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Die Spur der Kinder

Titel: Die Spur der Kinder
Autoren: Hanna Winter
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erzählte sie mit einer gleichgültigen Handbewegung und hoffte, er würde nicht weiter darauf eingehen.
    Piet Karstens nickte ungläubig, und für einen Moment spannte ein unbestimmtes Gefühl die Luft zwischen ihnen.
    »Gibt’s eigentlich schon was Neues wegen des vermisstenJungen?«, wechselte Fiona das Thema und bemerkte erst im Nachhinein, wie absurd ihre Frage war. Karstens würde im Buchladen wohl kaum über den Stand der Ermittlungen plaudern.
    »Nicht wirklich«, gab er zurück.
    »Ja, sicher, natürlich. Entschuldigen Sie«, sagte sie schnell.
    Karstens blickte sie mitfühlend an. »Ich hoffe, dass dieser Fall nicht eintrifft, aber falls wieder ein Kind entführt werden sollte, verspreche ich Ihnen hiermit hoch und heilig, dass Sie’s als Erste von mir erfahren.«
    Fiona glaubte ihm kein Wort, lächelte aber trotzdem.
    In diesem Augenblick kam ein junger Mann mit pockennarbigem Gesicht auf Karstens zu. »Die Romane, die Sie gesucht haben, stehen bei uns im ersten Stock«, erklärte er und reichte dem Kommissar einen Stoß Bücher. »Das ist zurzeit alles, was wir von … äh …«, er sah auf die Bücher, »… von Fiona Seeberg dahaben. Die anderen kann ich Ihnen aber gerne bestellen.«
    Sieh einer an. Fiona sah, wie Karstens errötete.
    »Äh, ja, nein, danke, die sollten reichen«, meinte er und grinste Fiona ertappt an. »Die Romane von dieser Seeberg sollen ja ziemlich gut sein, nicht wahr?«
    Irritiert zog Fiona einen Mundwinkel hoch. Wenn sie sich recht erinnerte, hatte Karstens ihr vormals erzählt,alle ihre Romane gelesen zu haben. Entweder war das eine Lüge gewesen, oder er liest sie aus irgendeinem Grund noch einmal, dachte Fiona. Beides hinterließ einen schalen Beigeschmack, da Fiona nicht so recht wusste, was sie davon halten sollte. Vertraute er ihr nicht?
    Als sich der junge Angestellte wieder entfernt hatte, brachte Fiona nicht mehr als ein unverbindliches »Tja, dann bis irgendwann« heraus.
    Karstens nickte und warf mit erhobenen Augenbrauen einen letzten Blick auf die Bücher, die Fiona noch immer umklammert hielt.
    »Ja«, sagte er, »also, ich geh dann mal, sieht wohl ganz danach aus, als haben Sie da noch einiges vor sich.«
    Fiona rang sich ein Lächeln ab. »Und Sie wohl auch«, gab sie zurück und tippte auf seine Bücher. Und für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie dabei beiläufig seine Hand berührt. Nur ganz leicht. Ganz zufällig, zumindest redete sie sich das ein, während Piet Karstens bereits auf die Rolltreppen zusteuerte, sich mit den Worten »Wenn noch was sein sollte« aber noch einmal zu Fiona umwandte .
    »Sei es …«, er senkte die Stimme, »sei es wegen der Kinder oder sonst irgendwas. Sie haben ja meine Karte.«
    »Okay.« Fiona verbarg ein Lächeln und sah Karstens noch hinterher, bis er auf der Rolltreppe verschwand.Dann wandte sie sich mit klopfendem Herzen wieder der Bücherwand zu.
    Die Lichter der Buchhandlung erloschen, kurz nachdem Fiona als letzte Kundin hinaus in die Nacht getreten war.
    Schnellen Schritts dauerte der Weg vom Buchladen zu ihrer Wohnung nie länger als eine Viertelstunde, dennoch beschlich sie das unbestimmte Gefühl, dass es ein Fehler war, um diese Zeit kein Taxi zu nehmen. Fiona bog in eine schmale Seitenstraße ein, ihre Absätze klackerten durch die schwüle Sommerabendluft auf dem Asphalt der Straßen, die noch vor wenigen Stunden mit Leben gefüllt waren und jetzt wie ausgestorben wirkten.
    Sie erreichte die spärlich beleuchtete Ebertbrücke, eine Abkürzung, die sie immer nahm, da bemerkte sie plötzlich den bulligen Mann schräg hinter sich. Er war wie aus dem Nichts aufgetaucht, und aus dem Augenwinkel erkannte sie seine helle Jeansjacke wieder.
    Der Mann aus dem roten Fiat Punto.
    Er folgte ihr über die Brücke, war jetzt dicht hinter ihr. Fiona lief schneller. Sie erreichte das Ufer. Den Monbijou-Park. In geschätzten einhundert Metern Entfernung leuchteten bereits die grellbunten Schriftzüge verschiedener Fast-Food-Restaurants der belebten Oranienburger Straße, alsFiona plötzlich ihren Namen hinter sich vernahm.
    »Fiona!«
    Sie erschrak, als ihr bewusst wurde, wessen Stimme sie da gehört hatte – wer sie die ganze Zeit verfolgt hatte.
    Lauf weg, lauf sofort weg, solange du noch kannst, schrie ein alter Reflex in ihr.
    Doch sie entschied, dem Mann keinen weiteren Triumph mehr zu gönnen. Angespannt von Kopf bis Fuß, drehte sie sich um und sah ihm direkt in die Augen, bemüht, nicht die Nerven zu
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