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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin.
Autoren: Marlene Streeruwitz
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allein im pool liegen, und vielleicht kam dann Gino. Sie stand vor ihrem Garderobenkasten. Der Schlüssel war nass und kalt, aber die Tür sprang auf. Leer. Kein Mantel hing da. Sie trat zurück und setzte sich wieder. Sie starrte in das leere Schränkchen. Das war seltsam. Sie trat mit dem Stiefel gegen die Tür. Es stand die Ziffer 37 auf der Tür. Ein rundes Plättchen, auf dem die Zahl schwarz eingeritzt war. Sie trat noch einmal gegen die Tür. Die Tür flog gegen den Rahmen und knallte gegen das Nachbarkästchen zurück. Es gab also keinen Mantel. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut. Sie musste hier weg.
    Sie saß da. Sie wollte sich zuerst beruhigen. Sie wollte ganz ruhig sein. Was war ihre Situation. Welche Maßnahmen. Ruhe und Sammlung. Wie kam sie hier hinaus. Ohne Schaden. Sie war in diesem Umkleideraum. Sie musste den langen, schmalen Gang zur Tür zum Hauptaufgang gehen. Von da den Gang zur Rezeption. Von da auf den Parkplatz. Sie brauchte also den Autoschlüssel und dann die Sicherheitskarte für die Ausfahrt. Das System da war nicht so neu. Damit kannte sie sich aus. Das konnte nicht von Gertrud aus so einfach verändert werden. Die Sperre einer Karte bedurfte einer Kette von Kommandos, und es war nicht zu erwarten, dass alle an ihren Computern saßen. Gregory hatte wahrscheinlich direkten Zugriff. Aber Gregory hatte sicherlich nicht den Mantel genommen. Das schaute nach Cindy aus. Oder diese Frau. Natürlich. Diese Frau. Es war alles nur ein einfacher Kameradschaftsdiebstahl. Workplace security. Kein Wunder. 18 Prozent aller Diebstähle geschahen am Arbeitsplatz. Sie musste sich nicht weiter aufregen. Es war alles normal. Aber weg wollte sie trotzdem. Und was hatte Gregory gemeint. Sie hatte nichts unterschrieben. Sie konnte sich nicht erinnern. Sie hatte den Test unterschrieben. Sie hatte am Ende dieser vielen Seiten unterschrieben. Aber das war doch nur für diesen Test gewesen. Das war doch nur die Bestätigung, dass sie es gewesen war, die diese Tests ausgefüllt hatte. Ein schönes Muster war das geworden. Kreuzstichseiten. Handarbeitsstunde. Von links nach rechts und wieder von vorne. Solche Tests. Die stimmten doch ohnehin immer. Und was wollten die. Sie war die uneheliche Tochter einer Drogensüchtigen. Das musste man immer wissen, wenn man mit ihr zu tun hatte. Sie verleugnete die Betsimammi nicht. Aber wenn das nun die Unterschrift gewesen war. Wenn sie sich wirklich verpflichtet hatte. Dann musste Gregory sie eben entpflichten. Gregory sollte mittlerweile wissen, was er von ihr wollte. Cindy war verärgert genug. Das hatte funktioniert und musste nicht weitergespielt werden. Gregory konnte ja ins Hotel kommen und mit ihr reden. Sie würde da jetzt abhauen.
    Sie zog den Schlüssel ab. Sie brauchte ja die Karte am Schlüsselband. Sie steckte das Band mit den Schlüsseln in das Außenfach der Tasche, damit sie gleich danach greifen konnte. Wo war der Autoschlüssel. Sie suchte in der Tasche. Sie fand die Klinke von der kleinen Tür. Wie absurd. Und in welchem Zustand war dieses Trainingszentrum. Klinken, die man in der Tasche herumtragen konnte. Sie fand den Autoschlüssel und nahm ihn so in die Faust, dass sie jemandem damit wenigstens eine kleine Verletzung zufügen konnte. Das hatte sie nicht bei Allsecura gelernt. Das war in einem Selbstverteidigungskurs für Frauen und Mädchen von der Hochschülerschaft gewesen. Lange her.
    Sie stand auf und konnte stehen. Das war erstaunlich. Sie hatte erwartet, dass sie schwanken würde, und kam deshalb aus dem Gleichgewicht. Sie fing sich an der Wand und tastete sich zur Tür. Ihr war kalt. Ihre Hände waren kalt und ungelenk. Die Beine steif von der Kälte. An der Tür hielt sie inne und schob die Tür nur einen Spalt auf. Sie schaute um die Ecke. Der Gang leer. Sie trat hinaus und ging den Gang zur Tür hinunter. Sie trat mit den Zehenspitzen auf, damit die Absätze ihrer Stiefel nicht klapperten. Von draußen das gleißende Licht des Schnees.
    Die Stimmen waren schon von weitem zu hören. Jemand schlug gegen die Tür. Rüttelte. Jemand war ärgerlich. Dann hörte sie Gregory. Wie es kommen könne, dass eine Tür nicht zu öffnen wäre. Gregory sagte das wie immer in diesem gelangweilten Ton, in diesem langsamen Englisch. How can it be possible. Eine Männerstimme grunzte, und es wurde wieder gerüttelt. Sie kramte die Klinke aus der Tasche. Von ihrer Seite der Tür musste sie nur einfach aufmachen. Auf der anderen Seite mussten sie an dem
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