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Die Signatur des Mörders - Roman

Titel: Die Signatur des Mörders - Roman
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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verschlossenen Haustür.
    »Und nun?«
    Rons Gesichtsausdruck veränderte sich, und Myriam konnte sehen, er würde nicht aufgeben.
    »Damit mussten wir rechnen«, murmelte er. »Aber kein Haus ist eine Festung...«
    »Ron, das geht nicht.«
    »Haben wir eine Wahl?«
    »Es wird mich den Kopf kosten.«
    »Stört dich das?«
    Nein, sie würde nicht vor dieser Tür stehen und darauf warten, hineingelassen zu werden.
    »Nein.« Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Ich glaube nicht.«
    »Langsam verstehe ich, was Henri an dir findet«, erklärte Ron. Er schaffte es innerhalb weniger Minuten, ins Haus zu gelangen.
    Myriam wandte sich ab. Sie wollte nicht wissen, zu welchen Mitteln er griff. Vielleicht, sogar wahrscheinlich schaufelte sie sich damit ihr berufliches Grab, doch es war ihr gleichgültig. Für jemand wie sie schien die Welt sowieso zu eng zu sein. Sie stieß ständig an die Grenzen, die so streng gezogen waren, dass sie das Gefühl hatte zu ersticken. Sie konnte und wollte so nicht weitermachen.
     
    Über dem Haus schwebte ein Hauch von Verlassenheit, von kalter, toter Leere. Myriam fröstelte.
    Milan Hus hatte einen nüchternen Einrichtungsstil bevorzugt. Moderne Lampen über einem Granitfußboden, der schwarz glänzte, als sei er soeben erst poliert worden. Großformatige Schwarzweiß-Fotografien, Abbildungen moderner Architektur, schmückten die Wände. Eine in die Wand eingelassene Garderobe war hinter Milchglastüren verborgen. Der Flur wirkte kalt und abweisend. Myriam konnte diesen Eindruck nicht mit dem leidenschaftlichen Redner Milan Hus vereinbaren, dem sie begegnet war, ebenso nicht mit dem entmutigten Mann im Gefängnis.Was sie hier sah, zeigte einen kühlen, berechnenden Charakter. Aber hatte sie nicht gerade das fasziniert? War es nicht das, was sie angezogen hatte? Ja, sie hatte mit seinem Charisma geflirtet und dabei eines nicht bedacht: Die Verführer der Macht suchen sich ihre Anhänger nicht unter den Starken, sondern immer unter den Schwachen und Machtlosen.
    Diese eisige Stille war beängstigend. Als sei etwas von der Unbarmherzigkeit seiner Bewohner übrig geblieben. Ihr Geist schwebte durch die Räume. Myriam folgte der Kälte das Treppenhaus hoch. Sie selbst fühlte sich schwerelos, empfand nun weder Neugierde noch Angst. Die Lautlosigkeit erschien ihr wie ein Vakuum an Gefühlen. Ihr Kopf war leer. Was immer sie antrieb, führte sie direkt vor eine Tür im ersten Stock.
    Dann wurde die Stille gestört. Ein kaum wahrnehmbares Geräusch. Ein verhaltenes Summen. Ein leises Dröhnen. Jemand war da.
    Sie öffnete die Tür und starrte zum dritten Mal an diesem Tag in ein verdunkeltes Zimmer, in dem lediglich ein Bildschirm wie in einer Raumstation aufleuchtete. Wie in einer Schaltzentrale, von der aus Ereignisse gesteuert wurden und ihr Ablauf kontrolliert wurde.
    Die Gestalt davor erkannte Myriam erst später. Sein Schatten schien sich mit der Dunkelheit verbunden zu haben. Simon bemerkte ihre Anwesenheit nicht, und sie überlegte, wie sie sich bemerkbar machen sollte. Unwillkürlich trat sie einige Schritte zurück, überlegte es sich dann anders und ging energisch auf den Jungen zu. Als sie ihre Hand auf seine Schulter legte, schrie er auf.
    Wenige Minuten später befand sich Ron bereits an ihrer Seite.
     
    »Wo ist David?«, fragte Ron mit heiserer Stimme. Kaum hörbar, denn der Junge vor ihnen befand sich nicht nur am Rande der Erschöpfung, sondern gleichzeitig in einem gefährlichen Zustand der Erregung. Die Stimmung konnte jeden Moment kippen.
    »Wo ist er?«, wiederholte Ron.
    Simon hob den Kopf und blickte Ron schweigend an. Über dem jungen Gesicht lag ein seltsamer Ausdruck von Zufriedenheit. Dann eine kaum merkliche Bewegung des Kopfes. Ein leichtes Zucken in Richtung Bildschirm, der nun dunkel war. Lediglich ein leichtes Flimmern verriet, dass der Computer im Standby lief.
    Ron trat an den Schreibtisch. Unschlüssig blieb er einige Minuten vor dem Bildschirm stehen, dann hob er die Hand und berührte mit dem Finger eine der Tasten des Laptops. Das Flackern wurde stärker, bis der Bildschirm leuchtete.
    Wie gebannt versuchten sie etwas auf dem Display zu sehen. Dann erkannten sie einen Raum, Wände, oben und unten.
    Etwas bewegte sich langsam. Es kroch auf dem Boden, in ein graues, verschwommenes Licht getaucht. Die Gestalt schob sich weiter nach vorne. Myriam konnte eine Hand erahnen, die sich ausstreckte, während sie eine Wand abtastete.
    Eine Kamera, dachte Myriam. Ein
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