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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge
Autoren: Toni Jordan
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schneller. Gleich sieht es so aus, als würden mir die Tränen kommen.
    Daniel umrundet den Tisch und nimmt mir die Aktentasche aus den Händen. »Setzen Sie sich. Setzen Sie sich und sagen Sie mir, was Sie denken. Carla, ein Glas Wasser für Dr. Canfield.« Er stellt die Tasche neben mir ab und setzt sich auf die Tischkante.
    Beinahe flehend sehe ich Daniel Metcalf in die Augen. Ich überlege, ob ich ihn wegschieben und davonrennen oder machen soll, was er sagt. Ich setze mich. Um mich zu sammeln, atme ich tief durch. »Ich bin neunundzwanzig Jahre alt«, sage ich. »Mit einundzwanzig wurde ich Evolutionsbiologin. Seit meiner Promotion habe ich auf den richtigen Gebieten geforscht. Ich habe gute Arbeit geleistet und hervorragende Beiträge in den richtigen Zeitschriften veröffentlicht. Und jetzt … Ich dachte, das wäre meine Chance. Das Projekt ist unkonventionell, das weiß ich, aber es ist mein Traum. Schon seit ich ein kleines Mädchen war.«
    Â»Sie wollen also tatsächlich im Wilsons-Promontory-Nationalpark einen Tasmanischen Tiger finden?« Carmichaels Stimme geht auf Zehenspitzen, als hätte er schlechte Neuigkeiten zu verkünden. »Dr. Canfield, die Tiere sind ausgestorben. Und hier in Victoria haben sie zuletzt vor mehreren Tausend Jahren gelebt, lange bevor sie ausstarben. Wissen Sie, wie viele Touristen diesen Park besuchen? Da zelten und wandern, für ein Wochenende oder länger? Es wimmelt dort von Menschen. Und Sie wollen das schon, seit Sie ein kleines Mädchen waren?«
    Ich sehe ihn nicht an. Wen kümmert es, was er sagt. Es ist nicht sein Geld. Mein Blick bleibt auf Daniel geheftet, der mit den Schultern zuckt.
    Â»Ist mal was anderes. Die meisten kleinen Mädchen wünschen sich ein Pony.«
    Als die Sekretärin einen Untersetzer und ein Glas Wasser vor mir platziert, nippe ich daran und mache mich bereit. Ich bin noch nicht fertig.
    Â»Sie haben schon früher für unkonventionelle Projekte Stipendien vergeben. Ihre Stiftung ist bekannt dafür, dass sie Menschen eine Chance gibt«, sage ich. »So etwas spricht sich unter Wissenschaftlern herum.«
    Carmichael rümpft die Nase. Ich habe etwas Falsches gesagt. »Sie irren sich«, entgegnet er. »Wir sind durchaus offen für, nun, kreative Projekte, aber wir wählen sorgfältig aus. Unsere Stiftung ist die älteste privat finanzierte Stiftung in Melbourne. Wir müssen an unseren Ruf denken.«
    Â»Und das Stipendium für diesen Typen, der herausfinden wollte, ob Hunde mit verschiedenen Akzenten bellen?«, fragt Daniel.
    Â»Das war einwandfreie Forschung«, antwortet Carmichael. »Auf dem neuesten Stand der Kommunikationstheorie.«
    Â»Und der Kerl mit den Schneeflocken? Professor Eng?«
    Carmichaels Lider flattern im Rhythmus der Ouvertüre 1812 .
    Â»Absolut stichhaltig. Er hat zum ersten Mal tatsächlich statistisch die unbewiesene Annahme untersucht, dass jede Schneeflocke einzigartig ist.«
    Â»Und Dr. … wie hieß sie gleich? Pace? Die Frau, die willkürlich Leute aussuchen und sie dazu zwingen wollte, sich scheiden zu lassen?«
    Â»Das haben wir dann doch nicht gefördert, wissen Sie nicht mehr?«
    Â»Nicht?« Daniel lehnt sich zurück und verschränkt die Arme. »Ich fand die Idee großartig. Meine verheirateten Freunde diskutieren ständig darüber, ob es für die Kinder besser ist, wenn sie zusammenbleiben und sich ständig streiten oder wenn sie sich scheiden lassen und ständig streiten.«
    Â»Das Ethikkomitee hat Einspruch erhoben.«
    Â»Schade«, sagt Daniel.
    Sie haben beinahe vergessen, dass ich hier bin. Carmichael räumt seine Unterlagen zu einem Stapel zusammen und schiebt seinen Stuhl zurück. Aber Daniel Metcalf ist noch nicht fertig. Er zieht den Stuhl neben meinem heraus und setzt sich. Dann blickt er mir in die Augen, als würde er mich zum ersten Mal sehen.
    Â»Erzählen Sie mir von Ihrem Projekt«, fordert er mich auf.
    Ich schlage meine Mappe auf und krame darin herum. »Wir können die Zusammenfassung überspringen und gleich mit der vierten Seite des Antrags anfangen.«
    Â»Nein.« Er legt eine Hand flach auf den Stapel Papiere. »Erzählen Sie einfach.«
    Â»Na ja.« Ich gehe in Startposition. »Der Tasmanische Tiger gilt seit den Dreißigern als ausgestorben. Und trotzdem gibt es jedes Jahr Meldungen, dass er
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