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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge
Autoren: Toni Jordan
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einige Bedenken.«
    Ich beuge mich vor. Ich bin hellwach, alarmiert. Mein Puls rast.
    Â»Meine Unterlagen?«, frage ich. »War etwas nicht in Ordnung?« Mein Blick huscht zwischen Daniel und Carmichael hin und her.
    Â»Nein, nein«, antwortet Carmichael. »Ihre akademischen Leistungen sind vorbildlich. Die Homepage Ihrer Universität mit den vielen Links zu Ihren Forschungsarbeiten war sehr hilfreich. Die Medienberichte, die Preise. Und danke, dass Sie uns Ihre Doktorarbeit geschickt haben.« Er legt eine Hand auf einen hohen Papierstapel neben sich. »Ich muss gestehen, dass ich sie nicht ganz gelesen habe, aber, hm, sehr beeindruckend.«
    Ich reibe die Hände aneinander, verschränke die Finger und schlinge sie umeinander. Gleich kommen sie auf den Tiger zu sprechen.
    Â»Dann meine Referenzen? Haben Sie mit ihnen gesprochen? Mit dem Zeitunterschied ist es schwierig. Und sie sind sehr beschäftigt.«
    Â»Nein, das ist es nicht. Ich habe mit beiden gesprochen«, sagt Carmichael. »Hervorragende Männer. Der eine so jung, und Professor Weldon soll ja bald den Nobelpreis bekommen.«
    Â»Den Nobelpreis?«, frage ich. »Davon hat er mir gar nichts erzählt. Er ist immer so bescheiden.«
    Â»Es war mir eine Ehre, mit ihm zu reden. Er war mit meiner Arbeit vertraut und hat sehr nett über eines meiner Theoreme gesprochen. Von Ihrem Potenzial hat er regelrecht geschwärmt. Und von Ihrer Arbeit als Postdoc. Harvard. Erstklassig.« Carmichael zupft an seinem Kehllappen, als würde er einen Jazzriff auf einem Kontrabass spielen. »Das ist nicht das Problem.«
    Während ich mit Carmichael rede, beobachte ich aus dem Augenwinkel Daniel. Bis eben hat er noch gelangweilt gewirkt, aber jetzt beugt er sich vor. Er runzelt die Stirn, die Hände hat er vor sich auf den Tisch gelegt. Sein Mundwinkel zuckt. Er streckt die Hand nach der Mappe vor Carmichael aus und dreht sie, damit er meine Bewerbung lesen kann. Sein Interesse ist geweckt. Das ist gut.
    Â»Worin genau besteht dann das Problem?«, will ich wissen. Das ist eine Aufforderung, keine Frage. Ich wappne mich.
    Â»Das Projekt, für das Sie Unterstützung beantragen, steht in keinem Zusammenhang mit Ihrer früheren Arbeit. Es hat mit Ihrer bisherigen Laufbahn nichts zu tun«, sagt Carmichael.
    Â»Die Stiftung ermutigt zu solchen Anträgen. Das steht auf dem Bewerbungsformular.« Ich durchsuche meine Unterlagen, bis ich auf das entsprechende Dokument tippen kann. »Hier. ›Forscher sollten nicht zögern, neuartige Projekte aus Gebieten vorzuschlagen, die wahrscheinlich weder von ihrer Universität noch von anderer Seite gefördert werden.‹ Neuartige Projekte. Das heißt das doch.«
    Â»Ich weiß, was das heißt«, sagt Carmichael. »Dr. Canfield, bitte verstehen Sie mich. 25 000 Dollar sind eine beachtliche Summe.«
    Daniel Metcalf hat sich in Carmichaels Ordner vertieft, er hat darin herumgeblättert, ist mit dem Finger über meinen Lebenslauf gefahren, aber jetzt mischt er sich ein. »Der Professor will sagen, dass wir uns bei jedem Antragsteller ansehen, ob er zurechnungsfähig ist. Das ist so eine kleine Macke von uns.«
    Einen langen Augenblick bin ich wie erstarrt. Ich senke den Blick auf meine Notizen, schiebe die Brille hoch und kneife mir in den Nasenrücken. Dann treffe ich eine Entscheidung. Zeit zu gehen. Ich sammle meine Mappen und Ausdrucke ein und stelle meine Aktentasche mit einem dumpfen Knall auf den Tisch. Ich bin aufgebracht. Kratzer auf antiken Möbeln interessieren mich im Moment nicht.
    Â»Dr. Canfield?«, sagt Carmichael.
    Ich stehe auf. »Sie haben recht. Es klingt sicher verrückt. Ich ziehe den Antrag zurück«, entgegne ich. Ich schürze die Lippen und kneife die Augen zusammen. »Entschuldigen Sie, dass ich Ihre Zeit verschwendet habe.«
    Daniel runzelt die Stirn und steht ebenfalls auf. Er wirkt leicht verwirrt. »Bitte setzen Sie sich, Dr. Canfield. Vielleicht können wir über die Regel mit der Zurechnungsfähigkeit dieses Mal hinwegsehen.«
    Durch einen finsteren Blick mache ich ihm klar, dass ich nichts mehr zu verlieren habe, dann stopfe ich die Unterlagen in meine Aktentasche und fummle an dem Verschluss herum, der nicht zugehen will. Ich bringe kein Wort heraus. Jetzt lässt sich die Tasche nicht schließen, weil ich alles so wild hineingestopft habe. Ich blinzle
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