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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter
Autoren: Miriam Muentefering
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wagen wollte. Er war sicher, von Männern zwar nicht besser geliebt, aber doch ehrlicher verlassen zu werden.
    »Würdest du einen Mann verlassen, weil er angeblich zu sanft ist, dir jeden Wunsch von den Augen abliest und ständig Rücksicht nimmt?«, plärrte er mich an.
    »Nein«, heulte ich. »Niemals!« Dann erzählte ich ihm, dass ich bereits seit meinem sechzehnten Lebensjahr nur noch mit Frauen befreundet war.
    »Wie hältst du das aus?«, wollte Lothar mitfühlend wissen. »Diese Grausamkeiten? Diese Qualen, die sie einem permanent zufügen. Nimm den Sex. Nur so als Beispiel. Nie sagen sie einem, was sie mögen, weil sie finden, dass man es selber herausfinden sollte. Sie stöhnen und schreien. Aber am Ende werfen sie dir vor, dass sie den Orgasmus immer nur gespielt haben. Wie verkraftest du so was?«
    Ich hatte meine eigenen Erfahrungen: »Sie wollen gewärmt werden und umsorgt. Sie wollen die totale Verschmelzung. Und nach einem Jahr stellen sie fest, dass sie ihre Mutter auf dich projizieren, und fangen was mit einer autonomen Dritten an.«
    Der schwule Kellner brachte uns eine weitere Runde Tequila und zwinkerte Lothar zu.
    »Entschuldige«, lallte dieser. »Hast du schon mal einen Orgasmus vorgetäuscht?« Der Kellner schickte von da an seinen Kollegen an unseren Tisch.
    Das hatte zur Folge, dass meinem frisch gewonnenen Kumpel Männer plötzlich auch nicht mehr verlockender schienen als seine ehemalige Freundin. Da ich mittlerweile auch beschlossen hatte, nie wieder eine Beziehung zu einer Frau einzugehen, kamen Lothar und ich zu einer Übereinkunft: Wir wollten uns in einer harmonischen, gleichberechtigten Partnerschaft zusammentun – wobei Sex von vornherein ausgeschlossen sein sollte, da der sowieso grundsätzlich nur Ärger macht. Diese Variante schien uns beiden erstrebenswert. Wir wankten in Lothars Wohnung, um gleich heute Nacht unseren Plan in die Tat umzusetzen, und er überließ mir ritterlich sein Bett, während er in einer Hängematte zwischen Schrank und Tür nächtigte.
    Es kam garantiert zu keinerlei sexuellen Handlungen, was wir beide zur erwachenden Mittagszeit am nächsten Tag mit unendlicher Erleichterung zu erinnern vermochten. Allerdings kam es zu einer intensiven und langjährigen Freundschaft zwischen uns. Auch wenn Lothar zwei Jahre später, nämlich vor fünf Jahren, Frauke kennenlernte und seinen Schwur damit brach, nie wieder eine Frau außer mir in sein Herz zu lassen. Ich schüttelte den Kopf und belächelte diese männliche Schwäche … und verliebte mich zwei Wochen später in Ellen mit den blauesten Augen, die ich je gesehen hatte.
    Dass ich mich auch mit Lothars neuer Flamme Frauke, die zufällig eine Berufskollegin war, ganz wunderbar anfreundete und wir gemeinsam vor zwei Jahren unser eigenes Journalistinnenbüro ins Leben riefen, tat der Kumpel-Freundschaft mit Lothar keinen Abbruch. Ich durchstand mit den beiden Höhen und Tiefen ihrer Beziehung, ohne jemals in Loyalitätskonflikte zu geraten. Die einzige Möglichkeit, zwischen ihre Fronten zu geraten, ist ihrer beider Liebe zu ihren Haustieren.
    Lothar besitzt seit vielen Jahren einen inzwischen etwas steifbeinigen alten Kater namens Lanzelot, dem er vor nicht allzu langer Zeit eine blendende Langfell-Schönheit zugesellte, die selbstverständlich den Namen Gwenhyfer trägt.
    Die beiden Katzen haben in Lothars Leben einen hohen Stellenwert. Er genießt ihre wohlig schnurrende Anwesenheit beim Lesen auf sämtlichen Polstermöbeln und beobachtet gern ihre Gott sei Dank vergeblichen Versuche, im kleinen Innenhofgarten Singvögel zu Zwischenmahlzeiten zu zerlegen. Die gelassene Harmonie zwischen den dreien durchdringt ihrer aller Wesen und kann nur gestört werden durch Hektik, Lärm und Aufdringlichkeit … wie sie zum Beispiel Loulou von morgens bis abends, nur unterbrochen von kurzen schnarchintensiven Schlafphasen, zu verbreiten versteht.
    Loulou ist von Schäferhundgröße, jedoch viel schlanker und agiler. Einer ihrer Vorfahren muss ein Dalmatiner gewesen sein, denn ihr weißes struppiges Fell ist von vielen schwarzen Punkten übersät. Sie ist eine Frohnatur, die häufig mit offenem Mund lacht. Ausgelassenheit zählt zu ihren Grundzuständen. Weiterhin besitzt Loulou die faszinierende Funktion eines Schattens: Immer an Fraukes Seite, taucht sie selbstverständlich überall auf, wo ›Frauchen‹ auch ist.
    Lothar und Frauke sind beide überaus glücklich und tief zufrieden mit ihren jeweiligen Haustieren.
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