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Die Seherin der Kelten

Die Seherin der Kelten

Titel: Die Seherin der Kelten
Autoren: Manda Scott
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was erforderlich war. Sie beugte sich über ihn und versuchte, den Rest von Leben und den Geist unter der talgig grauen Haut zu erkennen. Sein Gesicht war bis auf die Knochen seines Schädels eingefallen. Seine Augen waren tief eingesunken, und sein Haar war strähnig vom Schweiß und von dem Wasser, mit dem sie ihn gerade gewaschen hatte.
    Frag ihn!
    Breaca legte ihm ihre Hand auf die Stirn und sagte behutsam: »Das hier ist nun der Ort, an dem du ruhen wirst. Briga wird dich abholen, und die Ahnin wird dich sicher in die Länder jenseits des Lebens geleiten. Ich dagegen werde nach Mona zurückkehren, sobald ich wieder ohne Gefahr reisen kann. Ist es also dein Wunsch, dass ich deine Nachricht mit mir führe?«
    »Das wäre mein Wunsch, aber ich darf die Botschaft nicht verraten, solange ich noch nicht auf Mona eingetroffen bin.« Der Mann verzog das Gesicht zu einer Grimasse, versuchte, sich zu erheben, und schaffte es doch nicht. »Es tut mir Leid. Aber wenn ich versuchen würde, dich einzuweihen, würden wir beide daran sterben. Efnís hat uns drei Kuriere alle mit einem Schutzfluch belegt. Wenn ich jetzt zu sprechen versuchte, würde meine Zunge in meinem Mund anschwellen und meinen Atem ersticken, noch ehe ich die Worte aussprechen könnte. Vor allem aber würde auch derjenige, mit dem ich spräche, sterben, und wenn auch vielleicht nicht genauso plötzlich, dann aber doch mit ebenso großer Sicherheit. Für den Fall, dass wir gefangen genommen werden sollten, hatten wir die Erlaubnis, demjenigen, der uns zum Sprechen zu bringen versuchen würde, zumindest so viel zu verraten.«
    Breaca strich ihm das Haar aus dem Gesicht und ließ ein wenig Wasser über seine Stirn laufen, um sie zu kühlen. »Efnís ist weise. Wärt ihr also gefangen genommen worden, wäre es in jedem Fall gut gewesen, rasch zu sterben und vor allem in dem Wissen, dass eure Botschaft trotzdem in Sicherheit wäre und dass Roms Vernehmungsführer zu einem langsamen Ende verdammt wären.«
    Der Kurier jedoch schien dem nicht so ganz zustimmen zu können und runzelte die Stirn. »Jetzt aber ist das keine so gute Lösung mehr, nun, da ich in der Gesellschaft einer Kriegerin und Freundin sterbe. Zumindest aber wird meine Botschaft in Sicherheit sein, ich werde sie mit mir in den Tod nehmen. Und Efnís wird niemals von meinem Versagen erfahren.«
    »Doch, das wird er. Niemand geht in die andere Welt hinüber, ohne dass die Träumer es erfahren. Aber vielleicht bekomme ich ja trotzdem noch meine Antwort. Hätte ich Recht, wenn ich davon ausginge, dass deine Nachricht dazu bestimmt war, dem Vorsitzenden des Ältestenrats von Mona, Luain mac Calma, überbracht zu werden? Beziehungsweise, für den Fall, dass du ihn nicht angetroffen hättest, an Airmid von Nemain, und dass es in dieser Nachricht um die Bodicea geht?«
    Es war ein gewisses Risiko. Keiner von ihnen kannte die Grenzen oder den exakten Wirkungsbereich des Fluches. Der Bote lächelte schwach und überprüfte seine Antwort erst zweimal im Stillen, ehe er schließlich nickte und erwiderte: »Du hättest Recht.«
    Sie warteten beide. Doch in den Augenblicken, die nun folgten, stockte ihm weder der Atem, noch schwoll seine Zunge stärker an, als die rote Ruhr sie ohnehin bereits hatte anschwellen lassen.
    Breaca atmete erleichtert aus. »Also gut. Und wenn ich dir nun sagte, dass meine Tochter, das zweite Kind meines Herzens, meines Leibes und meiner Seele, Graine genannt wird, nach meiner Mutter, und dass mein Vater Eburovic war, ein Schmied und Krieger der Eceni, würde dein Mund dann weiterhin unverschlossen bleiben und deine Zunge glatt, während du mir deine Nachricht ausrichten würdest?«
    Der Mann hatte die Augen geschlossen, und sie blieben geschlossen, auch als Breaca geendet hatte. Sie wartete, wusste nicht, ob er eingeschlafen war oder ob der Schock darüber, wer sie wirklich war - obgleich sie ihm das ja wirklich sehr behutsam beigebracht hatte -, ihm gänzlich die Sprache verschlagen hatte.
    Die Erleichterung, die sie durchflutete, als er endlich den Arm hob und ihre Hand ergriff, war unbeschreiblich. Er öffnete die Augen, und über die Lider quollen Tränen, getaucht in das kupferfarbene Licht des Feuers. Seine Stimme war nur noch ein schwacher Hauch, zusammengepresst durch Anstrengung und Schmerz. »Du bist die Bodicea? Die ranghöchste Kriegerin von Mona?«
    Sie nickte und lächelte. »Ja.«
    Mühsam atmend richtete er sich auf und stützte sich auf einen Ellenbogen. »Warum
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