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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft
Autoren: Roger R. Talbot
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hervorholte und ihn vorsichtig auf die Glasplatte legte.
    Dann nahm sie ein mit Briefkopf versehenes Schreiben aus einem Ordner, überflog es kurz und reichte es Victoria: Ȇberprüfe, ob die Angaben stimmen, und unterschreibe.«
    Victoria starrte ein wenig ungläubig auf das Blatt. »Was ist das?«
    Madame lehnte sich entspannt zurück: »Eine Verschwiegenheitsvereinbarung, die garantiert, dass jegliche Kenntnisse, die du während dieser Spezialausbildung erwirbst, einschließlich aller von mir ausgehändigten Texte, vertraulich bleiben und an niemanden weitergegeben werden … auch nicht an deine Familie. Selbst dein Aufenthalt hier hat geheim zu bleiben.«
    Victoria sah sich das Schreiben gar nicht näher an, sondern wandte sofort skeptisch ein: »Weshalb diese Neuerung? Für den letzten Lehrgang musste ich auch nichts unterschreiben.«
    Madame Iv beugte sich lächelnd zu ihr vor: »Das hier ist etwas anderes. Du musst mir vertrauen.«
    Die junge Frau überflog den klein gedruckten, in mehrere Paragrafen unterteilten Text. Er war mit unzähligen Anmerkungen versehen und deshalb bereits nach der ersten Zeile nur mühsam zu verstehen. Aber in ihrem Kopf hallte der Satz wider: Du musst mir vertrauen. Das hatte ihr Madame Iv gesagt, die Frau, die für den Erfolg einiger der berühmtesten Schauspielerinnen der Welt verantwortlich war und die so geschickt hinter den Kulissen des Showbusiness agierte, dass sie selbst nie in die Schlagzeilen geriet. Im Gegensatz zu ihren Schützlingen, die allesamt mit entsprechenden Meldungen von sich reden machten.
    Madame war in ihrer Branche eine Legende, und Victoria hatte während ihrer zweijährigen Ausbildung den Unterricht bei ihr über alles geliebt. Die wenigen Stunden im Monat, die sie in ihre Klasse gekommen war, hatte sich Iv als eine zwar überaus strenge, aber auch unglaublich charismatische Lehrerin erwiesen. Und dann war Victoria Ende des Lehrgangs überraschenderweise unter allen Schülerinnen ausgewählt worden. Für etwas anderes. Sie allein.
    Victoria griff zum Stift, ohne weiter nachzudenken. Sie unterschrieb und reichte das Blatt zurück. Madame hauchte auf die noch feuchte Tinte und legte das Schreiben in die Schublade. Dann sah sie ihr streng in die Augen: »Erste Lektion: In Zukunft wirst du alles lesen, was du unterschreibst.«
    Â»Aber Sie haben gesagt, ich soll Ihnen vertrauen.«
    Â»Zweite Lektion: Vertraue niemals irgendjemandem.« An diesem Punkt begann Iv zu lächeln: »Außer mir, da hast du recht.«
    Â»Was werde ich ab heute lernen?«, fragte Victoria neugierig.
    Iv schwieg einen Moment, bevor sie antwortete: »Zu verführen.«

5
    Schwarzes Meer, Küstennähe
Dienstag, 21. Dezember, 21.02 Uhr
    Zwischen den Wolken schimmerte der Vollmond. Lena wandte sich zu der Yacht um, von der sie sich bereits entfernt hatten, und beobachtete, wie sich das Heckschott schloss. Sie stellte den Kragen ihres Hermelinmantels auf und drückte sich zitternd an Gavrils Seite: »Man sieht fast nichts, und es fängt an zu regnen. Bist du sicher, dass wir weiterfahren sollen? … Wir könnten es morgen noch einmal bei Tageslicht probieren …«
    Gavril hatte noch nie gern Verzicht geübt, deshalb ignorierte er den Vorschlag und drückte einen Schalter am Armaturenbrett. Gleich darauf zerschnitt der helle Lichtstrahl eines Xenon-Bugscheinwerfers die Dunkelheit. Vor ihnen, an der Küste, tauchten riesige, düstere Wohngebäude auf, die wie Pilze aus dem Boden geschossen waren, um die weniger anspruchsvollen Söhne des neuen Russlands zu beherbergen. Um diese Jahreszeit war kein einziges Fenster erleuchtet.
    Â»Bitte sehr, keine Dunkelheit mehr. Und auch kein Regen.« Gavril streckte erneut die Hand nach der Schalttafel aus. Von der Rückseite des Wasserfahrzeuges stieg mit leisem Summen eine Kuppel aus Sicherheitsglas auf und senkte sich über den Steuerstand, sodass die beiden Passagiere vor dem schlechten Wetter geschützt waren.
    Â»Et voilà!« , lächelte er Lena triumphierend zu, nachdem er außerdem den gewaltigen Druckluftstrahl aktiviert hatte, der von der Bootsaußenseite auf die kleine Kuppel gerichtet war, um das Regenwasser wegzufegen und für freie Sicht zu sorgen.
    Â»Du bist wirklich ein Kind …«, wisperte sie, ließ den Kragen los und streichelte ihm über das Gesicht.
    Gavril hantierte
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