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Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht
Autoren: James Mia
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unterhalten uns später weiter darüber«, tröstete ihr Vater sie. »Ich kann mich ja mal bei meinen neuen Kollegen umhören, was die darüber wissen. Aber jetzt lass dir davon nicht deinen ersten Schultag verderben, okay?«
    »Und nach der Schule kommst du sofort nach Hause, hast du gehört?«, sagte Silvia streng. »Ich möchte nicht, dass du allein unterwegs bist, während da draußen irgendein Verrückter frei herumläuft.«
    »Und wie soll ich bitte schön Freunde finden, wenn ich nicht rausdarf?«, fragte April und ersetzte die Worte »Freunde finden« in Gedanken durch »Jungs kennenlernen«.
    »Dann trittst du eben in den Schachclub eurer Schule ein«, antwortete Silvia zerstreut.
    »Soll das ein Witz sein ? « April warf ihrem Vater einen hilfesuchenden Blick zu.
    »Tut mir leid, Schatz, aber was das angeht, stehe ich ganz auf der Seite deiner Mutter«, sagte William sanft. »Bis wir wissen, was genau passiert ist, solltest du wirklich kein Risiko eingehen.«
    April griff kopfschüttelnd nach ihrer Tasche. »Ich geh lieber zu Fuß zur Schule – ist das wenigstens okay? Oder habt ihr etwa auch Angst, ich könnte am helllichten Tag umgebracht werden?«, fragte sie sarkastisch, stand auf und ging zur Tür. Einerseits war sie wütend auf ihre Eltern, gleichzeitig aber auch froh, ihren Start an der neuen Schule noch ein bisschen hinauszögern zu können. Wenn sie ehrlich war, fand sie den Gedanken, von einem Mörder verfolgt zu werden, weit weniger beängstigend als die Aussicht, den Schülern der Ravenwood School gegenübertreten zu müssen.
    »Echt, Fee, ich fühl mich hier wie eine Gefangene«, stöhnte sie kurz darauf ins Handy. »Die würden mich wahrscheinlich am liebsten in den Keller sperren, bis ich alt genug bin, um verheiratet zu werden.«
    April hatte Fiona angerufen, sobald sie durch die Haustür getreten war. Ihre Eltern hatten keine Ahnung, was die Nachricht von Alix Graves’ Ermordung bedeutete (dabei redeten sie heute noch über den Tod John Lennons), und konnten überhaupt nicht nachvollziehen, wie hart das jemanden wie Fiona treffen musste, die jede freie Fläche ihres Zimmers mit Postern und Zeitungsausschnitten von Alix zugepflastert hatte.
    »Schlimm«, seufzte Fiona mitfühlend. »Aber wenigstens lebst du noch.«
    »Oh, tut mir leid, Fee«, entschuldigte April sich sofort. »Ich war so sauer auf sie, dass ich gar nicht nachgedacht habe, was ich sage. Wie geht es dir?«
    »Ich komm schon klar.« Fiona schniefte. »So wirklich kapiert hab ich es noch nicht. Meinst du, ich komme damit durch, wenn ich heute schwarz gekleidet zur Schule gehe?«
    April musste lächeln. Also hatte sie ihre Freundin richtig eingeschätzt – sie war zwar aufrichtig geschockt und traurig, aber natürlich würde sie sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, ein kleines Drama zu inszenieren. An der St. Geoffrey’s School war das Tragen der panzergrauen, bordeauxrot umsäumten Schuluniform streng vorgeschrieben. Der Rock hatte züchtig die Knie zu bedecken, und jedes Mädchen, das es wagte, in einem kürzeren Rock in der Schule zu erscheinen, bekam den Zorn der Furcht einflößenden Schulleiterin Miss Batty zu spüren. April hatte am eigenen Leib erfahren, was das bedeutete, als sie einmal Schuhe getragen hatte, deren Absätze als »unangemessen hoch« erachtet worden waren. Ihr lief es heute noch eiskalt über den Rücken, wenn sie daran zurückdachte.
    »Da kann ich dir nur viel Glück wünschen«, sagte April lachend. »Ich glaube, Miss Batty würde dich nicht einmal Schwarz tragen lassen, wenn deine ganze Familie auf einmal sterben würde, geschweige denn…«
    Sie bekam sofort ein schlechtes Gewissen, als Fiona zu schluchzen begann. »Tut mir leid, Fee. Ich wollte nicht…« April konnte die Kilometer, die zwischen ihnen lagen, beinahe körperlich spüren. »Ach, Süße, ich wünschte, ich wäre bei dir und könnte dir helfen.«
    »Wenn dein Vater mehr darüber herausfinden könnte, wie es genau passiert ist, würde mir das schon helfen, glaube ich.«
    »Klar, ich frag ihn. Aber heute ist sein erster Arbeitstag bei der Zeitung, ich weiß nicht, ob er Zeit hat.«
    »Schon gut.« Fiona putzte sich geräuschvoll die Nase. » The show must go on. Alix hätte es so gewollt. Vielleicht setze ich einfach einen schwarzen Hut auf, den ich vor der Schule wieder abnehme. Irgendeine kleine Geste in der Art.«
    »Gute Idee.«
    »Jetzt haben wir aber genug über mich geredet«, sagte Fiona entschlossen. »Heute ist dein
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