Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spur der Woelfin

Die Spur der Woelfin

Titel: Die Spur der Woelfin
Autoren: Sarah Baines
Vom Netzwerk:
dachte nicht
eine Sekunde nach, während sie zu der halb offen stehenden Tür ging und sie
schließlich mit der Spitze ihres Schuhs aufstieß. Und sie verschwendete auch
keinen Gedanken an ihr neues Handy, das sicher in ihrem Rucksack lag.
    June und Peter waren nicht mehr zu ihrer Gala gekom men. Das war das
Erste, was ihr einfiel, als sie von der Tür aus ins
Wohnzimmer spähte. Noch nie hatte sie den Tatort eines Mordes gesehen, und sie
musste sich ein hysterisches Auflachen verbeißen, als sie die vielen
Blutspritzer sah, welche die teure Seidentapete ruinierten. So viel Blut. Eine
Filmrequisite hätte es nicht besser inszenieren können.
    Es lief keine dramatische Filmmusik, keine kalte Beleuchtung, nur der
sanfte Schein der Stehlampe bei der Anrichte und die Tischlampe, die
ursprünglich neben dem Sofa auf dem Beistelltisch gestanden hatte, nun aber auf
dem Fußboden lag, den Tiffanyschirm zerbrochen zu Füßen, beleuchteten die
Szenerie. Gern hätte Laura sich von dem Anblick abgewandt, aber sie begriff erst,
dass sie nicht mal mehr in der Lage war, Luft zu holen, als die Atemnot das
Bild vor ihren Augen verschwimmen ließ.
    June und Peter waren tot. Und was immer sie umgebracht hatte, es hatte
seine Freude daran gehabt.
    Selbst von ihrem Platz aus konnte keinerlei Zweifel darüber bestehen,
dass ihre Arbeitgeber von keinem Arzt der Welt mehr würden zurückgeholt werden
können. Sie waren regelrecht zerfetzt worden. Bittere Galle stieg ihr in den
Mund, während sie es noch immer nicht schaffte, sich von den verdrehten Körpern
abzuwenden. Peter lag halb auf dem Sofa, und Laura schluckte, als sie die
merkwürdig verdrehte Position seines Kopfes sah. Der einst beigefarbene
Brokatbezug des Möbels war unter seinem Kopf rot verfärbt. Rot von der
klaffenden Wunde, die sich quer
    über Hals und Schulter zog. Und kurz schloss sie die Augen, als ihre
Blicke weiter glitten und noch den oberen Teil seines Rückens sehen konnten.
Etwas hatte ihm den Rücken regelrecht aufgerissen, und die Übelkeit drängte mit
Macht ihre Kehle hoch, als sie knapp das Weiß der Wirbelsäule in dem Gewirr aus
Muskeln, Haut und Hemd erkennen konnte.
    Laura hatte sich nie für einen Gaffer gehalten, aber sie konnte einfach
nicht wegsehen. Wie von selbst glitt ihr Blick zu der Leiche ihrer ehemaligen
Arbeitgeberin. Und der Schock entrang ihr ein leises Wimmern. Sie musste noch
lange gelebt haben. Zumindest besagte das die lange blutrote Kriechspur, die
sie von der Anrichte auf ihrem Weg zum Fenster hinterlassen hatte. June DAbot
hatte versucht zu entkommen. Jetzt lag sie, den rechten Arm Richtung Fenster
ausgestreckt, die Finger zu Klauen verkrümmt, in einer dunklen Lache ihres
eigenen Blutes, das noch immer in dünnen Rinnsalen aus dem Teil ihres
Oberschenkels floss, an dem man ihr ein großes Stück herausgebissen hatte.
    Gebissen? Schockiert über ihre eigene Erkenntnis, dass dies das Werk
eines Tieres gewesen sein musste, taumelte sie ein paar Schritte zurück in den
Eingangsbereich. Doch auch wenn sie nun keinen direkten Einblick mehr ins
Wohnzimmer hatte, hatten sich doch die Bilder in ihr Gedächtnis gebrannt. So
viel Blut. Auf dem Teppich, an den Wänden, an den Möbeln ... Laura würgte,
als die Erinnerung sich vor ihr geistiges Auge schob.
    Man spürte es, wenn man beobachtet wurde. Und gerade im Moment kribbelte
ihr Rücken, als wolle er ihr sagen: Vorsicht! Gefahr! Und Laura, noch
immer kreidebleich, wirbelte auf dem Absatz herum, als ein Knurren in ihrem
Rücken erklang.
    Im ersten Moment glaubte sie, eine
Wahnvorstellung in der offen stehenden Haustür zu sehen. Groß und sehnig
    hob sich das Tier dunkel von der einfallenden Außenbeleuchtung ab, und
Laura war schlicht zu schockiert, als dass sie sich hätte bewegen können.
    Ihr Vater hatte vor Jahren aus Polen einen Wolfshund mitgebracht. Ein
halbwüchsiges, verlaustes Ding, das sich innerhalb weniger Monate zu einem
großen, zotteligen Urvieh ausgewachsen hatte. Und sie war nicht dumm genug, um
einen Wolf nicht zu erkennen, wenn sie einem begegnete. Auch wenn es in dieser
Gegend eigentlich keine Wölfe gab.
    »Großer Gott!«, entfuhr es ihr heiser, und sie
konnte dennoch nicht zurückweichen, als das Tier plötzlich zum Sprung ansetzte.
Wie in Zeitlupe konnte sie sehen, wie es die Zähne fletschte, und ihr Herz
setzte für einen Moment aus, als es plötzlich auf sie zujagte.
    »Vince!«
    Der scharfe Befehl kam von der Tür her. Und obwohl er nicht ihr galt,
zuckte sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher