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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer
Autoren: Ann Benson
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Beatmung war er in dem Augenblick, da es passierte, tot. Er starb an einem irreparabel gebrochenen Herzen.
    »Weißt du, ich habe diesen großen Iren gehasst, als man uns zu einem Team zusammenspannte, aber dann ist er mir richtig ans Herz gewachsen. Wir wurden Freunde. Richtig gute Freunde.«
    Ich legte Ben die Hand auf den Arm, um ihn zu trösten. »Lass es gut sein.«
    Escobar schniefte und wischte sich mit den Fingerspitzen ein paar Tränen weg. »Wenn er nur ein paar Sachen auf sich hätte beruhen lassen, dann könnte er vielleicht immer noch hier sein.«
    Dagegen konnte ich nichts einwenden.
    Wir gingen synchron zum Echo des Dröhnens. Die Dudelsackpfeifer hatten längst ihre Sachen zusammengepackt und waren verschwunden, aber ihre Musik hing noch in der Luft. Als wir das Auto erreichten, hatte ich es geschafft, » Scotland the Brave « aus meinem Schädel zu verbannen, doch augenblicklich nahm » Minstrel Boy « seinen Platz ein.
    Erst » She Loves You « aus dem Radio schaffte es, die Melodien endgültig zu vertreiben. Ich fuhr nach Hause und versuchte mich ein wenig zu entspannen, bevor um sechs meine Schicht begann.
    Als ich ins Dezernat zurückkehrte, war es dort außergewöhnlich ruhig. Keine bimmelnden Telefone, kein pseudowitziges Geplapper, keine knisternden Funkgeräte oder quäkenden Handys. Bei traurigen Anlässen ist das oft so; aus irgendeinem unbekannten Grund halten die Perversen inne, als ginge es gegen ihren Ehrenkodex, sich ein Kind zu schnappen, solange die Angehörigen der Abteilung Verbrechen gegen Kinder auf einer Beerdigung sind.
    Lange hielt es nicht an. Auf Terry Donnollys Tisch klingelte das Telefon. Ich hörte den Dienst habenden Sergeant rufen: »Wer ist anwesend?«
    Ich schaute mich schnell um. Escobar war auf dem Klo, und sonst schien niemand da zu sein.
    »Dunbar«, rief ich widerwillig.
    »Na, dann schnapp dir mal diesen Anruf, Pandora.«
    Es wäre mir lieber, wenn sie mich nicht so nennen würden. Aber es ist nicht nur ein schlechter Witz – leider. Ich scheine immer die Fälle zu bekommen, die mit all den Problemen dieser Welt belastet sind. Deshalb schaute ich das Telefon an und dachte: Rühr das Ding nicht an, das wird nur wieder ’ne Büchse voller Probleme, was idiotisch war, weil wir in dieser Abteilung keine Anrufe von Leuten bekommen, die nur mal Hallo sagen wollen. Sie müssen sich erst einmal durch die Zuständigkeitshierarchie durcharbeiten, Streifenpolizisten, Detectives, vielleicht ein oder zwei Sergeants, und dann heißt es: Man hat mir mein Auto gestohlen, und mein Baby war auf dem Rücksitz; nebenan brauen sie sich was zusammen, was echt übel riecht, und da ist ein Vierjähriges in der Wohnung, oder: Da benutzt jemand sein Kind als Punchingball. Und nicht: Guten Tag, Ma’ am, wie geht es Ihnen heute, möchten Sie nicht unseren unglaublichen Hochleistungs-Staubsauger für neunzig Tage kostenlos und ohne jedes Risiko ausprobieren? Es ist immer etwas, und nie was Angenehmes.
    Und es war unheimlich, dass das Telefon auf Donnollys Tisch klingelte, so kurz, nachdem wir ihn begraben hatten.
    »Verbrechen gegen Kinder, Detective Lany Dunbar«, sagte ich.
    »Mein Sohn ist weg.«
    Probleme.
    »Wie meinen Sie, weg?«, fragte ich die Frau.
    »Vermisst. Verschwunden. Einfach weg.«
    Ich sage nur sehr ungern, was wir normalerweise denken, wenn wir »vermisstes Kind« hören, und ich sage nur sehr ungern, wie oft wir es hören. Kinder büchsen aus allen möglichen Gründen aus, und es sind nicht immer nur die Verdrehten. Viele nette, normale Kinder laufen davon, und sie tun es aus den bizarrsten Gründen, die man sich vorstellen kann. Deshalb treten wir erst in Aktion, wenn wir einige der normaleren Möglichkeiten ausgeschlossen haben.
    Ich bat die Anruferin, mir ihren Namen zu nennen.
    Sie blaffte ihn heraus. »Ellen Leeds.«
    »Ms. Leeds …«
    » Mrs. «
    Ich konnte verstehen, warum sie im Augenblick ein wenig angespannt war. »Mrs. Leeds, war schon ein Streifenbeamter bei Ihnen zu Hause?«
    »Nein. Ich habe 911 angerufen, und die haben mich direkt zu Ihnen durchgestellt.«
    Anscheinend saß eine Neue in der Telefonzentrale. »Bitte geben Sie mir Ihre Adresse und Ihre Telefonnummer.«
    Sie rasselte beides herunter.
    Escobars Schreibtisch stand am nächsten. Ich musste herumwühlen, um einen Fetzen Papier zu finden – sein Arbeitsplatz ist immer so chaotisch. Trotzdem ist er erstaunlich produktiv. Ich notierte mir die Angaben und sagte dann: »Einen Augenblick, bitte.
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