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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut
Autoren: Alexander Kent
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übernehmen.
    Aber
Hyperion
war nun die Gegenwart. Allday achtete auf den Schlagmann, dessen Riemen schlecht eintauchte und Spritzwasser übers Dollbord warf. Verdammte Stümper! Sie würden das eine oder andere noch zu lernen haben, und wenn er sich jeden einzelnen persönlich vornehmen mußte.
    Die alte
Hyperion
war für sie keine Fremde, nur ihre Leute waren das. Entsprach das Bolithos Wünschen? Allday wußte es nicht. Wenn Keen hier Flaggkapitän gewesen wäre oder auch der arme Inch, hätten die Dinge besser ausgesehen. Aber Kapitän Haven war ein kalter Fisch. Dessen Bootssteurer, ein Waliser namens Evans, hatte ihm bei einem Glas Rum anvertraut, sein Herr hätte keinen Humor und ließe niemanden an sich heran.
    Allday grübelte weiter über Bolitho nach. Wie er sich doch verändert hatte! Ein Schiff folgte dem anderen, sie befuhren verschiedene Meere, aber gewöhnlich blieb der Feind sich gleich. Und Bolitho hatte ihn immer wie einen Freund behandelt, wie einen, der zur Familie gehörte. Das hatte er einmal beiläufig gesagt, aber Allday hatte es wie etwas Kostbares im Gedächtnis bewahrt.
    Es war schon seltsam, wenn man darüber nachdachte. Einige seiner alten Messegefährten hätten ihn vielleicht sogar damit geneckt, hätte der Respekt vor seinen Fäusten sie nicht zurückgehalten. Aber Allday wie auch Ferguson waren einmal in den Dienst des Königs gepreßt und auf Bolithos Schiff, die Fregatte
Phalarope,
gesteckt worden – kaum die rechte Basis für eine Freundschaft. Trotzdem war Allday seit dem Gefecht bei den Saintes freiwillig bei Bolitho geblieben, als dessen alter Bootssteurer Stockdale getötet wurde. Er war sein ganzes Leben Seemann gewesen, nur kurze Zeit hatte er an Land ausgerechnet als Schäfer gearbeitet. Er wußte wenig über seine Abstammung und die Leute, die ihn großgezogen hatten, was ihn mit zunehmendem Alter zuweilen beunruhigte.
    Er studierte Bolithos altmodischen Nackenzopf, der unter seinem goldbetreßten Hut hervorsah. Noch war er rabenschwarz. Seine Erscheinung blieb jugendlich, so daß er manchmal irrtümlich für Adams älteren Bruder gehalten wurde. Sofern Allday es überhaupt wußte, hatte er das gleiche Alter: siebenundvierzig. Doch während er voller wurde und sein dickes braunes Haar graue Streifen bekam, schien Bolitho nicht zu altern. Allday kannte ihn von allen Seiten: als einen Tiger im Gefecht, aber auch als einen Mann, den es fast zu Tränen rührte, wenn er Schiffe und Menschen in einer Seeschlacht sterben sah.
    Das Wachboot schwenkte unter dem ausladenden Klüverbaum eines hübschen Schoners durch. Allday beugte sich über die Pinne und hielt den Atem an, als er seine alte Wunde in der Brust brennen fühlte. Nur selten konnte er sie vergessen: die spanische Klinge, die wie aus dem Nichts gekommen war, und Bolitho, der ihn deckte, ihm das Leben rettete.
    Die Wunde machte ihm Mühe, und es fiel ihm oft schwer, seine Schultern zu straffen, ohne daß Schmerz ihn durchschoß. Bolitho hatte ihm nahegelegt, an Land zu bleiben, wenigstens vorübergehend. Längst bot er ihm nicht mehr die Chance einer Freistellung von der Navy an, der er so gut gedient hatte. Denn er wußte, das hätte Allday fast mehr geschmerzt als die Wunde selbst.
    Die Barkasse strebte der nächsten Anlegepier zu. Bolithos Finger umklammerten die Scheide seines alten Degens, den er zwischen den Knien hielt. So viele Gefechte hatten sie gemeinsam bestanden, so oft hatten sie sich gefragt, weshalb sie wieder einmal verschont geblieben waren, obwohl so viele andere fielen.
    »Klar bei Bootshaken!« Allday beobachtete kritisch, wie der Bugmann den Riemen einzog, aufstand und mit dem bereitgehaltenen Haken nach der Pierkette tastete. In ihren geteerten Hüten und karierten Hemden sahen die Leute forsch und schmuck aus, aber es brauchte mehr als Farbe, damit ein Schiff segeln konnte. Auch Allday selbst war eine stattliche Erscheinung, obwohl er sich dessen kaum bewußt war, wenn er nicht gerade das Auge des einen oder anderen Mädchens auf sich zog, was öfter geschah, als er zugab. In seinem blauen Rock mit den goldenen Knöpfen, den ihm Bolitho spendiert hatte, und in seinen Nankingbreeches war er jeder Zoll ein alter Salzwasserbuckel.
    Das Wachboot machte Platz, der verantwortliche Offizier zog aufstehend den Hut, während die Ruderer zum Gruß ihre Riemen hochstellten. Allday bekam einen Schreck, als sich Bolitho ihm zuwandte, eine Hand überm Auge, um es vor der Helligkeit zu schützen. Er sagte
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