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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht
Autoren: Colin Forbes
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und dann verlangte er noch einmal fünftausend Pfund, damit er Lord Bullerton nichts von meinem Auftrag an ihn erzählte.« Ihre Stimme zitterte vor Wut. »Ich habe ihm das Geld gegeben. Lord Bullerton und ich kommen sehr gut miteinander aus«, fügte sie schüchtern hinzu. »Da will ich nichts riskieren.«
    Tweed wollte gerade etwas sagen, als plötzlich Margot im Reitdress quer durch den Speisesaal auf ihren Tisch zugestürmt kam. Sie blieb vor ihnen stehen, stemmte die Hände in die Hüften und fing an zu schreien: »Dann hat sie Sie also auch herumgekriegt, Tweed? Wissen Sie eigentlich, dass diese Frau es mit jedem treibt? Wie eine gemeine Hure!« Sie warf Mrs Shipton noch ein paar Obszönitäten an den Kopf, bevor sie sich mit zu einer höhnischen Grimasse verzerrtem Gesicht wieder an Tweed wandte: »Und? Waren Sie schon im Bett mit ihr? Oder ist dieses Abendessen das Vorspiel dazu?«
    Alle Gäste starrten jetzt auf sie. Tweed stand auf, um die hysterisch kreischende Margot zu beruhigen, als er von hinten Marler heraneilen sah. Er hatte ein nasses Handtuch bei sich, das er Margot von hinten um den Mund legte, ehe er sie am Arm nahm und aus dem Speisesaal führte. Dabei erklärte er den Leuten an den Tischen mit einem entschuldigenden Lächeln: »Sie hat immer wieder mal solche Anfälle. Sie ist schon in ärztlicher Behandlung deswegen.« Dann verschwanden die beiden durch den Eingang, und die Gäste setzten ihr Abendessen fort. Einige steckten die Köpfe zusammen und spekulierten darüber, was die dramatische Szene, die sie gerade beobachtet hatten, wohl zu bedeuten hatte.
    »Ich denke, wir sollten besser gehen«, flüsterte Mrs Shipton.
    »Aber ganz und gar nicht«, erwiderte Tweed. »Wir haben doch schon bestellt, und das Essen ist ganz ausgezeichnet hier. Warum sollten wir uns das vermiesen lassen?«
    »Vermutlich haben Sie Recht.«
    »Und ob ich Recht habe, Ms Montgomery Fisher-Mayne. Haben Sie eigentlich manchmal Heimweh nach Barham-Downstream?«
    »Was?!«, zischte sie erschrocken. »Was zum Teufel haben Sie da eben gesagt?«
    Tweed hatte genau den richtigen Moment abgepasst, als »Mrs Shipton« Margots peinlichen Auftritts wegen noch ganz durcheinander war.
    »Ich habe Sie lediglich mit Ihrem richtigen Namen angesprochen. Außerdem habe ich erwähnt, woher Sie kommen. Und ich sagen Ihnen lieber gleich, dass ich auch weiß, dass Myra, die so tragisch ums Leben gekommen ist, Ihre Schwester war.«
    »Dann ist sie also ermordet worden?«
    »Ich bezweifle, dass ich das jemals beweisen kann. Dafür ist es schon zu lange her.«
    »Sie bringen mich ja völlig durcheinander …«
    »Bezüglich Ihrer Schwester hätte ich noch eine Frage, Ms Fisher-Mayne: Haben Sie sie getötet? Weil sie Sie in Barham-Downstream zurückgelassen hat? Hass entwickelt sich manchmal erst im Lauf der Jahre.«
    »Wie können Sie es wagen, mir so etwas zu unterstellen? Ich bin hierhergekommen, weil ich sehen wollte, wie meine Schwester gelebt hat. Diese schreckliche Margot hat mich vollkommen aus dem Konzept gebracht. Sie trinkt den ganzen Tag Brandy und war jetzt schon wieder sternhagelvoll. Ich habe gesehen, wie die Gäste, an denen sie vorbeiging, das Gesicht verzogen haben.«
    »Irgendjemand hat sie in Hobart House angerufen und ihr gesagt, dass ich mit Ihnen zu Abend esse. Dafür gibt es zwei mögliche Kandidaten. Falkirk und Lance. Oder haben Sie sie herbestellt, damit sie mich aus der Fassung bringt?«
    »Sie haben vielleicht eine blühende Fantasie …«
    Den Rest des Essens über sagte Mrs Shipton kein einziges Wort mehr. Schließlich ließ Tweed sich die Rechnung bringen, zahlte und begleitete sie hinaus zu ihrem Wagen.
    Als sie ohne ein Wort des Abschieds abgefahren war, kamen auch Newman und Paula vom Abendessen zurück.
    »Harry Butler hat mich auf meinem Handy angerufen«, sagte Paula. »Er hat gesehen, wie Lepard seine Killer in den Höhlen beim Wasserfalls positioniert hat.«
    »Also ist morgen endlich der Tag der Entscheidung«, sagte Newman fröhlich.
    »Das ist kein Grund zur Freude«, erwiderte Paula.

28
    Gemeinsam stiegen Tweed und Paula die Treppe hinauf. Paula wartete, bis Tweed seine Suite aufgeschlossen hatte, bevor sie ihn ansprach.
    »Hätten Sie vielleicht noch kurz Zeit für mich?«, fragte sie.
    »Aber natürlich.«
    Er dachte, dass sie etwas über sein Abendessen mit Mrs Shipton wissen wollte, aber als sie in der Suite waren, baute sie sich mit verschränkten Armen vor ihm auf.
    »Wenn Sie morgen wieder
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