweite Kugel sparen können. Die erste ist in die rechte Herzkammer eingedrungen und hat vermutlich zum sofortigen Tod geführt. Die Projektile konnten wir sicherstellen. Der Mord muss irgendwann gestern Abend passiert sein.“
    „Die Frau, die ihn gefunden hat. Was ist mit der? Kann ich mit ihr reden?“
    „Heises Putze? Die war nicht ansprechbar. Der Notarzt hat sie ins Friederikenstift mitgenommen, vermutlich ein Trauma. Vor morgen kriegst du aus der nichts raus, wenn überhaupt.“
    „Mann, pass doch auf!“, herrschte sie ihren Mitarbeiter an, der Spuren sicherstellte und sie versehentlich geschubst hatte. Verena musste es ausbaden. „Besser, du verziehst dich“, wurde sie unwirsch aufgefordert. „Du stehst hier nur im Weg. Den Staatssekretär habe ich auch schon rausgeschmissen. Er wollte sich aufspielen. Aber nicht mit mir.“
    Ihre Kollegin war nicht nur tüchtig, sondern auch resolut. Beides trug nicht zu ihrer Beliebtheit in der männlichen Kollegenschaft bei. Auch das schweißte sie zusammen. Sie waren beide Außenseiter. Verena warf einen letzten Blick auf den Toten. Er sah nicht wie ein Ministerialbeamter aus, eher wie ein in die Jahre gekommener Fitnesstrainer.
    Der Staatssekretär war verschwunden, Stollmann redete in sein Handy. Nichts Angenehmes, wie Verena den Wortfetzen entnahm. Offenbar ging es mal wieder um seine Scheidung. Ein düsteres Kapitel im Leben ihres Kollegen. Nachdem er das Telefonat beendet hatte, wandte er sich Verena zu. „Ätzend, die raffgierige Anwältin meiner Ex. Ganz zu schweigen von dem blasierten Staatssekretär. Ich frag mich immer wieder, wie solche Typen es schaffen, Spitzenpositionen zu ergattern. Stell die vor: B 9! Er verdient doppelt so viel wie wir.“
    „Wenn du auf Geld und Karriere scharf bist, hättest du beizeiten in eine Partei eintreten sollen. Aber das hätte dir auch nicht gepasst. Du pochst doch bei jeder Gelegenheit auf deine Eigenständigkeit. Was wollte der Staatssekretär überhaupt hier?“
    „Sich wichtig tun, von der Journaille wahrgenommen werden. Was weiß ich. Sag, Verena, nimmst du mich mit deinem schnittigen Schlitten mit? Die MEK-Leute bleiben noch. Sie wollen sich in der Nachbarschaft umhören. Vielleicht hat jemand den Schuss gehört.“
    „Ja, klar. Im Moment können wir hier nichts beschicken. Du kennst ja Inga. Sie fühlt sich behindert, wenn sich jemand, der nicht der Spusi angehört, der Leiche auf zwanzig Meter nähert.“
    Stollmann war schlecht drauf. Während der Fahrt ins Präsidium schimpfte er. Dass er bei seiner Suche nach Süßigkeiten in ihrem Handschuhfach nicht fündig wurde, erhöhte seinen Ärger. „Ich bin vom Pech verfolgt. Erst ein Anruf der beknackten Anwältin meiner Ex, dann der eitle Fatzke von Staatssekretär. Vermutlich steht als Nächstes der Innenminister auf der Matte.“
    Abfällige Bemerkungen über Politiker folgten. Verena hörte nur mit halbem Ohr zu. Wenn Stollmann sich in Rage redete, unterbrach man ihn besser nicht. Das forderte seinen Widerspruch heraus und verlängerte die ihr hinlänglich bekannten Tiraden. Auch wenn er in vielem recht hatte, es galt einen Mord aufzuklären. Das musste jetzt im Vordergrund stehen. In Gedanken entwickelte sie ihre Strategie für die nächsten
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