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Die Schneekönigin (illustrierte Ausgabe)

Die Schneekönigin (illustrierte Ausgabe)

Titel: Die Schneekönigin (illustrierte Ausgabe)
Autoren: Hans Christian Andersen
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gelesen und wieder vergessen, so klug ist sie.

     
    Vor kurzem sitzt sie auf dem Throne, und das ist doch nicht angenehm, sagt man, da fängt sie an ein Lied zu singen: ‚Weshalb sollte ich mich nicht verheiraten?‘ ‚Höre, da ist etwas daran‘, sagte sie, und so wollte sie sich verheiraten, aber sie wollte einen Mann haben, der zu antworten verstand, wenn man mit ihm sprach, einen, der nicht nur stand und vornehm aussah, denn das ist zu langweilig. Nun ließ sie alle Hofdamen zusammentrommeln, und als diese hörten, was sie wollte, wurden sie sehr vergnügt. ‚Das mag ich leiden!‘ sagten sie, ‚daran dachte ich neulich auch!‘ — Du kannst glauben, dass jedes Wort, was ich sage, wahr ist!“ sagte die Krähe. „Ich habe eine zahme Geliebte, die geht frei im Schlosse umher, und die hat mir alles erzählt!“
    Die Geliebte war natürlicherweise auch eine Krähe. Denn eine Krähe sucht die andere, und das bleibt immer eine Krähe.
    „Die Zeitungen kamen sogleich mit einem Rande von Herzen und der Prinzessin Namenszug heraus. Man konnte darin lesen, dass es jedem jungen Mann, der gut aussah, frei stehe, auf das Schloss zu kommen und mit der Prinzessin zu sprechen, und derjenige, welcher rede, dass man hören könne, er sei dort zu Hause, und der am besten spreche, den wolle die Prinzessin zum Mann nehmen! — „Ja, ja!“ sagte die Krähe, „Du kannst es mir glauben, es ist so gewiss wahr, als ich hier sitze. Die Leute strömten herzu, da war ein Gedränge und ein Laufen, aber es glückte nicht, weder den ersten noch den zweiten Tag. Sie konnten alle gut sprechen, wenn sie draußen auf der Straße waren, aber wenn sie in das Schlosstor traten und sahen die Wachen in Silber und die Treppen hinauf die Diener in Gold, und die großen erleuchteten Säle, dann wurden sie verwirrt; und standen sie vor dem Throne, wo die Prinzessin saß, dann wussten sie nichts zu sagen, als das letzte Wort, was sie gesprochen hatte, und sie kümmerte sich nicht darum, das noch einmal zu hören. Es war gerade, als ob die Leute da drinnen Schnupftabak auf den Magen bekommen hätten und in den Schlaf gefallen wären, bis sie wieder auf die Straße kamen; dann konnten sie wieder sprechen. Da stand eine ganze Reihe vom Stadttor an bis zum Schloss. „Ich war selbst drinnen, um es zu sehen!“ sagte die Krähe. „Sie wurden sowohl hungrig wie durstig!“ Aber auf dem Schloss erhielten sie nicht einmal ein Glas Wasser. Zwar hatten einige der Klügsten Butterbrot mitgenommen, aber sie teilten nicht mit ihrem Nachbar, sie dachten: Lass ihn nur hungrig aussehen, dann nimmt die Prinzessin ihn nicht!“

     
    „Aber Kay, der kleine Kay?“ fragte Gerda. „Wann kam der? War er unter der Menge?“
    „Warte, warte, nun sind wir gerade bei ihm! Es war am dritten Tag, da kam eine kleine Person, ohne Pferd oder Wagen, ganz fröhlich gerade auf das Schloss marschiert; seine Augen glänzten wie deine, er hatte schöne, lange Haare, aber sonst ärmliche Kleider.“
    „Das war Kay!“ jubelte Gerda. „Oh, dann habe ich ihn gefunden!“ und dann klatschte sie in die Hände.
    „Er hatte ein kleines Ränzel auf dem Rücken!“ sagte die Krähe.
    „Nein, das war sicher sein Schlitten,“ sagte Gerda, „denn mit dem Schlitten ging er fort!“
    „Das kann wohl sein“, sagte die Krähe, „ich sah nicht so genau danach; aber das weiß ich von meiner zahmen Geliebten, dass, wie er in das Schlosstor kam und die Leibwache in Silber, und die Treppe hinauf die Diener in Gold sah, er nicht im mindesten verlegen wurde, nickte und zu ihnen sagte: ‚Das muss langweilig sein, auf der Treppe zu stehen, ich gehe lieber hinein!‘ Da glänzten die Säle von Lichtern; Geheimräte und Staatsräte gingen auf bloßen Füßen und trugen Goldgefäße; seine Stiefel knarrten gewaltig laut, aber ihm wurde doch nicht bange!“

     
    „Das ist ganz gewiss Kay!“ sagte Gerda. „Ich weiß, er hatte neue Stiefel, ich habe sie in der Großmutter Stube knarren hören!“
    „Ja, sie knarrten“, sagte die Krähe, „und fröhlich ging er gerade zur Prinzessin hinein, die auf einer großen Perle saß, welche so groß wie ein Spinnrad war. Alle Hofdamen mit ihren Jungfern und den Jungfern der Jungfern, und alle Ritter mit ihren Dienern und den Dienern der Diener, die wieder einen Burschen hielten, standen ringsherum aufgestellt; und je näher sie der Tür standen, desto stolzer sahen sie aus. Des Dieners Dieners Burschen, der immer in Pantoffeln geht, darf man kaum
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