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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten
Autoren: Tobias O. Meißner
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sonst wie ungeschickt anstellte, würde das sein Ansehen bei den Grünhörnern und auch in der gesamten Festung von Anfang an gehörig untergraben. Aber er hatte es sich schon in Chlayst zum Prinzip gemacht, von seinen Leuten nichts zu verlangen, was er sich nicht auch selbst zutraute. Und darüber hinaus hatte er das Gefühl, dass er seinen eigenen Status als Neuer, als Grünhorn innerhalb des etablierten Systems Carlyr, am ehesten dadurch verlieren konnte, dass er jegliche Hänselei von Anfang an im Keim erstickte.
    Er nahm die erste Bretterwand mit Wildheit. Sprang, zog sich hoch, riss sich selbst hinüber, landete gut. Die Wand zitterte, hielt aber. Danach die querliegenden Fässer: Er sprang schnell und hoch genug, um mit jedem Schritt ein Fass zu überwinden. Jetzt glitt er durch ein liegendes Fass, etwas zu heftig, das Fass wurde schier aus seinen Befestigungspflöcken gerissen. Ruhig. Ruhiger. Jetzt das Netz. Fenna beschloss, Tempo herauszunehmen, um nicht peinlich ins Straucheln zu geraten. Er durchquerte die Maschen mit Umsicht. Jetzt Anlauf. Die zweite, noch höhere Hinderniswand. Die Wand ächzte und barst beinahe, aber Fenna mühte sich hinüber. Dann wieder runter, unter den tiefen Hürden hindurch und durch das zweite offene Fass. Diesmal vorsichtiger, nicht so schürfend. Zuletzt ein kurzer Spurt und die sechs quer gespannten Seile wie ein Hürdenläufer.
    Er kam wieder bei den Grünhörnern an. Sein Atem ging schwer, er merkte, wie ihm die Strapazen der Reise noch in den Knochen steckten und die kurze Ruhe auf dem Bett ihn eher noch ermüdet als gestärkt hatte. Aber er nahm militärische Haltung an und sagte: »Ich bin Soldat, weil ich der Krone und der Königin, die sie trägt, mit all meiner Kraft und all meinen Fähigkeiten dienen möchte. So, dieser Grund ist somit genannt worden. Ich erwarte von euch, dass ihr mir weitere Gründe nennt, siebzehn an der Zahl. Also los jetzt, in der Reihenfolge, wie ihr hier steht.« Den letzten Satz bekam er kaum noch heraus, jetzt musste er viermal atmen, um wieder Luft aufzuholen. Er schaute lieber nicht zu Oberst Jenko hoch, das hätte als Zeichen der Unsicherheit ausgelegt werden können.
    Das erste Grünhorn trat vor. Ein Klippenwälder, der für einen Klippenwälder verhältnismäßig schmal und geschmeidig wirkte. Er war älter als Fenna, seine Haare waren halblang und zu vielen kleinen Zöpfen geflochten, sein Gesicht wangenknochig und ernst. »Nilocas Deleven, 37 Jahre, aus Bangannisan in den Klippenwäldern.« Deleven bewältigte den Parcours mit Leichtigkeit. Keine Wand ächzte. Kein Fass rüttelte. Er war schneller als Fenna. Er war auch nicht so außer Atem, als er sich hinterher aufstellte und sagte: »Ich möchte Soldat in der Festung Carlyr werden, weil ich davon ausgehe, dass dieser Stützpunkt nach dem unglücklichen Verlauf des großen Feldzuges von wichtiger taktischer Bedeutung für den gesamten Kontinent werden könnte.«
    Fenna staunte und blickte zu Hobock hinüber. Hobock nickte und deutete auf das Pergament mit den Grünhörnern, wo Deleven ganz oben stand bei den Pflichtbewussten. »Der beste Mann!«, formte Hobock lautlos mit den Lippen, sodass nur Fenna es mitbekam. Das war natürlich Pech, dass ausgerechnet der Beste von allen direkt hinter Fenna antrat und dessen Leistung etwas schmälerte. Aber andererseits war es sicherlich kein Zufall, dass Deleven als Erster aus den Unterkünften gerannt gekommen war und nun vorne in der Reihe stand. »Der Nächste!«, sagte Fenna nur knapp. Lement notierte drei Punkte für Deleven.
    Das zweite Grünhorn trat vor. Das war der in der bunten Trachtenkleidung. Rosige Wangen konturierten sein stupsnasiges Gesicht. »Mails Emara, 18, aus Westkald in der Gegend von Hessely. Ein kleiner Ort, der auf den meisten Karten leider überhaupt nicht verzeichnet ist, obwohl wir für unseren Honig und unsere Schnapsbrennereien gerühmt werden.«
    Emara hatte schon deutlich mehr Mühe als Fenna und Deleven, brauchte vier Anläufe für die zweite, hohe Bretterwand und verhedderte sich im Netz. Aber er schaffte es. »Ich will Soldat werden«, keuchte er, »weil Westkald und Hessely als Erstes überrannt werden, wenn Carlyr fällt, und ich meine Familie – meine Eltern und meine Geschwister – und meine schöne Heimat schützen möchte. Danke sehr.«
    Lement schwankte zwischen einem und zwei Punkten. Fenna entschied, nicht allzu streng zu sein, und ließ den Schreiber zwei notieren.
    Das dritte Grünhorn war der
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