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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut
Autoren: Alexander Kent
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falls sein Auge sich wieder verschleierte und er den Halt verlor. Bolitho lüftete den Hut, und sofort stimmten Trommeln und Pfeifen ihre lebhafte Weise an, die Royal Marines präsentierten die Gewehre, während der Degen ihres Majors grüßend funkelte.
    Bolitho kletterte das steile Fallreep hinunter ins Boot. Sein letzter Blick auf Haven überraschte ihn: Die Augen des Kommandanten waren kalt und feindlich. Es würde gut sein, sich dessen zu erinnern.
    Das Wachboot glitt heran und wartete, um die Barkasse durch die vor Anker liegenden Schiffe und den Verkehr der Hafenfahrzeuge zu geleiten.
    Bolitho beschattete seine Augen und schaute zum Land. Wieder eine neue Herausforderung. Aber im Augenblick war ihm eher nach Flucht zumute.

Ein Wiedersehen
    John Allday lugte unter der Krempe seines Hutes hervor und sah die einlaufende Strömung das Wachboot aus dem Kurs drängen. Er legte die Pinne, und Bolithos frisch gestrichene grüne Barkasse folgte dem anderen Boot ohne eine Unterbrechung im Takt der Ruderer. Alldays Ruf als des Admirals persönlicher Bootssteurer war legendär.
    Er sah über die Bootscrew hinweg, die Gesichter sagten ihm nichts. Das Boot selbst war von ihrem letztem Schiff, der
Argonaute,
einer französischen Prise, übernommen worden; Bolitho hatte es seinem Bootssteurer überlassen, eine neue Mannschaft auf der
Hyperion
zu rekrutieren. Allday musterte die Männer im Heck. Das waren Yovell, den man vom Schreibergehilfen zum Sekretär befördert hatte, und der neue Flaggleutnant. Der junge Offizier schien recht annehmbar, kam aber nicht aus einer seefahrenden Familie. Die meisten sahen diese besonders anstrengende Stellung als einen sicheren Weg zur Beförderung an. Für ein Urteil über Jenour war es noch zu früh, beschloß Allday. Auf einem Schiff, in dem sich sogar die Ratten fremd waren, tat man gut daran, keine vorschnellen Meinungen zu äußern.
    Seine Augen blieben auf Bolithos breiten Schultern haften, und er versuchte die Besorgnis zu unterdrücken, die ihn seit ihrer Rückkehr nach Falmouth begleitete. Trotz der Schmerzen und des Blutzolls der Schlacht hätte es eine stolze Heimkehr sein sollen. Sogar die Verletzung von Bolithos linkem Auge schien weniger schlimm im Vergleich zu dem, was sie zusammen durchgemacht hatten. Das war vor ungefähr einem Jahr passiert, an Bord des kleinen Kutters
Supreme.
Allday entsann sich jedes einzelnen Tages, der qualvollen Gesundung, der moralischen Stärke des Mannes, dem er diente und den er verehrte. Bolitho hatte ihn immer wieder in Erstaunen versetzt, obwohl sie nun über zwanzig Jahre zusammen waren.
    Sie kamen vom Hafen in Falmouth und hielten an der Kirche, die zu einem Teil von Bolithos Familiengeschichte geworden war. Generationen waren mit ihr verbunden, durch Hochzeiten und Geburten, durch Dank für die Siege auf See, aber auch durch gewaltsamen Tod. Allday war an jenem Sommertag am großen Portal der stillen Kirche stehengeblieben und hatte mit Erstaunen und Trauer gehört, wie Bolitho ihren Namen aussprach:
Cheney …
Nur ihren Namen, nichts weiter; und doch hatte ihm das vieles erklärt. Allday hatte bis dahin geglaubt, es würde alles wieder gut, sobald sie erst das graue Haus erreicht hatten. Die schöne Lady Belinda, die zumindest im Aussehen so sehr seiner ersten Frau Cheney glich, würde es schon schaffen, Bolitho zu trösten, wenn sie erst das Ausmaß seines Schmerzes begriff. Vielleicht würde sie seine Qual heilen, die er nie erwähnte, die aber Allday nicht entging. Angenommen, das andere Auge würde in einer Schlacht ebenfalls verletzt? Die Angst so vieler Seeleute und Soldaten, als Krüppel unerwünscht zu sein, quälte auch Bolitho.
    Alle hatten sie gewartet, um ihn zu begrüßen: Ferguson, der Verwalter, der einen Arm bei den Saintes verloren hatte, was schon eine Million Jahre zurückzuliegen schien; sein e rotbäckige Frau Grace, die Haushälterin, und das andere Personal. Es gab Lachen, Hochrufe und eine Menge Tränen obendrein. Doch Belinda und die kleine Elizabeth waren nicht dagewesen. Ferguson sagte, sie hatte in einem Brief ihre Abwesenheit erklärte. Oft genug fand ein heimkehrender Seemann seine Familie in Unkenntnis über sein Kommen, aber hier hätte es in keinem schlimmeren Augenblick geschehen oder Bolitho härter treffen können.
    Nicht einmal sein junger Neffe Adam, der nun die Brigg
Firefly
befehligte, war dagewesen, um ihn aufzumuntern. Er war an Bord zurückgerufen worden, um Ausrüstung und Trinkwasser zu
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