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Die Spionin im Kurbad

Die Spionin im Kurbad

Titel: Die Spionin im Kurbad
Autoren: Andrea Schacht
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dir nicht mehr in die Quere kommen.«
    Was für ein höflicher Kater!
    » Nun, macht nichts, Bouchon. Man sieht sich vielleicht wieder.«
    Er schnurrte leise und trabte mit erhobenem Schwanz auf den Mann zu. Der bückte sich überraschend geschmeidig und nahm ihn auf den Arm.
    Ich schlenderte zum Lahnufer hinunter, nahm ein paar Schluck Wasser zu mir und fing doch tatsächlich eine magere kleine Maus. Beides zusammen gab ein gewisses Gefühl von Sättigung, und darum setzte ich mich an einen sonnigen, vor Blicken geschützten Platz und beobachtete eine Weile das Treiben im Kurpark. Ich habe mich zwar keinem Menschen angeschlossen, aber als Studienobjekte finde ich sie interessant. Sie haben so eigenwillige Verhaltensweisen.
    Zum einen, weil sie ihre haarlose Haut mit schützenden Stoffen bedecken müssen, um nicht zu frieren oder sich ständig Schrammen zu holen, zum anderen machen sie es aber auch, um damit zu balzen. Einige Vögel tun das auch, wenn sie sich paaren wollen. Es ist lustig zu beobachten, dass vor allem die weiblichen Menschen sich besonders prächtig herausputzen. Mit Gefieder im Haar, Pelzchen hier und da, ohne dass sie wärmen würden, schimmernden, bunten Stoffen, die rascheln und rauschen und knistern, sodass sie sich nie lautlos bewegen können. Überhaupt – bewegen konnten einige von ihnen sich sowieso nicht richtig, weil sie derartige Mengen von Stoff um sich herumgewickelt trugen, dass sie wie Tonnen über die Wege dümpelten. Dann mussten immer die Männer zur Stelle sein, um ihnen Ziel und Richtung zu geben.
    Das waren aber nur die der einen Klasse, die, die sonst nichts taten außer umherwandeln, schwatzen und balzen. Diejenigen, die arbeiteten, die Futter besorgten und schrubbten und schleppten und wuschen und so, die trugen weniger Zeug um sich herum. Eigentlich sollten sie glücklich darüber sein.
    Waren sie aber wohl nicht, denn oft sahen sie den Aufgeputzten mit sehnsüchtigen Blicken nach, und wenn es irgendwie ging, versuchten sie sie nachzumachen.
    Hier im Kurpark flanierten zur nachmittäglichen Stunde diejenigen, die nichts zu tun hatten. Oder dringend Abwechslung suchten. Die bot ihnen, wie ich mit gewisser Belustigung feststellen konnte, ein Herr in weißen Hosen und einem bunt karierten Jackett, der im Gegensatz zu den anderen Herren keine schwarze Röhre auf dem Kopf trug, sondern einen flachen weißen Deckel. Er bot den Vorbeigehenden Wetten an. Was mal wieder zeigt, dass die Menschen recht irrwitzige Ideen verfolgen. Warum sollte man eine Meinung dazu haben, ob heute zwei oder vier Schwäne unter der Brücke durchschwammen? Aber die Leute blieben stehen und tauschten sogar Münzen dafür aus. Zwei Damen, eine in Rosa, die andere in Dunkelgrün, beobachteten das Schauspiel jedoch, ohne zu wetten, und wurden dabei von einem beflissenen Herrn umschmeichelt. Wäre er ein Kater gewesen, hätte er vermutlich seinen Kopf an ihren Beinen gerieben. Er war ohnehin schon nahe daran. Sie standen so nahe an meinem Versteck, dass ich mitbekam, wie er ein Döschen aus der Tasche zog und den Damen den Inhalt anbot.
    » Emser Pastillen, meine Damen. Nehmen Sie, sie schmecken zwar nicht wie Honigbonbons, doch man schwört auf ihre Wirksamkeit bei allerlei Halsbeschwerden.«
    » Tatsächlich? Nun, mein Hals fühlt sich seit einigen Tagen ein wenig rau an. Ich werde eine probieren.«
    » Ich verzichte, Herr Bisconti. Dieses eingedampfte Salzwasser will mir gar nicht munden. Aber ein hübsches Döschen haben Sie da.«
    Er reichte es der Dame in Rosa, und ich erhaschte einen Blick auf ein messingfarbenes, mit blauen und roten sternförmigen Ornamenten verziertes Ding.
    » Einem maurischen Muster nachempfunden und meisterlich emailliert. Ich fand es bei meinen Reisen in den Orient.«
    » Wirklich? So weit sind Sie gereist?«
    » Meine Tätigkeit führt mich weit herum.«
    Er setzte sich wieder in Bewegung, nachdem er das Döschen in seiner Tasche verstaut hatte. Die Pastillen darin schienen wirklich nicht sehr wohlschmeckend zu sein, wenn man den Gesichtsausdruck der Dame in Grün richtig deutete. Sie hustete einmal kurz, und mir schien, dass sie dabei das Ding ausspuckte, das sie sich in den Mund gesteckt hatte.
    Katzen nehmen nichts ins Maul, was scheußlich schmeckt – Menschen schon. Sie glauben, dass es sie gesund, glücklich, begehrenswert oder was weiß ich macht. Menschen glauben viel dummes Zeug.
    Ich verließ meinen Beobachtungsplatz, um noch mal die Mäuselage zu prüfen, aber just
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