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Die Sklavin mit den Mandelaugen

Die Sklavin mit den Mandelaugen

Titel: Die Sklavin mit den Mandelaugen
Autoren: Carter Brown
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platzen
drohten. Die nackten Füße waren lang und zart wie die einer Frau, die Nägel
silbern lackiert. Der Mann wirkte widerlich.
    »Ich bin Osman Bey«, verkündete
er mit einer Großartigkeit, als handle es sich um die Enthüllung eines
Staatsgeheimnisses, und paffte mir gleichzeitig eine dicke Rauchwolke ins
Gesicht. »Seien Sie in meinem Hause willkommen .«
    »Besten Dank«, brummte ich.
    »Selina!« Er klatschte kurz in
die Hände. »Wir möchten Kaffee haben .«
    »Und wenn schon«, erwiderte das
Mädchen mit einem spöttischen Lächeln.
    Dann schwänzelte es aus dem
Zimmer, und ich vertiefte mich in die reizvolle Rückenansicht, bis Selina
verschwunden war.
    Meine Neugier ließ sich nicht
mehr länger bezähmen.
    »Äh — ist Selina Ihre Frau ?« fragte ich und bemühte mich krampfhaft, unbefangen
Konversation zu machen.
    Osman Bey schüttelte schockiert
den Kopf und ließ ein verächtliches Knurren vernehmen.
    »Sie belieben zu scherzen, mein
Freund! Ich erhielt sie von einem bankrotten Schuldner als Bezahlung .«
    »Und es macht ihr nichts aus ?«
    »Oh, solange sich Selina ihren
Lebensunterhalt nicht durch harte Arbeit verdienen muß, ist ihr alles recht«,
erklärte er unbestimmt. »In meinem gelobten Vaterland, wie es in der guten
alten Zeit war, hätte ich ihr zwei-, dreimal pro Tag eine Bastinade gegeben, um sie von ihrer lasterhaften Trägheit zu kurieren .«
    » Bastinade ?«
    »Schläge auf die Fußsohlen mit
einer bestimmten Gerte«, erklärte er mit träumerischer Stimme. »Sind Sie nicht
auch der Ansicht, daß wir Menschen von heute allmählich die Opfer der
Zivilisation werden ?«
    Mit einem Tablett in den Händen
kehrte Selina zurück. Sie servierte uns den Kaffee in kleinen Mokkatassen. Ohne
mir Gedanken zu machen, trank ich einen Schluck, nur um gleich darauf die Tasse
angewidert abzusetzen. Es kostete mich eine Anstrengung, das bittere dicke
Gebräu hinunterzuschlucken. Eine Welle der Übelkeit stieg in mir hoch, als mein
feinfühliger Magen sich weigerte, das ekelhafte Zeug aufzunehmen.
    »Ah!« Osman Bey schmatzte
genießerisch. »Türkischer Kaffee ist der einzig richtige Kaffee .«
    »Ja«, stimmte Selina zu,
»einfach großartig .«
    Sie beobachtete mich voll
schadenfroher Befriedigung.
    Mein Wille, das Gebräu
hinunterzuwürgen, kämpfte noch immer einen erbitterten Kampf mit meinem
revoltierenden Magen.
    Osman Bey stellte seine leere
Tasse nieder und betrachtete mich unverwandt, in seinen dunklen Augen einen
Ausdruck tiefer Melancholie.
    »Kommen wir zur Sache, mein
Freund«, begann er niedergeschlagen. »Mein Leben ist ruiniert. Für immer werde
ich Schmach und Schande leiden müssen, wenn Sie mir nicht helfen .«
    »Warum versuchen Sie’s nicht
mal mit Nescafé ?« schlug ich
hilfsbereit vor.
    »Jetzt ist nicht die Zeit zu
scherzen«, verkündete er mit einem herzzerbrechenden Seufzen. »Mein Kompagnon
und mir in jahrelanger Treue verbundener Freund, Abdul Murad, sandte mir sein
höchstes Gut, in dem Vertrauen auf Allah und mich selbst, daß es nicht zu Schaden
kommen möge, und ich habe dieses Vertrauen verraten.« Einen Augenblick sah es
aus, als würde er in Tränen ausbrechen. »Ich verlasse mich auf Ihr Können und
Ihr Talent, mein Freund, und hoffe, daß es Ihnen gelingen wird, diesen Schatz
wiederzufinden, bevor mein Freund und Kompagnon erfährt, daß er abhanden
gekommen ist .«
    »Was ist das für ein Schatz ?« fragte ich.
    »Seine Tochter Marta«, wimmerte
Osman Bey. »Ein Juwel, ein leuchtender Stern unter den Frauen und sein einziges
Kind. Ohne sie ist sein Leben nicht mehr lebenswert .« Osman Bey zitterte. »Und wenn er jemals entdeckt, daß sie verschwunden ist,
dann wird auch mein Leben keinen roten Heller mehr wert sein. In gerechtem Zorn
ist Abdul Murad ein furchtbarer Mann, ein direkter Abkömmling der Ottomanen, die
durch das Schwert herrschten. Wenn er erfährt, daß seine Tochter verschwunden
ist, wird mein Leben nicht so viel mehr gelten .«
    Er schnalzte dramatisch mit den
Fingern.
    »Wie ist es überhaupt dazu
gekommen, daß sie verschwunden ist ?« erkundigte ich
mich.
    »Sie kam hier mit dem Flugzeug
an, fuhr in ihr Hotel und rief mich dann an, um mir mitzuteilen, daß sie
spätestens in einer Stunde bei mir sein wollte«, berichtete Osman Bey mit
gequälter Stimme. »Ich wartete, voller Vorfreude und Eifer, die einzige vergötterte
Tochter meines alten Freundes und Kompagnons in meinem armseligen Heim
willkommen zu heißen. Aber sie kam nicht. Ich
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