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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht
Autoren: Colin Forbes
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rief Paula, während Bullerton seine noch immer in den hohen Reitstiefeln steckenden Beine um den Granitklotz schlang und sich mit aller Kraft daran festkrallte.
    Drüben, vor der Staumauer, war Neville Guile inzwischen zu dem am Rand des Strudels kreisenden Blatt Papier geschwommen und riss es triumphierend an sich. Er hielt es mit einer Hand aus dem Wasser, während er mit der anderen hektische Schwimmbewegungen machte, um möglichst rasch ans rettende Ufer zu kommen.
    »Das muss der Kaufvertrag für das Black Gorse Moor sein«, sagte Tweed. »Irgendwie hat Guile Lord Bullerton anscheinend dazu gebracht, ihn zu unterschreiben.«
    »Um Himmels willen, Tweed, was ist denn das ?«, kreischte Paula plötzlich auf.
    Einer der Baumstämme, die sich vor der Staumauer träge im Kreis drehten, löste sich plötzlich aus dem Strudel und schwamm auf Neville Guile zu, der sich gerade daranmachte, aus dem Wasser zu klettern.
    Der »Baum« war ein ausgewachsenes Krokodil, das nun sein mit messerscharfen Zähnen bewehrtes Maul weit aufriss, bereit, zuzubeißen. Guile bemerkte die Gefahr erst, als es zu spät war. Im letzten Augenblick wirbelte er herum und sah mit vor Schreck geweiteten Augen, was da auf ihn zukam. Das Krokodil machte einen Satz nach vorn und ließ die riesigen Kiefer zuschnappen, als Guiles Kopf und Oberkörper genau zwischen ihnen waren. Hellrotes Blut troff aus dem Maul des Ungetüms ins schlammbraune Wasser, und Paula schloss die Augen, um das grauenvolle Schauspiel nicht weiter mit ansehen zu müssen.
    »Dann stimmt die Geschichte mit dem Krokodil, das der verhinderte Zoobesitzer in den Fluss geworfen hat, also doch«, sagte Tweed. »Ich frage mich nur, wie das Ungetüm all die Jahre unbemerkt überleben konnte.«
    »Ich schätze, es hat sich hauptsächlich von Fischen ernährt«, erwiderte Paula. »Und außerdem fällt bei Hochwasser immer wieder mal ein Schaf in den Fluss, das
    dann eine leichte Beute für so ein Raubtier ist.«
    »So wie Neville Guile«, sagte Tweed.
    »Und Lord Bullerton!«, rief Paula entsetzt aus. »Wir haben Lord Bullerton vergessen!«
    Das Krokodil hatte sich mit einer einzigen Bewegung seines mächtigen Schwanzes umgedreht und richtete nun seine kalten, kleinen Reptilienaugen auf den aus den Fluten ragenden Gedenkstein am anderen Ufer. Lord Bullerton, der sich inzwischen ein Stück-weit auf den Granitblock hochgezogen hatte, sah genau, was auf ihn zukam, und machte Anstalten, sich wieder ins Wasser gleiten zu lassen.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind«, rief eine Stimme vom Ufer aus. »Diesem Monstrum schwimmen Sie nie davon.«
    Es war Marler, der zusammen mit Butler in dessen altem Fiat in Richtung Hotel gefahren war.
    »Sie müssen jetzt die Nerven bewahren!«, rief er Bullerton zu. »Wir holen Sie da raus!«
    Marler hatte sein Armalite auf das Krokodil gerichtet, das erschreckend schnell quer über den Fluss auf Bullerton zuschwamm. Die Strömung schien es dabei überhaupt nicht zu stören. Marler zielte sorgfältig auf den Kopf des Tiers und drückte ab. Das Monstrum hielt einen Augenblick lang inne, schwamm dann aber weiter, als ob nichts geschehen wäre.
    »Verdammt, der Panzer ist zu dick für dieses Kaliber«, sagte Marler.
    »Überlassen Sie das mir«, sagte Butler, der zusammen mit Pete Nield plötzlich neben ihn getreten war. Butler hatte eine Handgranate in der Hand, Nield einen mit einem langen Seil versehenen Rettungsring, den er aus einer Halterung am Ufer geholt hatte.
    Das Krokodil hatte nun Lord Bullerton, der das Untier mit weit aufgerissenen Augen anstarrte, fast erreicht. Als es kurz vor dem Gedenkstein war, sperrte es den Rachen weit auf und wollte nach dem vor Schreck erstarrten Bullerton schnappen, als Butler den Sicherungsstift aus der Handgranate zog, seelenruhig Maß nahm und sie mit einem gekonnten Wurf tief im noch von Neville Guiles Blut geröteten Maul des Monstrums versenkte.
    Als es die Granate am Gaumen spürte, musste das Krokodil unwillkürlich schlucken und ließ sein Maul wieder zuklappen. Dann passierte für ein paar Augenblicke überhaupt nichts, bis eine gewaltige, vom Körper des Reptils gedämpfte Explosion das Tier direkt vor Lord Bullerton regelrecht zerplatzen ließ. Stücke seines Panzers und undefinierbare blutrote Fetzen wurden weit hinaus auf den Fluss geschleudert, und Paula glaubte sogar einen von Neville Guiles eleganten Schuhen durch die Luft fliegen zu sehen. Ein paar Sekunden später war der Spuk vorbei, und das reißende Wasser
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