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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht
Autoren: Colin Forbes
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Sprengstoffexperte des Teams, heraus, dass der Mann nicht mehr dazu gekommen war, den Sicherungsstift zu ziehen.
    Als hätte eine unsichtbare Hand einen Hahn zugedreht, hörte mit einem Schlag der Regen auf. Paula blickte hinauf zu den Höhlen und strich sich ein paar nasse Haarsträhnen aus dem Gesicht.
    »Was stehen Sie denn noch herum?«, rief Tweed aus dem Wagen. »Steigen Sie rasch wieder ein, wir müssen sofort los.«
    Paula rannte zurück zu dem Audi und setzte sich auf den Beifahrersitz. Tweed wendete und gab Gas.
    »Warum haben Sie es denn so eilig?«, fragte Paula.
    »Wir müssen so schnell wie möglich nach Hobart House. Lord Bullerton ist in großer Gefahr.«
    Es war eine halsbrecherische Fahrt die kurvige, vom Regen noch immer nasse Straße hinunter. An manchen Stellen, wo das Wasser aus den Bergen zu Tal rauschte, verwandelte sich die Fahrbahn in einen reißenden Fluss, durch den der Audi mit solcher Geschwindigkeit hindurchpflügte, dass das Wasser in hohen Fontänen aufspritzte. Paula, sie sich verzweifelt an den Seitengriff der Beifahrertür gekrallt hatte, war froh, als die ersten Häuser von Gunners Gorge auftauchten.
    »Da, sehen Sie nur!«, rief sie und deutete aufgeregt nach vorn.
    Auf der eisernen Brücke, die mitten im Ort über den zu einem breiten, schlammbraunen Strom an geschwollenen Fluss führte, standen ein Stück voneinander entfernt zwei vollkommen durchnässte Männer. Der eine von ihnen war Lord Bullerton, der einen Reitanzug mit hohen Lederstiefeln trug, der andere Neville Guile in einem hellbeigen Trenchcoat und einem breitkrempigen Hut. An einem Ende der Brücke sah Paula Guiles Wagen, dessen Fahrertür offen stand, am anderen ein regennasses Pferd, von dessen Fell kleine Dampfwolken aufstiegen.
    Lord Bullerton rief Guile, der mit raschen Schritten auf ihn zuging, etwas zu und hielt ein Blatt Papier in die Höhe.
    Als Guile das sah, blieb er wie angewurzelt stehen und rief nun seinerseits etwas, was wie Bullertons Worte zuvor im Rauschen des Flusses unterging.
    Lord Bullerton hielt die Hand mit dem Blatt Papier in die Höhe, als wolle er es in den Fluss werfen.
    Guile zögerte einen Augenblick, dann rannte er los, die Hände gierig nach dem Blatt ausgestreckt, das Bullerton immer weiter hinaus über das rasch fließende Wasser hielt - bis Bullerton seinen massigen Körper so weit über das Geländer beugte, dass er, als Guile ihn nun heftig bedrängte, auf einmal das Gleichgewicht verlor und mitsamt dem Blatt Papier in die schlammbraunen Fluten des Flusses stürzte.
    Neville Guile zögerte keinen Augenblick. Er zog seinen Trenchcoat aus, sprang ins Wasser und schwamm mit raschen Zügen auf das Blatt Papier zu, das Bullerton aus der Hand gefallen war und nun rasch flussabwärts trieb.
    Obwohl Neville Guile ein ausgezeichneter Schwimmer zu sein schien, hätte er das Blatt nie erreicht, wäre es nicht zur Staumauer einer alten Mühle getrieben worden, vor der die gewaltige Strömung des Flusses in einer Art Becken aufgehalten wurde. In dem sich langsam drehenden Strudel, der sich vor dem Wehr gebildet hatte, drehten sich ebenso langsam die Stämme einiger großer Bäume, die das Hochwasser am Flussufer entwurzelt hatte.
    Lord Bullerton war zur anderen Seite hin abgetrieben worden und konnte die schützende Staumauer nicht mehr erreichen. Rasend schnell schoss er in der gewaltigen Strömung dahin und hatte schwer zu kämpfen, um den Kopf über Wasser zu halten.
    »Mein Gott!«, rief Paula. »Aus diesem Hochwasser kommt er nicht mehr lebend heraus!«
    »Ich glaube, Sie täuschen sich«, antwortete Tweed mit ruhiger Stimme und hielt sie mit einer Handbewegung zurück. »Da, sehen Sie nur!«
    Lord Bullerton, der in seiner misslichen Lage eine bewundernswerte Umsicht zu bewahren schien, schwamm zielsicher auf den einzigen festen Punkt zu, der auf Paulas und Tweeds Seite ein ganzes Stück flussabwärts nahe am Ufer aus dem Wasser ragte. Es war ein massiver, rechteckiger Steinblock, der noch einen halben Meter hoch aus den um ihn herum gurgelnden Fluten ragte.
    »Das ist der Gedenkstein für seine Tochter Lizbeth!«, rief Paula atemlos. »Hoffentlich verfehlt er ihn nicht.«
    Tatsächlich sah es so aus, als würde Lord Bullerton an diesem letzten Rettungsanker vorbeigetrieben, aber mit einer letzten, übermenschlichen Anstrengung verkürzte er die Strecke zwischen sich und dem Stein in letzter Sekunde noch derart, dass er ihn mit beiden Händen zu fassen bekam.
    »Ja, er schafft es!«,
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