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Die Schrift an der Wand

Die Schrift an der Wand

Titel: Die Schrift an der Wand
Autoren: Gunnar Staalesen
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sich hin. »Hab ich nichts von gemerkt.«
»Aber es könnte so gewesen sein?«
Wieder zuckte sie mit den Schultern. »Na ja … Vielleicht.«
»Aus welchen Kreisen kamen denn diese Jungs?«
»Kreisen?«
»Ja, ich meine, gingen sie zur Schule, oder?«
»Ein paar gingen aufs Domgymnasium!« sagte sie schnell.
»Und die anderen?«
»Ein paar gehen zur Berufsschule. Und ein paar gehen eben
nirgends hin.«
»Arbeitslos?«
»Weiß nicht. Hab sie nicht gefragt. Sind wir jetzt fertig?«
»Ich denke, ja«, sagte der Vater. »Es sieht nicht so aus, als
kämen wir viel weiter.«
Ich sah Åsa an. »Und dir fällt überhaupt nichts ein, das uns
helfen könnte, Torild zu finden, glaubst du?«
Sie schüttelte stumm den Kopf.
»Hat sie mal davon geredet, irgendwohin zu fahren? Oslo,
Kopenhagen?«
»Nee! Wo sollte sie denn das Geld herkriegen?«
»Na ja … Trampen … Es kostet nicht so viel …«
»Wir haben Åsa streng verboten zu trampen!« sagte die Mutter
scharf.
»Jedenfalls hat sie nie so was gesagt!« platzte Åsa dazwischen.
»Tja, dann …« Ich schrieb meinen Namen und Telefonnummer auf einen Zettel meines Notizblocks, riß ihn heraus und gab
ihn ihr. »Wenn dir was einfallen sollte, dann melde dich bitte bei
mir. Falls du nicht gleich mit ihrer Mutter sprichst.«
Sie nahm den Zettel und steckte ihn unbesehen ein.
Als sie zur Tür ging, sagte ich: »Tschüs!«
»Tschüs«, murmelte sie leise und ließ die Tür hinter sich
offenstehen.
Randi Furubø machte ein paar zögernde Handbewegungen,
verzog etwas unsicher den Mundwinkel, sah zur Decke und
sagte:
»Ja, ich … Das Essen.«
Wir nickten uns zum Abschied kurz zu.
Trond Furubø begleitete mich zur Tür. Bevor ich hinaustrat,
drehte ich mich noch einmal zu ihm um. »Vielleicht wäre es
eine gute Idee, wenn Sie und Ihre Frau selbst mit Åsa über die
Geschichte reden würdet. Vielleicht ist sie bei Ihnen offener.«
Er antwortete nicht.
»In dem Fall wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie sich bei mir
melden würden.«
Er nickte kurz, aber abweisend.
»Die Sache mit der Lederjacke …«
»Ich sagte, das geht Sie nichts an, Veum!«
»Aber es –«
»Auf Wiedersehen!«
Einen Augenblick lang standen wir da und starrten einander
an. Aber er kniff die Lippen zusammen, und mir war klar, daß
ich handgreiflich werden müßte, um jetzt mehr aus ihm herauszubekommen.
Sobald ich aus der Tür war, wurde sie hinter mir so heftig
zugeschlagen, daß ich den Luftzug im Nacken spürte.
Bevor ich wieder nach Hause fuhr, machte ich einen Schlenker
über Sædalsveien zum Furudal hinauf.
Ich mußte ein wenig suchen, bis ich die richtige Adresse fand.
Dazu gehörte ein großes Einfamilienhaus aus gebeiztem Holz,
das sehr aufrecht am Rande eines ziemlich steilen Naturareals
stand, mit einer Seitenterrasse, die an einem späten Winternachmittag nicht besonders sonnig war, aber von Mai bis
September zweifellos eine günstige Lage hatte.
Der Eingang lag auf der Rückseite, und Sisdel Skagestøl
mußte mich vom Fenster aus gesehen haben, denn sie öffnete,
noch bevor ich klingeln konnte. »Ja? Haben Sie schon etwas
herausgefunden?«
»Nein, tut mir leid. Aber ich habe mit Åsa geredet, und ich
habe nur noch ein paar Fragen.«
»Ja?« Sie schob die Tür hinter sich halb zu. »Vibeke und Stian
sind zu Hause. Macht es etwas, wenn wir hier draußen bleiben?«
»Nein, nein … In erster Linie wollte ich Sie fragen, ob Sie mir
noch weitere Namen von engen Freundinnen von Torild nennen
können.«
»Weitere? Mmh, ich weiß nicht … Da sind schon ein paar,
aber ich glaube keine, die … enger war.«
»Ihnen fällt kein Name ein?«
»Ich kann Ihnen eine Liste geben, natürlich, aber dann muß ich
mich schon hinsetzen und etwas nachdenken. Reicht es, wenn
Sie sie morgen bekommen?«
Ich nickte. »Das zweite war … Eine etwas heikle Frage vielleicht. Aber … Ihnen ist nicht aufgefallen, daß Torild in der
letzten Zeit mit besonders teuren Klamotten nach Hause
gekommen ist?«
»Mit besonders teuren Klamotten! Sie meinen doch nicht
etwa, daß-?«
»Es ist nur eine Frage.«
Sie sah mich ein wenig verwundert an. »Aber ich denke jedenfalls, daß ich Ihnen darauf eine ziemlich klare Antwort geben
kann. Nein, das ist mir ganz und gar nicht aufgefallen. Und es
wäre mir aufgefallen! Alle Kleiderkäufe werden von mir
getätigt, oder von uns gemeinsam, wenn es nicht nur eine Jeans
oder so was ist, das sie selbst aussuchen kann. Aber sonst …
Nein, nichts.«
»Das ist gut.«
»Aber warum
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