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Die schneeweiße Katze

Die schneeweiße Katze

Titel: Die schneeweiße Katze
Autoren: Ursel Scheffler
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Er verschwindet in einem Hauseingang. Wenig später erscheint er wie ein Geist auf dem flachen Dach des Hochhauses. Es ist inzwischen dunkel geworden. Kein Mensch bemerkt, wie er einen Haken am Dach befestigt und sich mit geübten Griffen zu einem Balkon im fünften Stock abseilt.
    Die Wohnungsbesitzerin, eine reiche Augenärztin, ist im Urlaub.

     
    Ein leises Knirschen. Ein kreisrundes Stück Scheibe wird angeritzt und wie ein Brillenglas aus der Balkontür herausgedrückt. Der Panther greift durch das Loch und öffnet die Tür von innen. Sekunden später durchsuchen zehn geschickte Finger in Handschuhen die Wohnung nach Wertsachen.
    Der „Panther“ schüttelt belustigt den Kopf. Die Leute heben Geld und Wertgegenstände immer an denselben Orten auf: im Wäscheschrank, im Schreibtisch, im Küchenschrank, in Nachtkommoden oder unter der Matratze. Die Safes sind meist hinter Bildern und Regalen versteckt. Schneller als gedacht ist die Raublust des „Panthers“ befriedigt. Die Beute füllt gerade die zwei handlichen
    roten Koffer, die der „Panther“ in der Abstellkammer gefunden hat. Jetzt führt sein Weg ins Bad. Es hat kein Fenster nach außen. Der „Panther“ kann der Versuchung nicht widerstehen und macht Licht. Es ist ein sehr luxuriöses Bad mit einem riesigen Spiegel.
    Auf der Ablage liegt zwischen Kamm und Bürste – ein Diamant ring! Der „Panther“ zieht die Handschuhe aus und streift das kostbare Stück über seine schlanken Finger. Noch ein Beutestück von beträchtlichem Wert – und sehr kleidsam!

    Jetzt ist die Arbeit getan. Der „Panther“ nimmt die Kurzhaarperücke ab und sieht in den Spiegel.
    Hübsches rotblondes Haar fällt auf die Schultern. Ein paar energische Striche mit der Haarbürste, und der „fliegende Panther“ verwandelt sich – in die attraktive Drahtseilartistin Sally Sailor, die wieder einmal eines ihrer gefährlichen „nebenberuflichen“ Kunststücke erfolgreich abgeschlossen hat.
    „Uff, ist das heiß hier!“, murmelt Sally und lässt einen Augenblick lang das kühle Wasser über ihre Handgelenke laufen. Dann trocknet sie die Hände ab.
    „Fast hätt’ ich’s vergessen“, murmelt sie und fischt den Panther-Aufkleber aus der Hosentasche. Sie drückt ihr Markenzeichen liebevoll mitten auf dem großen Spiegel fest.
    Nun vertauscht sie die Sportklamotten mit einem schicken Reisekostüm, das sie mit sicherem Griff aus der Garderobe der Wohnungsbesitzerin auswählt. Sie haben beide ungefähr die gleiche Kleidergröße und fast den gleichen Geschmack. Sogar das Parfum auf der Badezimmerablage ist Sally sympathisch. Sie sprüht sich einen Hauch davon hinter die Ohren. Die Schuhe sind etwas zu groß, aber elegant.

    Zufrieden mit ihrer Erscheinung, macht sich Sally „reisefertig“. Sie zwängt die Männerperücke, den Trainingsanzug und die Turnschuhe in einen der beiden Koffer. Dann erschrickt sie – sie hat das Seil vor dem Fenster vergessen! Sie will es holen. Aber dazu ist es jetzt zu spät. Als sie auf den Balkon tritt, fährt drunten vor dem Haus ein Polizeiwagen vor ...

    Ein aufmerksamer Nachbar hat bei Kugelblitz im Revier angerufen.
    Er wusste, dass seine Nachbarin im Urlaub war. Da kamen ihm die offen stehende Balkontür und das vom Dach baumelnde Tauende verdächtig vor.
    Doch ein Polizeiwagen ist für Sally Sailor kein Grund zur Panik. Sie hat als Hochseilartistin lange genug starke Nerven bewiesen. Rasch sieht sie sich um, ob sie keine Spuren hinterlassen hat. Dann streift sie die Handschuhe über und löscht das Licht im Bad. Der Schlüssel für die Wohnungstür hängt glücklicherweise im Schlüsselkasten. Sie schließt auf und schlüpft in den dunklen Flur.
    Als Polizeiobermeister Pommes und Kriminalhauptmeister Zwiebel das Treppenhaus betreten, kommt gerade eine elegant gekleidete junge Dame mit zwei roten Koffern aus dem Lift.

    „Haben Sie oben im fünften Stock verdächtige Geräusche bemerkt?“, erkundigt sich Kriminalhauptmeister Zwiebel aufgeregt.
    „Jemand spielte ziemlich laut Musik! Aber mich stört es nicht mehr. Ich fahre in Urlaub!“, sagt die gerissene Gaunerin.
    Fünf Minuten später ist sie in den Büschen verschwunden. Ihr Fluchtwagen steht auf dem Parkplatz des Nachbarhauses.
    „Wieder der ,Panther’!“, ruft Kugelblitz ärgerlich, als er den Bericht über den Einbruch liest. Im Laufe der Ermittlungen wird dem Kommissar rasch klar, dass der „Panther“ diesmal ungewollt mehr Spuren hinterlassen hat als sonst.
    Das Seil
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