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Die schöne Teufelin

Die schöne Teufelin

Titel: Die schöne Teufelin
Autoren: Celeste Bradley
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aber die dunkle, verlassene Straße war immer noch voller Pfützen. Die andere Kutschlampe musste noch immer brennen, denn Jane konnte einen Lichtschein unter den Rändern des Surrey erkennen.
    Ein Geräusch hinter ihr ließ sie sich umdrehen und zur anderen Seite spähen. Der kleine Mann stieg gerade auf den bloßen Rücken des klatschnassen Pferdes, das er von dem
Kutschgeschirr befreit hatte. Von seinem versengten Schweif einmal abgesehen, schien das Pferd in besserer Verfassung zu sein als Jane.
    Fast hätte Jane um Hilfe gerufen, hielt sich aber gerade noch zurück. Offenbar hielt der Mann sie für tot oder zu stark verletzt, als dass er sie mitschleppen wollte. Sollte er das ruhig denken! Ihr ging es gut, wo sie war – sie war nur nass und erschöpft und fühlte sich hundeelend, und ihr Schädel brummte. Wenn er erst einmal außer Hörweite war, würde sie ganz London mit ihrem Geschrei zum Einstürzen bringen.
    Vorsichtig legte sie sich wieder hin und behielt die Pferdehufe im Auge, als das Tier sich von ihr abwandte. Sie beobachtete sie, als sie den schwachen Lichtschein der Kutschlampe verließen, und lauschte, bis sie den stolpernden Hufschlag der Mähre nicht mehr auf dem Kopfsteinpflaster hören konnte.
    Sie zwang sich dazu, noch ein bisschen länger zu warten, zählte rückwärts von hundert bis null. Sie war auf ihrer Vorderseite bis auf die Haut durchnässt, und sie fing wegen der Kälte an, schrecklich mit den Zähnen zu klappern. Sie atmete tief ein. Dann begann sie, mit aller Kraft nach Hilfe zu rufen.
    Sie rief, sie schrie, sie heulte so laut, dass sie sich selbst die Ohren zuhalten musste – aber sie erhielt keine Antwort.
    Das durchgehende Pferd hatte sie aus dem Lager- und Zollviertel in das Marschland gezogen, das diesen Bereich der Hafenanlage umgab. Es war eine Einöde, in der ihre Schreie denen der Vögel glichen, die hier im Marschland lebten. Schließlich, als ihre Kehle schmerzte und ihre Ohren klangen, ließ Jane die Stirn auf ihre Unterarme sinken. Die
Kälte fraß sich in ihr Innerstes, vervielfachte ihre Schmerzen und überschattete ihre Angst mit grimmiger Notwendigkeit. Der Surrey stach fest in ihr Fleisch, und ihre Lage – ihre verdammte Hilflosigkeit – ließ erneut Panik in ihr aufsteigen.
    Sie stützte sich mit den Händen auf dem Pflaster ab und versuchte zum wiederholten Mal, ihre Beine unter dem Surrey hervorzuziehen. Dann drehte sie sich erregt, versuchte an jedem Stück, das sie erreichen konnte, den Surrey zu bewegen, in der Hoffnung, ihn zur Seite zu stoßen. Sie rüttelte heftig daran herum, aber dann spürte sie, wie er sich umso fester auf ihre Beine legte.
    »Nein!« Sie versuchte es noch einmal, schaukelte ihn wild über ihr hin und her. Nichts passierte. Atemlos hielt sie inne und versuchte, ihre Panik in den Griff zu bekommen. Man würde sie bald finden. Schließlich lag sie am Rand einer Straße. Und auf Straßen herrschte Verkehr. Sie musste also nichts weiter tun, als sich warm zu halten, bis sie jemand finden würde …
    Ein scharfer, vertrauter Geruch breitete sich unter dem Surrey aus. Jane schnüffelte, versuchte herauszufinden, was es war. Irgendetwas tropfte direkt vor ihren Augen an der Seite des Surrey herab und versickerte im morastigen Boden.
    Regenwasser?
    Sie tupfte einen Finger hinein und hielt ihn sich an die Nase.
    Lampenöl? Oh, nein.
    Bei ihren Versuchen, sich unter dem Surrey zu befreien, hatte sie wahrscheinlich das Ölreservoir der Lampe umgekippt. Das konnte gefährlich werden, wenn das Öl Feuer fing und den Holzrahmen des Surrey in Brand setzte.
    Jane verhielt sich mucksmäuschenstill. Zuerst sah und
hörte sie nichts. Sie entspannte sich ein wenig. Wenn es nur ein bisschen verschüttetes Öl war, hatte sie nichts zu befürchten.
    Dann stieg ihr der erste Anflug von Rauch in die Nase.
     
    Ethan führte sein Pferd Richtung Osten durch die Commercial Road, einen dunklen Tunnel zwischen Lagerhäusern. Wenn das hier wirklich der Weg war, den Janes Entführer genommen hatte, hatte er zu dieser frühen Morgenstunde unbemerkt entkommen können. Später am Tag würde hier geschäftiges Treiben herrschen, Waren würden zum und vom Hafen gebracht, aber jetzt war es hier noch so still wie in einem Grab.
    Die Straße verzweigte sich, und Ethan hielt an. Rechts gingen die Lagerhallen weiter, bis zu den East India Docks. Hier wäre der Entführer vor neugierigen Blicken sicher.
    Links führte die Straße über ungenutztes Marschland. Es war eine
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