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Die schwimmende Stadt

Die schwimmende Stadt

Titel: Die schwimmende Stadt
Autoren: Hubert Haensel
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töten können, denn in diesem Augenblick war er so gut wie wehrlos.
    Zum erstenmal hörte Mythor einen Laut aus Scidas Kehle. Es war ein kurzes, heiseres Lachen.
    Er begann zu begreifen, daß es kein Kampf auf Leben und Tod war. Die alte Amazone schien ihn vielmehr prüfen zu wollen.
    Immer heftiger prallten die Klingen aufeinander. Mythor bemerkte, daß Scidas Kräfte nun schnell nachließen.
    Allerdings konnte er ihre Schwäche nicht mehr für sich nutzen. Sie zeigte erst jetzt, was sie wirklich vermochte. Der Weg ihres Schwertes war ein zuckender Blitz, dem Mythor nichts entgegenzusetzen hatte. Die Waffe des Lichtboten wurde ihm aus der Hand gewirbelt.
    Scida zielte mit dem Schwert auf seine Brust, als wolle sie ihn durchbohren. In ihre Augen trat ein zufriedenes Leuchten.
    Es bedurfte nur eines Winkes, um fünf Sklaven herbeieilen zu lassen, die Mythor ergriffen und mit sich schleppten. Widerstandslos ließ er es geschehen, daß sie ihn in eine kleine Höhle stießen.
    Jerka war einer von ihnen.
    »Es tut mir leid«, murmelte der Insulaner, als die anderen schon zurücktraten.
    Dann schloß sich eine schwere, hölzerne Tür, und Mythor war allein mit sich und seinen Gedanken.

3.
    Gut zwei Mannslängen über ihm befanden sich verschiedene unregelmäßige Öffnungen, durch die der Schein des sinkenden Tages hereinfiel. Das Licht reichte gerade noch aus, den Gefangenen seine neue Umgebung erkennen zu lassen.
    Die Höhle durchmaß etwa zwanzig Schritte und war bar jeglicher Einrichtung. Nur an den Wänden hingen in unregelmäßigen Abständen eiserne Halterungen. Rußflecke bewiesen, daß hier oft Fackeln brannten.
    Mythor versuchte, einen der Stäbe herauszureißen, um wenigstens etwas zu haben, das einer Waffe ähnelte. Es gelang ihm nicht. Die Wände waren hart wie Stein und die Eisen tief in sie hineingetrieben. Das schwammige Material, aus dem ganz Gondaha zu bestehen schien wirkte auch hier wie abgestorben.
    Sich die Zeiträume vorzustellen, in denen die Schwimmende Stadt zu ihrer heutigen Größe angewachsen war, war schier unmöglich. Wenige Menschenalter mochten dafür nicht ausreichen.
    Die Tür saß ebenfalls fest und widerstand seinen Bemühungen, sie aufzustoßen. Es konnte gut sein, daß sie von einem gestrandeten Schiff stammte. Mythor ließ sich niedersinken und wischte eine schweißnasse Haarsträhne aus seiner Stirn.
    Bei Quyl, er hatte geahnt, daß alles so kommen mußte. Er gab sich keinen Illusionen darüber hin, was Scida mit ihm vorhatte. Sie würde versuchen, seinen Willen zu brechen und ihn zum Sklaven zu machen.
    »Niemals!« Er ballte die Fäuste. Auch wenn er den Zweikampf verloren hatte, geschlagen gab er sich noch lange nicht. Eine alternde Amazone konnte auf Dauer keine Gegnerin für ihn sein.
    Wieder sah er Fronjas Antlitz scheinbar vor sich. Von der rauhen Decke herab blickte sie ihn an. Aber als er aufsprang, verflüchtigte sich die Erscheinung wie Nebel in der Mittagssonne.
    »Wo bist du?« flüsterte Mythor. »Wo kann ich dich finden, der mein Sehnen gilt?«
    Wo…? hallte es in ihm nach, und der Klang verursachte fast schon körperliche Schmerzen.
    Der Sohn des Kometen vergrub sein Gesicht in den Handflächen.
    Gerrek… dachte er.
    Ramoa…
    Er hatte die einzigen Freunde verloren, die er in Vanga besaß.
    Es war kein Haß, den er darob empfand, nur Verbitterung. Hatte das Schicksal seinen Weg vorherbestimmt, und mußte er ihn wirklich gehen?
    Gnädig hüllte die Müdigkeit ihn in den Schleier des Vergessens. Aber es blieben Träume, die mehr waren als nur eine zeitlose Erinnerung.
    Im Geist wandelte Mythor wieder hinter den Wasserfällen von Cythor. Dort hatte sich eine Prophezeiung erfüllt, die seither sein Leben veränderte. Alles Unbekümmerte war damals von ihm abgefallen, und nun drückte eine schwere Bürde auf seine Schultern.
    Der Geruch brennenden Peches weckte ihn. Mythor blickte geradewegs in eine glosende Fackel, deren Schein blendete.
    Jemand mußte die Höhle betreten haben, während er schlief, und hatte ihm zu essen gebracht. Ein kleiner Krug voll Wein und zwei knusprig gebratene Vögel ließen ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    Der Braten war noch heiß und troff vom eigenen Saft. Aber als Mythor hineinbeißen wollte, kamen ihm Bedenken. Immerhin mochte Scida sich mit der Absicht tragen, ihn zu vergiften.
    Sein knurrender Magen erinnerte ihn schließlich daran, daß die letzte Mahlzeit inzwischen sehr lange zurücklag. Eigentlich war sein Verdacht
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