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Die Spur der Woelfin

Die Spur der Woelfin

Titel: Die Spur der Woelfin
Autoren: Sarah Baines
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anderen an ihrer ureigensten Natur. Die Frage bestand darin, ob Laura
genauso würde leben können. Könnte Laura töten, um ihr eigenes Leben, ihr
unerkanntes Leben unter Menschen zu schützen? Gesche bezweifelte das. Laura
    war nicht der Typ dafür. Laura mochte vielleicht aufbrausend sein, aber
sie war nicht aggressiv. Vielleicht hatte das ihre Wandlung geändert,
vielleicht schaffte sie es, ihre menschliche Erziehung hinter sich zu lassen,
wie auch die anderen Gebissenen es bisher getan hatten. Aber das
    würde nur die Zeit zeigen können.
    Vielleicht war der November in Deutschland nicht unbedingt die beste
Zeit für eine Hochzeit, aber in New Orleans dafür umso mehr. Die Regenzeit war
endgültig vorbei und hatte die schlimmste Hitze mit sich genommen. Eigentlich
herrschten nun sehr angenehme Temperaturen, bei denen Frauen nicht fürchten
mussten, dass ihnen schlicht ihr Make-up verlief. Und der Tag, den Patrick und
Laura gewählt hatten, war ein Tag mit warmem Sonnenschein unter einem
hellblauen Himmel, an dem nicht eine einzige Wolke zu finden war. Vielleicht
ein wenig zu kühl .für ihr Kleid, aber das machte nichts. So etwas wie Grippe
würde Laura nie wieder in ihrem Leben bekommen.
    Den ganzen Vormittag hatte Laura Patrick nicht zu Gesicht bekommen. Die
Trauung sollte um sechzehn Uhr stattfinden, und vorher musste sie noch zum
Friseur und zur Visagistin. Ihre Nägel ... Sie hatte schlichtweg keine Zeit,
und als sie dann kurz im Haus vorbeischneite, war er nicht da. Dafür aber
Gesche, die sie auch gleich wieder aufscheuchte. In einer Stunde wäre bereits
die Trauung, und sie musste sich noch umziehen. Patrick hatte darauf bestanden,
dass er ihr Kleid erst bei der Hochzeit zu sehen bekam. Laura fand das zwar
unnötig, hatte sich aber dann daran gehalten und das Kleid so lange bei Daniel
gelassen. Und sie würde sich in der Kirche umziehen müssen, wenn sie nicht
wollte, dass er es doch noch vorher an ihr sah.
    Beinahe schon ehrfürchtig strich sie mit den Fingerspitzen über den
schlichten champagnerfarbenen Satin. In einer halben Stunde war es bereits so
weit. Großer Gott, sie war doch erst einundzwanzig, schoss es ihr durch den
Kopf, und sie lächelte schwach. Mädchen, du bekommst gerade kalte Füße. Und ihr Grinsen wurde breiter, als Gesche hereinplatzte und ihr das Gleiche
sagte.
    »Du wirst das hier nicht absagen, meine Liebe«, meinte sie zu ihr,
während Laura sich umständlich die Kleider abstreifte. »Patrick ist ein
absoluter Glückstreffer, wenn du dir den durch die Lappen gehen lässt, leg ich
dich höchstpersönlich übers Knie.« Trotz des schlechten Starts, den Gesche mit
Patrick gehabt hatte, waren die beiden sich näher gekommen. Und auch wenn man
Gesche immer wieder ihre instinktive Angst anmerken konnte, sobald einer der
Männer im Raum war, schaffte sie es doch, sich zusammenzureißen .
    »Aber ich bin doch noch viel zu jung«, stieß Laura zweifelnd hervor und
hörte ihre Freundin schnauben.
    »Ist das dein einziger Einwand? Ganz schön schwach, wenn ich das mal
sagen darf. Ich glaube nicht, dass Patrick den gelten lässt.«
    Und Laura lachte und griff endlich nach dem Kleid.
    Gesche stand neben Vince etwas abseits von der Stelle am Altar, an dem
Patrick auf seine Braut wartete. Und als diese endlich von Kenneth geführt
durch das Mittelschiff auf sie zukam, hielt selbst Gesche, die das Kleid
bereits an ihrer Freundin gesehen hatte, die Luft an. Laura gab eine
wundervolle Braut ab, und die schüchterne Unsicherheit in ihrem Blick, als sie
auf Patrick sah, stand ihr ganz ausgezeichnet. Eine Bilderbuchbraut in einem
Nicht-Bilderbuchkleid.
    Für ein Hochzeitskleid war es eigentlich schlicht. Und es war nicht mal
weiß. Das Oberkleid war schlichter champagnerfarbener Satin, und über ihrer
linken Brust zeigte sich keilförmig das Bordeauxrot des Unterkleides. Aus
Strasssteinen war ein Blumenornament darauf gestickt, das sich auf dem an der
linken Hüfte aufgehenden roten Keilstück des Rockes größer wiederholte. Keine
Rüschen, kein Reifrock, nur die Strassornamente auf bordeauxrotem Grund und
eine kleine champagnerfarbene Schleppe, die federleicht über den Boden strich.
    Lauras Augen strahlten, als sie Patrick erreichte, und als Gesche kurz
zu Vince sah, konnte sie bei ihm ein kleines Heben der Mundwinkel verzeichnen. Selbst
er wirkte nun durchaus mit der Hochzeit einverstanden.
    Eigentlich war Gesche nicht sonderlich sentimental. Die Umstände ihres
Lebens ließen das nicht zu,
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