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Die Spur des Dschingis-Khan

Titel: Die Spur des Dschingis-Khan
Autoren: Hans Dominik
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Ratsstuben gehalten. Nur der Funkschreiber, der auf einem Tischchen an der Wand stand und unablässig Depeschen aus aller Welt auswarf, verriet, daß man sich im 20. Jahrhundert befand.
    Wellington Fox sprang auf und trat an den Apparat heran.
    »Höre mal, Georg, was die Wun-Fang-Ti-Agentur meldet …«
    Georg Isenbrandt machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Laß, Fox! Sie lügen wie gedruckt.«
    »Die Agentur meldet: Peking, den 7. April. Die erleuchtete Güte wandelt auf dem Wege der Genesung. Der wachsende Mond wird Seiner Himmlischen Majestät die volle Kraft zurückbringen …«
    Georg Isenbrandt zuckte mit den Achseln.
    »Mit allen ihren Lügen können sie das Leben des KubelaiKhan um keine Minute verlängern. Wenn kein Wunder geschieht, stirbt der Kaiser in wenigen Tagen an der Kugel, die Wang Tschung auf ihn abfeuerte.«
    »Ja, zum Teufel, warum lügen die Kerle so gräßlich?«
    Ein sarkastisches Lächeln ging über die Züge Isenbrandts.
    »Fox, du müßtest den Braten doch riechen. Kubelai-Khan, der als Kaiser Schitsu den Thron des Gelben Riesenreiches bestieg, hat nur einen unmündigen Sohn. Die Kugel des Republikaners, die ihn niederwarf, bedroht den Weiterbestand der neuen mongolischen Dynastie. Die ganze Lebensarbeit des Kubelai-Khan ist umsonst gewesen, wenn es nicht gelingt, in Peking eine starke Regentschaft einzusetzen, bevor der Tod des Kaisers öffentlich bekannt wird. Darum glaube ich, Fox, wir werden Bulletins der bisherigen Tonart noch lange zu lesen bekommen.«
    Wellington Fox saß wieder am Tisch und stützte den Kopf in die Hand.
    »Ich glaube, du hast recht, Georg.«
    Wellington Fox nahm einen tiefen Zug aus seinem Glase.
    »Weißt du auch, daß derselbe Mann, der in Berlin sprengte und deine Pläne stahl, heute den Überfall auf das Postschiff inszenieren ließ, in dem man dich vermutete?«
    »Meinst du diesen Collin Cameron?«
    »Den meine ich, Georg! Hüte dich vor Collin Cameron!«
    *

Am Nordufer des Kisil, dort, wo er bei Kaschgar dem Yarkand zuströmt, lag die Villa Witthusen. Rings um das ganze Gebäude zog sich, von dem flachen Dach mit überdeckt, eine breite Veranda. Das Innere des Hauses enthielt große und luftige Räume.
    Hier saß Theodor Witthusen, der Chef des großen Handelshauses Witthusen & Co, im Gespräch mit Mr. Collin Cameron, dem Vertreter der angesehenen amerikanischen Firma Uphart Brothers. Ein beträchtlicher Teil des Handels, der über Kaschgar nach Westen geht, lag in den Händen dieser beiden Firmen. Das russische Haus Witthusen & Co. importierte Häute und Teppiche, während das Haus Uphart Brothers mit Tee und Seide handelte. Collin Cameron war soeben von seiner Europareise zurückgekommen und hatte die erste Gelegenheit wahrgenommen, den Chef des befreundeten Hauses aufzusuchen.
    Theodor Witthusen strich sich über den langen, leicht ergrauten Vollbart. Seine Züge verrieten Besorgnis.
    »Wir sitzen hier in der Wetterecke, Mr. Cameron. Das politische Barometer ist gefallen und fällt noch weiter. Ich merke es an meinem Hauptbuch. Haben Sie Bestellungen aus dem Westen mitgebracht?«
    Collin Cameron schlug sich auf die rechte Brusttasche.
    »Gewiß, mein lieber Witthusen. Eine ganze Tasche voll. Die Nachfrage war sehr stark.«
    Theodor Witthusen schüttelte den Kopf.
    »Ich habe seit Wochen keine Bestellungen mehr. Man traut dem Frieden nicht. Die Auftraggeber halten zurück …«
    »Sie sehen unnötig schwarz. Es gab eine Krise, ich will es zugeben. Kurz nach dem Attentat auf den Kaiser. Die Gefahr ist überwunden. Ich habe zuverlässige Nachrichten. Die Kugel ist entfernt. Das Befinden des Schitsu bessert sich von Tag zu Tag. Wir haben nichts mehr zu fürchten …«
    Theodor Witthusen war der Rede Collin Camerons mit wachsender Aufmerksamkeit gefolgt.
    »Ich weiß, Sie haben gute Verbindungen. Wenn Sie es sagen, glaube ich es. Ich hatte schon den Plan erwogen, Kaschgar zu verlassen und nach Rußland hinüberzugehen. Weg von hier nach Andischan … oder sonst irgendwohin ins Ferghanatal.«
    »Sie weg von hier? … Und Ihre Lager? … Millionenwerte … Das dürfen Sie nicht … Schon Ihrer Tochter wegen nicht, der Sie das Vermögen erhalten müssen …«
    »Gerade meiner Tochter wegen, Mr. Cameron. Ich bin ein alter Mann, und wenn man mich hier totschlägt, so … aber um meine Tochter bin ich in Sorge. Sie ist von Riga nach hierher unterwegs. Ich möchte sie heute noch warnen, ihr telephonieren, daß sie auf russischem Gebiet bleibt. Maria Feodorowna
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