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Die Spur der Woelfin

Die Spur der Woelfin

Titel: Die Spur der Woelfin
Autoren: Sarah Baines
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der Bibliothek der Uni räumte. Beinahe den gesamten Tag
hatte sie hier gesessen und an ihrer Semesterarbeit gefeilt. Noch war es zwar
längst nicht eilig, immerhin hatten die Ferien erst begonnen und sie hätte noch
fast zwei Monate, bis sie die Arbeit würde einreichen müssen, doch sie wollte
noch ein wenig ihre freie Zeit genießen und hatte sich so alle Arbeit in die
ersten Wochen der Ferien gelegt. Ganz entgegen vieler ihrer Kommilitonen, die
zumeist erst auf den letzten Drücker zu arbeiten begannen. Gut, die waren auch
nicht so sehr von ihren Noten abhängig wie sie. Immerhin wa-
    ren sie gebürtige Amerikaner und
mussten nicht mit ihrem Notenspiegel jedes Semester die Verlängerung ihrer
Aufenthaltsgenehmigung beantragen.
    Wie sie es Patrick Tremaine vor einer Woche gesagt hatte, die Bürokratie
und Bestimmungen verschiedener Nationen konnten einen wahnsinnig machen. Gerade
im Moment spürte sie aus dieser Richtung mehr als nur genug Druck. Bis ihre
neuen Papiere einträfen, fuhr sie mit vorläufigen Schriftstücken durch die
Gegend, die ihre Nationalität und alles Weitere auswiesen. Nicht nur, dass die
Deutschen peinlichst genau auf sämtliche ihrer bürokratischen Vorschriften
achteten, nein, die Amerikaner taten ebenfalls alles in ihrer Macht Stehende,
um ihr den Aufenthalt hier so kompliziert wie möglich zu gestalten. Es konnte
wirklich zum Verzweifeln sein, überlegte sie, während sie den breiten Jeep
langsam die Auffahrt hinaufrollen ließ.
    Die Erinnerung an den Tag vor einer Woche, als man ihr die Handtasche
gestohlen hatte, ließ sie in der Dunkelheit schmunzeln. Tremaine hatte ihr den
Kopf verdreht. Noch nie war ihr so etwas passiert. Für gewöhnlich brauchte sie
eine halbe Ewigkeit, um zumindest einigermaßen Vertrauen zu anderen Menschen,
insbesondere Männern, zu fassen. Aber Tremaine hatte ihr bewiesen, dass es auch
anders ging. Kindischerweise hatte sie darauf gehofft, dass er sie anrufen
würde, immerhin hatte er die Nummer ihrer Arbeitgeber, bei denen sie ein Zimmer
besaß, in der Liste seines Handys gehabt. Aber nach einer Woche konnte sie wohl
getrost davon ausgehen, dass er sich nicht mehr melden würde. Schade. Zumindest
hätte sie nichts dagegen gehabt.
    Allerdings war es auch verständlich. Sie schätzte ihn auf ungefähr
Anfang/Mitte dreißig, was zum Teufel sollte er mit einer 21-jährigen Studentin
anfangen? Doch trotz ihrer logischen Argumente kam sie nicht dagegen an, so
etwas wie Wehmut zu verspüren. Gefühle ließen sich nun mal nicht rational
wegdiskutieren. Aber sie würden irgendwann abflauen, beruhigte sie sich,
während sie den Wagen unter den Carport fuhr und den Motor abstellte.
    Mit Rucksack und Notebooktasche behängt, mar schierte sie von
der Seite des Hauses über den Kiesweg zur Haustür. Gedanklich noch vollkommen mit
ihrer Se mesterarbeit beschäftigt, suchte sie nach dem
Schlüssel für die Haustür und achtete gar nicht weiter auf
ihre Um gebung. Zwar sah sie, dass im Wohnzimmer noch Licht brannte, obwohl
June und Peter heute eigentlich zu einer Gala eingeladen waren und die Kinder übers
Wochenende bei den Großeltern waren, kümmerte sich aber nicht son derlich darum.
Vermutlich hatten die beiden es schlicht vergessen auszumachen, als sie
aufgebrochen waren.
    Irritiert war sie erst, als sie den Schlüssel ins Schloss schob und die
Tür sich als unverschlossen erwies. Das war seltsam. Dass Licht brannte und
niemand da war, war keine Seltenheit, June war recht vergesslich, daran hatte
sie sich also gewöhnt. Aber dass sie vergaßen, die Tür zu verschließen, war
eigentlich nicht die Art der beiden. Die D'Abots waren eine sehr wohlhabende
Familie, zu wohlhabend, um sich nicht darum zu sorgen, dass ihr Besitz
einigermaßen gesichert zurückgelassen wurde. War die Haustür unverschlossen,
konnte auch die Alarmanlage nicht scharf sein, eine grobe Fahrlässigkeit, wenn
man die vielen teuren Kunstgegenstände bedachte, welche die beiden sammelten.
    Wie üblich für diese Gegend, waren die Fenster den ganzen Tag über fest
verschlossen, um so die feuchte Hitze auszusperren. Und niemand hatte sich
augenscheinlich bisher die Mühe gemacht, auch nur kurz zu lüften, weshalb ihr
der Geruch sofort in die Nase stieg. Süßlich und leicht metallisch lastete er
in der gesamten unteren Etage, und Laura blieb wie angewurzelt stehen.
    Blut! Kalte Angst kroch ihr den Rücken hinauf, während sie langsam durch
den unbeleuchteten Eingangsbereich Richtung Wohnzimmer ging. Sie
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