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Die schöne Parfümhändlerin

Die schöne Parfümhändlerin

Titel: Die schöne Parfümhändlerin
Autoren: A MCCABE
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einen ungeduldigen Seufzer. Dio mio! S ie hatten wirklich nicht die ganze Nacht Zeit! Es war schon spät genug. In ein paar Stunden war der gesamte Landucci-Haushalt auf den Beinen. Julietta wollte endlich wissen, warum die junge Frau sie hergebeten hatte, und dann schnellstens wieder verschwinden. Schließlich musste sie sich um ihr Geschäft kümmern. Ihr Parfümladen war ihr wichtiger als diese dumme kleine Patrizierin und ihr toter Gemahl, der zweifelsohne seinen Tod verdient hatte.
    Was wollte Cosima wirklich von ihr?
    Julietta wusste, wenn sie Cosima drängte, würde die junge Frau völlig zusammenbrechen. Sie zitterte bereits wie Espenlaub.
    „Also, was hat er getan, bevor er Euch ins Bett befahl? Ihr seid noch nicht entkleidet, Madonna“, fragte Julietta deutlicher und deutete dabei auf Cosimas Robe. Weder an den Ärmeln noch am Mieder waren die goldenen Spitzenbänder gelöst.
    Cosima war kreideweiß im Gesicht, die Augen waren rot vom Weinen. Verlegen zerknüllte sie ihr Spitzentuch in der Hand. „Er hat Wein getrunken. Wie immer, bevor … bevor er … Viel Wein.“
    Julietta runzelte die Stirn. Sie konnte nirgends einen Weinkelch oder einen Wasserkrug entdecken. Erst als sie mit den Augen Cosimas tränenverhangenen, unruhigen Blick auf den Boden folgte, sah Julietta den glänzenden Fuß eines silbernen Weinkelches unter dem Bettrand hervorlugen. Sie kniete nieder und zog den Kelch unter den schweren Falten des samtenen Bettüberwurfs hervor.
    Auf dem Boden des Gefäßes waren noch Reste eines dunklen roten Weines zu erkennen, dickflüssig wie Blut und an den Rändern bereits angetrocknet. Julietta hob das Glas auf und roch vorsichtig daran. Neben der schweren Süße des Rotweins witterte ihre empfindliche Nase einen Hauch von einem feinen grasigen Duft. Und noch etwas. Jasmin und Lilie – Cosimas Parfüm, das Julietta stets selbst zusammenstellte und wöchentlich in Cosimas Flakon aus blauem Muranoglas füllte.
    Julietta stellte den Kelch zur Seite und schaute noch einmal unter das Bett. Sie rümpfte die Nase über die Unmengen von Staub. Sehr sorgfältig putzten die Dienerinnen wohl nicht. Doch sie entdeckte noch mehr als nur Staub und Schmutz im Dunkel unter dem Bett: das schwache Glitzern eines hellblauen Glases.
    Sie zog es hervor und hielt es ins Licht. Der Flakon war leer, der silberne Stöpsel verloren. Der Duft von Jasmin und Lilie hing noch im Glas und außerdem dieser seltsame Hauch von grasigem Grün.
    Ein Geruch, den Julietta nur allzu gut kannte.
    „Gift“, wisperte sie. Wie ein Totengeläut hallte das Wort durch das riesige Schlafgemach.
    „Nein“, rief Cosima entsetzt, rannte quer durch den Raum und warf sich neben Julietta auf die Knie. Das hübsche Gesicht angstverzerrt, klammerte sie sich verzweifelt an den Arm ihrer Parfümeurin. „Das kann nicht sein. Vergiftet! Ich war es ganz bestimmt nicht. Bitte, Signora Bassano, Ihr müsst mir glauben!“
    Julietta war kurz versucht, sich der Umklammerung zu entledigen, doch sie hielt nur den leeren Flakon in die Höhe. „Wenn Ihr es nicht wart, Madonna, dann hat jemand aber keine Mühe gescheut, damit es so aussieht, als wäret Ihr es gewesen.“
    Mit großen, vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen starrte Cosima auf das Glas. „Nein, ich war es nicht“, beteuerte sie. „Ja, Signora, Ihr wisst, dass ich meinen Mann nicht so geliebt habe, wie eine gute Ehefrau es sollte. Aber ich bin eine gläubige Christin! Niemals würde ich meine sterbliche Seele beflecken mit einem …“ Sie brach wieder in Tränen aus.
    „ Basta!“ Julietta packte die junge Frau bei den Schultern und schüttelte sie. „Zum Weinen ist jetzt keine Zeit, Madonna! In Kürze wird Eure Dienerschaft wach sein. Bis dahin gibt es eine Menge zu tun.“
    Schluchzend sah Cosima zu Julietta auf. „Ihr wollt mir helfen?“, fragte sie voller Hoffnung in der Stimme.
    Ernst schaute Julietta die junge Frau an. Und wieder stieg die Erinnerung in ihr auf. So war auch sie einst gewesen: jung, allein und verängstigt. So schrecklich verängstigt. Und nicht ohne Grund. Am liebsten wäre sie jetzt einfach aufgestanden und gegangen, geflüchtet vor dieser unheilvollen jungen Frau und aus diesem Haus, über dem offenbar ein Fluch lag. Aber sie konnte es nicht.
    „Ich werde Euch helfen“, sagte sie barsch. „Ihr müsst aber tun, was ich Euch befehle, und zwar schnell und unverzüglich.“
    Cosima nickte. „Gewiss, Signora, gewiss! Ich werde tun, was Ihr befehlt, wenn Ihr mich nur
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