Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwarze Festung

Die Schwarze Festung

Titel: Die Schwarze Festung
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
sondern nur Erschrecken und eine tiefe Verzweiflung. »Wir ... wir können nicht fort«, sagte er. »Bitte – verstehen Sie doch! Es geht zu schnell. Das hier ... das hier ist alles, was wir haben. Wir kennen keine andere Welt. Wir können in keiner anderen Welt leben.« »Eigentlich hat er recht«, knurrte Gurk. »Ein Umzug würde sich kaum noch lohnen.« Charity brachte ihn mit einer raschen Geste zum Verstummen und trat einen Schritt auf Stark zu, blieb aber wieder stehen, als sie die Blicke der anderen registrierte. Es lag noch immer Ehrfurcht und Staunen darin, aber jetzt auch eindeutig Angst. Und etwas, das sie im ersten Moment für Zorn hielt, bis sie begriff, daß es in Wahrheit nichts anderes als Enttäuschung war. Enttäuschung und eine unendlich tiefe Verzweiflung. Diese Menschen hier hatten auf einen Retter gewartet, seit sie auf die Welt gekommen waren. Und jetzt war Charity gekommen. Die Legenden, von denen sie alle insgeheim gewußt hatten, daß sie nichts anderes als Legenden waren, waren wahr geworden, aber Charity kam nicht als Retterin, sondern als Todesbotin. »Bitte, Stark«, sagte sie beinahe flehend. »Ich weiß, was Sie fühlen. Aber wir müssen es wenigstens versuchen. Was Gurk gesagt hat, ist wahr. Aber ... aber es gibt immer einen Ausweg. Solange wir noch am Leben sind, werden wir kämpfen. Es muß ein Möglichkeit geben, es aufzuhalten.« »Das ist es nicht«, sagte Stark leise. »Wir können nicht fort. Wir können nicht hier heraus. Es gibt nicht genug Schutzanzüge, damit alle die Tote Zone durchqueren können. Nur vier oder fünf. Die anderen würden ersticken.« Charity schloß mit einem Seufzen die Augen. Es war einfach lächerlich, daß es nach allem vielleicht daran scheitern sollte, daß es einfach nicht genug Vakuumanzüge für dieses Dutzend Männer und Frauen gab. »Vier oder fünf«, sagte sie. »Das ist besser als nichts. Dann suchen Sie Ihre vier oder fünf besten Männer aus, die uns begleiten werden. Wie gehen und holen Anzüge für den Rest.« »Es gibt nicht so viele«, sagte Stark. »Die Spinnen ...« »Es gibt genug von diesen Anzügen an Bord«, unterbrach ihn Charity und strich mit einer Handbewegung über ihren eigenen Raumanzug. »Wir werden sie finden. French und ein paar von den anderen können sie zurückbringen. Er wird Ihnen zeigen, wie man sie anlegt.« Starks Schweigen war Antwort genug. Trotzdem wiederholte Charity ihre befehlende Geste und sagte noch einmal: »Sie müssen hier weg.« »Aber wohin denn?« murmelte Stark, machte aber gleichzeitig mit der linken Hand ein Zeichen, auf das hin sich drei der jüngeren Männer in die transparenten Kunstfolien zu wickeln begannen, die die Bewohner des Hortes zu primitiven Raumanzügen umfunktioniert hatten. Während sie darauf warteten, daß die drei, einer nach dem anderen, in der improvisierten Luftschleuse verschwanden, trat Gurk an ihre Seite und musterte abwechselnd sie und Frenchs Familie mit finsteren Blicken. »Weißt du«, sagte er so leise, daß nur Charity seine Worte verstehen konnte, »so unrecht hat er gar nicht.« Charity schwieg. Sie hatte keine Lust, mit Gurk zu reden. Tief im Innersten war sie sich sehr wohl klar darüber, daß alles, was sie jetzt noch taten, völlig umsonst war, und doch gehörte es zum Menschen und unterschied ihn vom Tier immer das Unmögliche zu versuchen. Gurk fuhr nach einer kurzen Pause fort. »Dieser Stark hat recht, Charity. Sie können nirgendwo anders leben. Bringe sie zur Erde, und du tötest sie.« Auch damit hat er recht, dachte Charity. Sie selbst empfand die niedrige Gravitation an Bord des Space Shuttles im Moment als angenehm, aber diese Leute hier hatten niemals die Anziehungskraft eines Planeten gespürt. Sie hatte ja selbst gesehen, wie sehr French unter der künstlichen Gravitation im Inneren der Orbit-Stadt gelitten hatte. Die Haut dieser Menschen hatte niemals Sonnenlicht gespürt. Sie hatten niemals saubere Luft geatmet. Und sie waren niemals mit Krankheitserregern in Berührung gekommen. Sie hätte die Aufzählung beliebig fortsetzen können, aber es lief immer wieder auf das eine hinaus – Gurk hatte recht. Diese Handvoll Menschen auf die Erde zu bringen bedeutete ihren sicheren Tod. Sie sprach nichts von alledem aus, sondern wartete stumm, bis French als letzter in der Schleuse verschwunden war und sich das gepanzerte Luk wieder öffnete. Beinahe hastig schloß sie den Helm ihres Anzuges, quetschte sich in die winzige Kammer und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher