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Die Seele heilen

Die Seele heilen

Titel: Die Seele heilen
Autoren: Sabine Wehner-Zott , Hubertus Himmerich
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wir meinen, unbedingt haben zu müssen. Dem kann ich aus eigener Erfahrung zustimmen: Da ich das Haus, das wir gekauft hatten, und unseren Lebensstil als das allein Seligmachende ansah, trieb mich die Sorge, von diesem Wohlstand eventuell wieder Abschied nehmen zu müssen, in die Verzweiflung, ja, in die Depression.
    In der Psychotherapie wurde mir klar, dass diese Vergötzung in meiner Lebensgeschichte wurzelt: Als Kind hatte ich erfahren, wie unangenehm es sein kann, auf vieles verzichten zu müssen, was für die anderen Kinder aus meiner Klasse selbstverständlich war. Ich fühlte mich als Außenseiterin und diese kindliche Erfahrung trug sicher mit dazu bei, dass der Wert »großes Haus« zu meinem Götzen wurde.
    Auch der dringende Wunsch, erfolgreich zu sein, kann zum Götzen werden. Natürlich dürfen und sollen wir uns anstrengen und versuchen, gut zu sein. Aber es kann nun mal nicht jeder der Beste werden. Unterstützt von der Kognitiven Verhaltenstherapie ( siehe [→] ) bin ich auf dem Weg, mir meinen anstrengenden Perfektionismus ein wenig abzutrainieren und mir zuzugestehen, auch mal nur durchschnittlich zu sein. Und ich kann sagen, es lebt sich so wesentlich angenehmer.

    Viele Wege führen zum Glück
    Zu glauben, dass man nur auf eine Art glücklich werden kann, ist die Lizenz zum Unglücklichsein. Was hiergegen hilft, ist, sich eine gewisse Offenheit für die Vielfalt zu bewahren. Wenn ich erkenne, dass es mehrere Lebensinhalte gibt, die Leben sinnvoll machen können, dann wird es mir leichter fallen, mein Leben als geglückt zu erfahren.
    Was mir persönlich hilft, mein eigenes kleines Leben nicht als das allein Seligmachende zu sehen, ist ein Blick darauf, wie andere Menschen leben. So tut es mir zum Beispiel gut, in meinem Heimatdorf die alte Frau Pidrmann zu besuchen, die immer noch in einer Wohnung mit Kohleofen wohnt und für die Luxus zwei Dinge bedeutet: ihr Geld für wohltätige Zwecke zu spenden und sich einmal im Monat ihre Haare knallrot färben zu lassen. Und auch unsere Bekannten, die sich mit großem zeitlichen Einsatz und sehr viel Energie für den Lebensraum der heimischen Fledermaus einsetzen, zeigen mir, dass es außer meiner Art zu leben noch viel mehr Möglichkeiten gibt, ein zufriedenes Leben zu führen. Schauen Sie sich also um in der Welt.

Festhalten, vergraben, verbittern
    Neigen wir nicht allzu oft dazu, unsere negativen Erfahrungen zu hegen und zu pflegen, statt mit ihnen ins Reine zu kommen? Wir lassen die Vergangenheit nicht los, vergraben uns förmlich darin und drohen vielleicht gar zu verbittern. Um unsere emotionale Stabilität zu bewahren, müssen wir aber auch hier das rechte Maß finden. Wie das gehen kann, zeigten mir Menschen, die es schafften, auch in großem Leid zu bestehen.
    Nicht an der Vergangenheit kleben
    Es ist nun einmal so, dass wir im Lauf des Lebens manchmal verlieren, was uns wertvoll war. Und das macht traurig. Wenn wir vermeiden wollen, dass diese legitime Traurigkeit eine depressive Färbung bekommt, sollten wir versuchen, mit der Vergangenheit abzuschließen, und uns nicht ausmalen, was gewesen wäre, wenn das Schicksal nicht so hart zugeschlagen hätte. Verwenden wir unsere Energie besser darauf, uns in die neuen Gegebenheiten einzufinden, statt sinnloserweise gegen das Unabänderliche zu kämpfen. An dieser Stelle möchte ich gern meinen Vater zitieren, der immer dann, wenn etwas in seinem Leben unerwartet lief, sagte: »Ich frage mich, kann ich es ändern? Und wenn ich es nicht ändern kann, dann lasse ich es halt so.« Diese pragmatische Einstellung half ihm auch durch seine Trauer, als meine Mutter schwer erkrankte und schließlich an ihrer Krankheit starb.
    Dankbarkeit für das erlebte Gute
    Wenn wir etwas Geliebtes verloren haben, zeugt es von wahrer Lebenskunst, nicht nur den herben Verlust zu sehen, sondern in Dankbarkeit auf das Vergangene zurückzuschauen. Dass eine solche Lebenseinstellung tragen kann, bewies mir eine junge Mitpatientin, die ihren Mann auf tragische Weise verloren hatte. Als sie es langsam schaffte, die Zeit, die sie mit ihrem Mann erleben durfte, als Geschenk zu sehen, war ihre Trauer um ihn nicht mehr depressiv gefärbt und sie konnte sie ertragen.
    Auf die noch vorhandenen Möglichkeiten schauen
    In der Klinik war auch eine Sozialpädagogin, die wegen einer heimtückischen Krankheit ihren Beruf aufgeben musste. Sie war gerade zur Leiterin eines Kinderheims aufgestiegen, als sie die Diagnose erfuhr. Der erste
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